Politics | SVP

Die Philippika

SVP-Obmann Philipp Achammer will vermeiden, dass die SVP-Schmutzwäsche in der Öffentlichkeit gewaschen wird. Und er stellt die internen Kritiker an den Pranger.
Philipp Achammer
Foto: SVP/Oliver Oppitz
Eine Philippika bezeichnet eine Straf-, Angriffs-, Brand- oder Kampfrede. Der Ausdruck, der auf den griechischen Redner Demosthenes zurückgeht, wird heute gerne als Synonym für eine Moralpredigt oder eine Ermahnungsrede verwendet.
Eine solche Philippika hält derzeit Philipp Achammer.
Nachdem man sich bereits am vergangenen Montag auf der Sitzung der SVP-Parteileitung bewusst nicht mit den Inhalten und den beunruhigenden Tatsachen beschäftigt hat, die aus den Abhörprotokollen rund um die SAD-Affäre hervorgehen, dafür aber umso intensiver das angeblich parteischädigendem Verhalten des SVP-Vizeobmannes und langjährigen Meraner Parlamentariers Karl Zeller gebrandmarkt hat, geht der SVP-Obmann jetzt in die Offensive.
Sowohl parteiintern als auch öffentlich.
 

Ausgewählte Ortsobleute

 
Am vergangenen Donnerstag verschickte Philipp Achammer SVP intern ein Schreiben,
 
Liebe Ortsobfrauen und Ortsobmänner!
Ich bedauere sehr, dass in diesen Tagen immer wieder Medienberichte erscheinen, welche die Partei in ein schlechtes Licht rücken, vor allem aber welche Querschüsse zwischen einzelnen Exponenten/innen deutlich machen. Leider scheinen einige noch immer nicht verstanden zu haben, dass es dadurch parteiintern niemals Gewinner oder Verlierer geben wird, sondern nur einen einzigen Verlierer: die Partei selbst!
Ich werde mich weiterhin entschlossen gegen solche öffentliche Vorstöße im Interesse der Partei zur Wehr setzen.
In diesem Sinne werde ich mich weiterhin entschlossen gegen solche öffentliche Vorstöße im Interesse der Partei zur Wehr setzen. Harte interne Diskussionen, Aufklärung, ja auch interne Auseinandersetzungen, sofern nötig, sollen immer möglich sein - öffentliche Konflikte zum Schaden der Partei jedoch keinesfalls!
Mit dem Ersuchen um Unterstützung für diese Linie!
Philipp Achammer
Parteiobmann


Damit die Botschaft ja verständlich wird, ist die Passage „öffentliche Konflikte zum Schaden der Partei jedoch keinesfalls!“ in diesem Maulkorberlass fettgedruckt.
Beunruhigend ist auch eine andere Tatsache. Das Schreiben wurde anscheinend nur an ausgewählte Ortsobfrauen und Ortsobmänner versandt. Salto.bz hat bei gut einem Dutzend SVP-Ortsobleuten nachgefragt, die das Obmann-Schreiben bisher nicht erhalten haben.
 

Verdrehte Rechtskunde

 
Gleichzeitig geht Philipp Achammer selbst an die Öffentlichkeit. In einem großen Interview mit der Tageszeitung Dolomiten rechnet der Parteiobmann am vergangenen Samstag mit den SVP internen Kritikern ab. Dolomiten-Redakteur Stephan Pfeifhofer gibt in den Fragen dabei die Agenda des Medienhaues „Athesia“ vor, der der SVP-Obmann willfährig folgt.
Dazu gehört auch die Relativierung und das Herunterspielen der beunruhigenden Gespräche zwischen ranghohen SVP-Politikern, die bisher aus den SAD-Abhörungen bekannt wurden.
 
 
 
Philipp Achammer: „Es wird zu unterscheiden sein, wo in der Sache relevante und zur Veröffentlichung zugelassene Abhörprotokolle über ein vielleicht unangemessenes politisches Gerede hinausgehen. Denn blödes Gerede gibt es immer. Das ist menschlich. Aber nicht wirklich relevante persönliche Gespräche, zum Beispiel am Telefon, öffentlich zu machen, das ist eine andere Sache. Das möchte kein Mensch.
Blödes Gerede gibt es immer. Das ist menschlich.
Philipp Achammer
Die Dolomiten und Philipp Achammer stellen in dem Interview auch eine interessante Feststellung in den Raum: „Die Veröffentlichung von Ermittlungsakten ist vom Gesetz verboten und wird mit Haft bestraft.“ Diese These ist juristisch zwar nicht haltbar, weil sich diese Gesetzesbestimmung nur auf die Ermittlungsphase bezieht, die in der SAD-Affäre längst abgeschlossen ist, damit aber erreicht man das angepeilte Ziel: Die Täter- und Opferrolle soll auf den Kopf gestellt werden.
Dass der SVP-Obmann gleichzeitig dem Landeshauptmann die Rute ins Fenster stellt („Es sind noch eineinhalb Jahre hin bis zu den Landtagswahlen, über irgendwelche Kandidaturen zu reden, diese gar an Bedingungen zu knüpfen, das scheint mir doch reichlich verfrüht“) passt dabei ins Bild.
Geschlossenheit predigen und den Schmutz still und leise unter den Teppich kehren. Der Zustand der SVP im Jahr 2022.