50 Jahre "Der Pate"
Legendär sind die Namen, sie klingen elegant und gleichzeitig furchteinflößend in den Ohren eines jeden:
Don Vito Corleone. Michael Corleone. Gespielt von Marlon Brando und Al Pacino.
Legendär sind die Sprüche, die aus ihren Mündern erklingen:
„Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann.“
„Bonasera, Bonasera, was habe ich dir getan, dass du mich so respektlos behandelst. Du kommst in mein Haus, am Hochzeitstag meiner Tochter und bittest mich einen Mord zu begehen.“
Legendär ist das musikalische Thema, komponiert von Nino Rota, der sogenannte „Godfather“-Walzer. Und legendär ist natürlich auch der kreative Kopf hinter all dem. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Mario Puzo erschuf der Regisseur Francis Ford Coppola ein Gangsterepos, welches seit seinem Erscheinen im Jahr 1972 nur wenige ernsthafte Konkurrenten gefunden hat. Fünfzig Jahre ist es nun als her, seitdem der „Pate“ in den Kinos anlief. Der Film hat Spuren hinterlassen, er hat, das kann man ohne Zweifel sagen, das Kino geprägt, nicht nur den Mafiafilm als Genre, sondern das Kino als Kunstform. Coppolas Film ist Teil des Anfang des 70er Jahre aufstrebenden New Hollywood-Kinos, einer Bewegung zumeist junger Filmemacher, die sich vom am Boden liegenden Studio-System lösten und frei von Konventionen Autorenfilme schufen. Die waren zumeist düster und spiegelten das zerrissene Amerika jener Zeit, das Amerika von Vietnam, Watergate und Co. Es ist eine düstere, desillusionierte Zeit, in der der „Pate“ erscheint. Wenngleich er von einer anderen Epoche erzählt, die Handlung setzt im Jahr 1945 ein, ist er doch ein Abbild der 70er Jahre. Es sind ungemütliche Typen, die die Geschicke der Geschichte leiten, von der Harmonie der 50er Jahre, oder der Flower-Power-Stimmung der 60er ist nichts mehr übrig. Der Idealismus ist Anfang der 70er gestorben, filmisch gesprochen markiert wohl der Tod der Hippies in „Easy Rider“ (1969) das Ende einer Ära. Von nun an muss der Frohsinn der 1960er, der Gedanke an die Weltverbesserung, man denke an die amerikanische Bürgerrechtsbewegung, die Black Panther und eben die angesprochenen Hippies, dem Ernst des Individuums Platz machen. Amerika erliegt einer Depression, nicht zuletzt wegen des Scheiterns in Vietnam.
Gleichzeitig ist der „Pate“ nicht nur aufgrund dieses Abbilds zeitgenössischen Gedankenguts hochinteressant. Er erzählt im Kern die Geschichte des amerikanischen Traums. Die Protagonisten, allen voran das Oberhaupt der Corleone-Familie, Don Vito, kam einst als Einwanderer in die USA, wo er sich von ganz unten nach ganz oben arbeitete. Vom einfachen Arbeiter wird er zu New Yorks mächtigsten Mafia-Boss. Er ist die Verkörperung des amerikanischen Traums, wenngleich einer pervertierten Version desselben. Denn sein Weg nach oben ist gepflastert mit Leichen. Der Tod und die Gewalt sind omnipräsent in dieser Geschichte, und sie sind, das wird deutlich, Voraussetzung für die Verwirklichung von Don Vitos Träumen. Dieser Umgang mit dem Konzept des amerikanischen Traums stellt eine Umkehrung des Ideals dar. Wir schauen nicht dem braven, amerikanischen Arbeiter der 1950er zu, der Abends von der Arbeit nach Hause zu seiner Familie kommt und am nächsten Tag fleißig weiter am Aufstieg und am Erfolg feilen wird. Wir schauen dem kriminellen, brutalem Amerikaner der 1970 (respektive 1945) zu, der Abends von der Arbeit nach Hause zu seiner Familie kommt („Ein Mann, der keine Zeit mit seiner Familie verbringt, ist kein richtiger Mann.“), und am nächsten Tag fleißig weiter am Aufstieg und Erfolg feilen wird. Der „Pate“ zeigt den Menschen der 1970er, der Film ist symptomatisch für jene Zeit, er präsentiert uns den Antihelden und stellt letztendlich eine Frage an das Publikum, die Frage nämlich, inwieweit wir uns mit seinen Idealen identifizieren, inwieweit wir mitfiebern und so in den Verdacht der Verherrlichung kommen. Der Mensch ist fasziniert vom Bösen, das war schon immer so und wird auch immer so bleiben. Coppola gibt uns nun die Möglichkeit, unserer Faszination erneut in restaurierter Fassung auf der großen Leinwand Ausdruck zu verleihen. Ein Angebot, welches man nicht ablehnen kann.
"Der Pate" - Wiederaufführung im Filmclub Bozen am 28.02. und 01.03. 2021
Und Robert de Niro?
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