Politics | Gemeinden
Rente für Bürgermeister
Foto: Gemeinde Bozen
„Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die bestehende Ungleichbehandlung aufheben und eine Regelung finden müssen mit der alle gleich behandelt werden“, sagt Sepp Noggler. Der Vinschger SVP-Regionalassessor weiß nur zugut, dass er damit ein heißes Eisen anspricht. Deshalb ist Noggler auch vorsichtig: „Wir stehen noch ganz am Anfang der Diskussion und es wird nicht leicht werden, das Ganze noch in dieser Legislatur umzusetzen“.
Als Assessor für öffentliche Körperschaften in der Region ist Noggler auch für die Gemeinden zuständig. Genau dort soll es aber in den nächsten zwei Jahren einige entscheidende Änderungen geben. Am Mittwoch hat der SVP-Politiker mit seinen Trentiner Kollegen einen ersten Versuch gestartet die Marschroute abzustimmen. „Wir werden uns Ende Jänner zusammensetzen und eine erste Standortbestimmung machen“, sagt Noggler zu salto.bz.
Renten- und Sozialversicherung
Seit vielen Jahren haben Südtirols Bürgermeister mit ihrer Sozialversicherungs- und Rentenregelung ein Problem. Denn es gibt eine eklatante Ungleichbehandlung zwischen den einzelnen Amtsträgern.
Wird ein öffentlicher Angestellter Bürgermeister und lässt sich dieser für sein politisches Mandat freistellen, so zahlt die öffentliche Hand für ihn die Sozial- und Rentenbeiträge weiter. Dasselbe gilt auch für Angestellte in privaten Unternehmen. Dort übernimmt die Gemeinde die Zahlungen.
Ganz anders aber ist es für einen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin, die Unternehmer oder Selbstständige sind. Diese müssen selbst für ihre Sozial- und Rentenversicherung aufkommen. Wobei die Amtsentschädigung für den Bürgermeister verständlicherweise immer dieselbe ist.
Im Umkehrschluss heißt das: Ein Anwalt als Bürgermeister kostet einer Gemeinde nur halb soviel wie ein Lehrer.
„Das kann es doch nicht sein“, sagt nicht nur Sepp Noggler. Die Bürgermeister versuchen seit langem Druck auf die Politik zu machen und eine neue Regelung einzuführen. In der Schublade des Gemeindeverbandes liegen ein halbes Dutzend verschiedener Vorschläge, wie man das Ganze gesetzlich umsetzen kann.
Die Diskussion läuft seit Anfang der Neunziger Jahre. Damals ging es noch um eine Politikerrente für die Dorfkaiser. Man wollte jene Privilegien haben, die Landtagsabgeordnete oder Parlamentarier damals genossen haben. Nach dem Rentenskandal und den Wutbürgern hat sich die Perspektive aber deutlich verändert. Die Kürzungen der Gehälter bringt vor allem mittelgroßer Gemeinden manchen Südtiroler Bürgermeister, der seine Beiträge selbst einzahlen muss, in reale finanzielle Schwierigkeiten.
Die Überarbeitung
Dass man gerade jetzt das Langzeit-Problem angehen will, hat einen konkreten Hintergrund. Die Gemeindeordnung und das Gemeindewahlgesetz sind äußerst komplizierte Gesetzestexte, die in den vergangenen 30 Jahren Dutzende von Änderungen erfahren haben. Dazu kommen noch Personalgesetze und andere Gemeindeverordnungen. Das gesetzliche Regelwerk ist längst zu einem Dickicht geworden, in dem es äußerst schwer ist, den Überblick zu behalten.
„Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die bestehende Ungleichbehandlung aufheben und eine Regelung finden müssen mit der alle gleich behandelt werden“Sepp Noggler
Deshalb hat der Regionalrat im Frühsommer beschlossen ein organische Überarbeitung aller Gesetzestexte zu den Gemeinden und öffentlichen Körperschaften zu machen und einen Einheitstext zu verfassen, der eine klare und verständliche gesetzliche Grundlage bilden soll.
Inzwischen steht dieser Gesetzesvorschlag. Er besteht immer noch aus 374 Artikeln. Weil auch dieser Einheitstext den normalen Genehmigungsweg in den Gesetzgebungskommissionen und im Regionalrat nehmen muss, hat man kurzerhand die Geschäftsordnung des Regionalrates geändert.
Zu diesem Gesetz gibt es weder eine Diskussion noch dürfen Abänderungsanträge eingebracht werden. Auch die Wortmeldungen sind beschränkt. Nur so kann man den ausschließlich formal neuen Gesetzestext genehmigen.
Zu diesem Gesetz gibt es weder eine Diskussion noch dürfen Abänderungsanträge eingebracht werden. Auch die Wortmeldungen sind beschränkt. Nur so kann man den ausschließlich formal neuen Gesetzestext genehmigen.
