Society | Reform

Marthas Haftung

Wer haftet, wenn der Sanitätsdirektor seinen Kopf für die Geburtenstationen aus der Schlinge zieht? Reaktionen auf Oswald Mayrs brisantes Schreiben.

Es sind nicht nur die Vertreter von Initiativgruppen der kleinen Krankenhäuser wie Klaus Rainer, bei denen der am Samstag bekannt gewordene Brief von Sanitätsdirektor Oswald Mayr Fragen aufwirft. „Ich bin schon sehr verwundert, dass ein solcher Brief an die Öffentlichkeit gelangt ist und im Moment ein bissl sprachlos darüber“, erklärte Gesundheitslandesrätin Martha Stocker am Wochenende auf RAI Südtirol. Mayr hatte in dem Schreiben an Stocker und Landeshauptmann Arno Kompatscher, das auch zur Kenntnis von Oberstaatsanwalt Guido Rispoli ging, die strafrechtliche Verantwortung für die mangelnde Erfüllung gesetzlicher Auflagen für die Geburtenstationen abgegeben.

Das bestätigt auch Staatsanwalt Guido Rispoli in der Montag-Ausgabe der Dolomiten: Der Sanitätsdirektor wäre im Fall von bleibenden Schäden oder gar dem Tod von Kindern und/oder Müttern auf Geburtenstationen, in denen die gesetzlichen Vorgabe zu Mindestgeburten und Aktivdienst nicht eingehalten werden, in zwei Fällen verantwortlich: Wenn die Ressourcen vorhanden sind und er die Einhaltung der Vorgaben nicht organisiere, oder wenn die Ressourcen nicht vorhanden seien, und er seine Vorgesetzen nicht ausdrücklich darauf hinweise. Das hat Oswald Mayr nun mit maximaler Breitenwirkungen getan – und somit seinen Kopf aus der Schlinge gezogen, wie die Dolomiten es nennen.

Damit haftet vor allem die Politik, und allen voran Martha Stocker. Eine Situation, von der die Gesundheitslandesrätin auch vor Mayrs Schreiben ausgegangen ist, wie sie erklärt. Auch vor diesem Hintergrund sei der Vorschlag für die Zukunft der Geburtenstationen in der Reform gemacht worden. Dennoch wird sich die Landesregierung am morgigen Dienstag erneut mit der heiklen Causa beschäftigen. Kurschluss-Aktionen schließt Landeshauptmann Arno Kompatscher aber bereits vorab aus: „Wir werden analysieren, was genau Sache ist, und keine vorschnellen Entscheidungen treffen“, erklärte er. 

Überarbeitung von Privacy-Bestimmungen?

Die Geburtenstationen sind jedoch nicht das einzige Thema, bei dem in der Sanität Feuerwehr zu spielen ist. Auch in Sachen Privacy versteht die Gesundheitslandesrätin einfach nicht, „wieso alles so kompliziert sein muss“, wie sie die Tageszeitung Alto Adige am Montag zitiert. Erst am Freitag hatte das Unternehmen Medarchiver erklärt, keinerlei Verantwortung für die akuten Proableme zu tragen, die derzeit in den Krankenhäusern von Bozen, Meran und Schlanders bei der Einsicht von Patientendaten bestehen. Sanitätsdirektor Andreas Fabi will sich erst nach einer neuerlichen Prüfung der Fakten dazu äußern. Parallel wird aus dem Assessorat Stocker eine Überarbeitung der Privacy-Regeln angekündigt. Es gebe bereits einen Vorschlag an die Staat-Regionen-Konferenz, die Datenschutzbestimmungen im Sanitätsbereich an die EU-weit übliche stillschweigende Zustimmung anzupassen.