Politics | Brennerkorridor

Ein Mehr an Verkehr?

Die Einführung eines Slot-Systems für die Brennerautobahn ist sowohl technisch wie auch rechtlich möglich. Ob auch der politische Wille vorhanden ist, wird sich zeigen.
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Foto: Salto.bz
Das Land Südtirol hat eine Machbarkeitsstudie für eine buchbare Autobahn in Auftrag gegeben, welche heute (22. Dezember) im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt wurde. Während Landeshauptmann Arno Kompatscher auf die politische Dimension der Thematik einging, erläuterten Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider und Martin Vallazza, Direktor des Ressorts Mobilität, die verkehrstechnischen Aspekte. Im Anschluss gab Walter Obwexer, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Innsbruck, seine Einschätzung zur rechtlichen Umsetzbarkeit wieder.
Wie Landeshauptmann Arno Kompatscher eingangs erklärte, ist der Lkw-Verkehr in der vergangenen Jahren deutlich angestiegen – nur kurz unterbrochen durch die Einschränkungen während der Corona-Pandemie – auf mittlerweile 2,5 Millionen Lkw pro Jahr. Aber nicht nur im Schwerverkehr war ein Anstieg zu verzeichnen, sondern auch im Pkw-Verkehr. „Die Situation ist nicht nur für die Nutzer der Infrastruktur eine Herausforderung, die sich einem erhöhten Sicherheitsrisiko ausgesetzt sehen, sondern auch für die Anrainer, welche mit großen Belastungen konfrontiert sind“, so Kompatscher. Die Frage laute deshalb, wie man die Belastung trotz gestiegenem Mobilitätsbedürfnis reduzieren könne bzw. wie man das Mobilitätsbedürfnis trotz begrenzten Kapazitäten befriedigen könne. Wie der Landeshauptmann erklärte, wurde die Machbarkeitsstudie bereits den politischen Vertretern der benachbarten Regionen vorgestellt, großes Interesse zeigen nicht nur die politischen Vertreter der beteiligten Staaten sondern auch jene der EU. Die vorliegende Studie sollte dazu dienen, die Thematik zu vertiefen und gemeinsame intelligente Lösungen anzuschieben. Vorerst nur für den Lkw-Verkehr konzipiert, könnte das Slot-System auch auf den Personen-Verkehr ausgedehnt werden.
 
 
 
Wie Landesrat Alfreider betonte, werden bereits seit Jahren Diskussionen über Verkehrslösungen auf dem Brennerkorridor geführt. Lokale Maßnahmen, wie sie vom Land Tirol eingeführt wurden, tragen dabei nicht zu einer Lösung für die gesamte Strecke bei, sonden sind ein Problem, welches mit den politischen Vertretern diskutiert wird. Der Verkehr bzw. die Kapazität müsse deshalb ganzheitlich gesehen werden.
Martin Vallazza erläuterte in seinen Ausführungen die technische Umsetzbarkeit eines Slot-Systems. Wie der Ressortdirektor erklärte, gebe es bereits heute Buchungssysteme, die erfolgreich eingesetzt werden wie zum Beispiel im Flug- und Schiffsverkehr sowie auf den Bahnstrecken. Anhand einer Grafik wurde der Verkehrsfluss zu den Tag- und Nachtzeiten veranschaulicht, der sowohl Spitzen als auch Tiefen aufweist. Analog lassen sich die Verkehrsflüsse auch wöchentlich und monatlich darstellen. Ziel sei es nun, den Verkehr von den Spitzen, damit es nicht zu Stausituationen und Überlastungen kommt, in die freien Zeitfenster zu verlagern. Ein Slot-System müsse dynamisch gestaltet werden unter Einbeziehung von rechtlichen Rahmenbedingungen wie die Nachtfahrverbote in Tirol, Baustellenmanagement und sogar Wetterverhältnisse. Über ein zu installierendes Management-System, Buchungen könnten beispielsweise über eine App vorgenommen werden, sollten die Verkehrsflüsse besser gesteuert werden. Die Vorteile für die Nutzer seien eine erhöhte Straßensicherheit und Planbarkeit sowie die Vermeidung von Staus. Für die Anrainer und die Umwelt bringe eine solche Lösung eine Reduktion der Emissionen.
 
 
 
 
Was die rechtliche Umsetzbarkeit betrifft, erklärte Professor Obwexer, dass diese gegeben ist, wenn der freie Warenverkehr nicht behindert wird. Nachdem die Infrastruktur nur über eine begrenzte Kapazität verfügt, argumentiert man damit, dass mit einem Slot-System die vorhandenen Kapazitäten so effizient wie möglich genutzt werden. Maßnahmen würden ergriffen, wenn die Kapazitätsgrenze erreicht wird. Voraussetzungen dafür ist, dass sich das Slot-System an dieser oberen Kapazitätsgrenze orientiert und die Verteilung der Fahrten gerecht und angemessen erfolgt. Ein Slot-System sollte dabei als Erweiterung des bereits in Kufstein bestehenden Dosiersystems angesehen werden. Ein entsprechender Vertrag müsste zwischen den beteiligten Staaten – Italien, Deutschland und Österreich – geschlossen werden.
Wie Landeshauptmann Kompatscher abschließend erklärte, gehe es nun darum, sich an einen Tisch zu setzen und über das vorgeschlagene Slot-System zu diskutieren. Sofern eine politische Einigung erzielt wird, könnten als nächste Schritte Pilot-Projekte und Test-Phasen folgen.
 

Ein Mehr an Verkehr?

 
Während über die Vorteile ausgiebig gesprochen wurde, wurde in den Ausführungen die logische Konsequenz – ein effizienteres Management ermöglicht auch höhere Kapazitäten – ausgeklammert. Hält man sich an die Prognosen der Brennerautobahngesellschaft, die einen deutlichen Verkehrsanstieg in den kommenden Jahrzehnten vorhersagen, wird dies auch dringend notwendig sein – denn eine Verkehrsreduzierung scheint offensichtlich keine (politische und wirtschaftliche) Option zu sein.