Die Änderungen
Dass die Opposition im Regionalrat diesem Vorhaben so zugestimmt hat, liegt auch daran, dass der zuständige Assessor Sepp Noggler einen zweiten Schritt angekündigt hat. „Nach der Genehmigung des Einheitstextes wollen wir dann einige Änderungen angehen“, sagt Noggler.
Vorschläge gibt es zuhauf. Bereits bei der Verabschiedung des neuen Wahlgesetzes für die Gemeinde Bozen waren im Regionalrat eine Reihe von Änderungsanträgen eingebracht worden. Dabei ging es auch um inhaltlich und politisch relevanten Themen weit über die Landeshauptstadt hinaus.
Etwa eine Beschränkung der Wahlkampfkosten, ein Werbeverbot für Verbände und Vereine, die Pflicht sowohl einen Mann, wie eine Frau zu wählen oder die Möglichkeit auch „über Kreuz“ - das heißt Kandidaten verschiedener Parteien – wählen zu können.
Diese Vorschläge sind damals nicht berücksichtigt worden. Auch mit dem Verweis, dass man die Änderungen organisch sammeln will. Das ist jetzt auch die Aufgabe von Sepp Noggler .
Verschiedene Auffassungen
„Es gibt bereits eine ganze Liste von Änderungsanträgen“, sagt der Regionalassessor. Bis Ende Februar 2017 sollen alle Parteien und Interessensgruppen jetzt Zeit haben ihre Vorschläge einzubringen. Dabei geht es um das Gemeindewahlgesetz aber auch um die Gemeindeordnung.
In diesem Änderungspaket will die SVP auch eine neue Regelung für die Bürgermeisterrente präsentieren. „Ich werde sicher keinen Vorschlag ausarbeiten“, sagt Sepp Noggler jetzt schon. Noggler verweist dabei auf die Gesetzesvorschläge, die der Gemeindeverband bereits in der Schublade hat.
Bereits bei den ersten Vorgesprächen wurde aber klar, dass die verschiedenen Befindlich- und Begehrlichkeiten weit auseinandergehen. So interessiert etwa die Trentiner Bürgermeister die Rente kaum. Sie wollen eine höhere Aufwandsentschädigung erreichen.
„Wenn wir schon etwas für die Bürgermeister tun sollen, dann werden auch sie für uns etwas tun müssen“.Andreas Pöder
Aber auch die Südtiroler Opposition will für die Besserstellung der Südtiroler Bürgermeister an eine klare Bedingung stellen. „Die Landesregierung und der Gemeindeverband haben entscheiden, dass die Gemeinden auf Landtagsanfragen nicht mehr antworten müssen“, ärgert sich Andreas Pöder. Der Abgeordnete der BürgerUnion aber auch die Freiheitlichen wollen deshalb ihre Zustimmung zu den Rentenplänen auch davon abhängig machen, ob es hier ein Einlenken gibt.
Andreas Pöder bringt die Haltung auf einen einfachen Punkt: „Wenn wir schon etwas für die Bürgermeister tun sollen, dann werden auch sie für uns etwas tun müssen“.
Man darf gespannt sein. Sicher ist: Es wird ein heißer Frühling im Regionalrat.
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Bürgermeister tragen
Bürgermeister tragen wesentliche Verantwortungen für das Gemeinwohl, und sie riskieren in ihrem Alltag, mehr als alle anderen politischen Entscheidungsträger, Konfliktsituationen mit dem Gesetz, Deshalb sind sie, so meine ich, bei ihrem Entgelt und ihrer Absicherung gleich gut zu behandeln wie Regierungsmitglieder der Landesregierung.
Ich finde, dass Bürgermeister
Ich finde, dass Bürgermeister eigentlich sehr selten zur Rechenschaft gezogen werden, Beamte sind hingegen unverhältnismässig stärker angreifbar (der "pollo" ist meistens ein gutgläubiger Untergebener, der als Bauer geopfert wird).
Eigentlich wollte ich jedoch schreiben: Gleichbehandlung finde ich etwas utopisch dahergeredet (Noggler ein Kommunist???) Vereinfachung OK, mehr Transparenz würde ich fordern, denn gleiche Rechte sollten mit gleichen Pflichten einhergehen. Freiberufler und Unternehmer betreiben leider allzuoft - vor allem hierzulande - Steuerhinterziehung, auf ganz legale Weise, mit Methoden, die gerade durch die Steuergesetzgebung gestattet und bestärkt werden. Angestellte können so etwas nicht so leicht bewerkstelligen. Nicht aus Neid, sondern aus Gründen des Gerechtigkeitssinnes sollte diesem Aspekt besonderes Augenmerk gelten, oder ist das zu anrüchig?
Das leidige Problem mit der
Das leidige Problem mit der Bürgermeister-Rente wäre schnell gelöst. So wie für alle Landtagsabgeordneten ab der XV Legislaturperiode, (ab2013) könnte ein % Teil der Entschädigung auf Labourfonds eingezahlt und angespart werden.