Politics | Neuwahlen

Triple P

Paul Rösch kandidiert zum dritten Mal für das Bürgermeisteramt in Meran. Mit alten und neuen Herausforderern – und einer bewährten Listenführerin.
Paul Rösch
Foto: Stadtgemeinde Meran

Aller guten Dinge sind drei. Gemäß dieser Redensart – sie bedeutet so viel wie: Mach dir keine Sorgen, du hast noch einen Versuch – müsste bei Paul Rösch eigentlich Zweckoptimismus angebracht sein. Doch wird er überhaupt nach 2015 und 2020 ein drittes Mal für das Bürgermeisteramt von Meran kandidieren? Diese Frage wollte er nach einer Bedenkzeit über Weihnachten beantworten. Sie bleibt bis heute um 10.30 Uhr offen. Dann wird die Liste Rösch/Grüne ihren Bürgermeisterkandidaten präsentieren. So viel vorweg: Es ist kein Unbekannter.

 

Erste Weichen sind gestellt

 

Seit bald fünf Monaten wird die Passerstadt kommissarisch verwaltet. Diese Woche wird Arno Kompatscher als amtierender Präsident der Region den Termin für die Neuwahlen festlegen. Erlaubt es die epidemiologische Lage, wird am 30. Mai gewählt. Eventuelle Stichwahlen fänden am 13. Juni statt. Möglich ist auch eine Verschiebung in den Herbst. Doch die allermeisten Parteien würden einen Urnengang im Frühjahr bevorzugen. Die Pandemie und das fehlende Verständnis für Neuwahlen in Krisenzeiten, dürfte der Wahlbeteiligung einen Dämpfer bescheren. Im September 2020 gingen 57,3 Prozent der Meraner wählen. Das waren um 0,9 Prozentpunkte mehr als 2015 – begünstigt dadurch, dass 2020 an zwei Tagen gewählt werden konnte.

Notwendig geworden sind die Neuwahlen in Meran wegen parteipolitischer Justamentstandpunkte, an der die Verhandlungen für eine Stadtregierung Rösch II im Oktober 2020 gescheitert waren. Hinlänglich bekannt und berichtet sind die Forderungen der (angeschlagenen) SVP und der (in der Stichwahl unterlegenen) Allianz La Civica-Alleanza per Merano: Sie beharrten auf einer Dreier-Koalition. Die Vorschläge von Bürgermeister Rösch fanden im Gemeinderat keine Mehrheit. Anfang November zog Kommissärin Anna Aida Bruzzese ins Rathaus ein – und die Parteien sich in die Selbstreflexion und Strategieplanung zurück.

Zwei Monate vor dem möglichen Wahltermin sind die ersten Weichenstellungen vollzogen. Einige bleiben unaufgeregt: Südtiroler Freiheit und Freiheitliche treten jeweils alleine an; genauso die Lega und wohl auch Fratelli d’Italia. Ob die Ökosoziale Linke dem Bündnis mit Liste Rösch/Grüne treu bleibt, ist offen. Genauso, ob der PD bereits im ersten Wahlgang die Grünen unterstützt. Die 5 Sterne Bewegung ist nach ihrem Ausscheiden aus dem Gemeinderat 2020 in der Versenkung verschwunden.

 

Wenig Kopfzerbrechen hatten Civica und Alleanza: Dario Dal Medico, der Rösch in der Stichwahl am 4. Oktober mit 37 Stimmen unterlegen ist, wird wieder gemeinsamer Bürgermeisterkandidat. Kolportierte Unstimmigkeiten zwischen den beiden Listen dürften allein aus Kalkül beseitigt werden: Die Chancen stehen äußerst gut, wieder einen Italiener auf den Bürgermeistersessel zu hieven. Schließlich ist das deutschsprachige Lager zersplitterter und die SVP schwächer denn je – samt Gegenwind aus dem eigenen Milieu.

 

Neue Strategie für erneuerte SVP

 

Team K sagt sich von Rösch los und wagt einen Alleingang mit eigenem Bürgermeisterkandidaten, dem ehemaligen SVP-Mitglied Joachim Ellmenreich. In seiner ehemaligen Partei soll getobt worden sein, als seine Kandidatur Anfang März bekannt wurde.
Eine neue politische Kraft betritt die Bühne: Josef Unterholzners ENZIAN geht mit einem weiteren Ex-SVPler als Bürgermeisterkandidat die Wahlen an: Markus Erb.

Umso deutlicher muss sich die SVP abgrenzen. Sie will mit frischen Gesichtern und viel weiblicher Präsenz die Wähler und den 2015 schmählich an die Liste Rösch/Grüne verlorenen Bürgermeistersessel zurückerobern. Eine Frau als Bürgermeisterkandidatin würde das Versprechen auf Frühjahrsputz unterm Edelweiß wohl am glaubwürdigsten vertreten und könnte sich zwischen den bislang bekannten – rein männlichen – Konkurrenten profilieren. Der Name von Katharina Zeller fällt immer wieder. Die Tochter von Julia Unterberger und Karl Zeller hat vor einem Monat das Ruder als Stadtobfrau übernommen. Doch die Alteingesessenen in der SVP wissen um die aktuell nicht wiedergefundene Stärke der Partei und jene (quantitative) der Konkurrenz. Vor allem Ellmenreich wird als Stimmenräuber wahrgenommen. Deshalb habe man sich auch schon mit dem Gedanken angefreundet, neben Dario Dal Medico den bzw. die Vizebürgermeister/in zu stellen und den bis zuletzt negierten eisernen Pakt mit Civica und Alleanza von 2020 erneuert, heißt es aus gut informierten Kreisen. Ob sich eine Katharina Zeller dafür hergibt und an einer wenig aussichtsreichen Bürgermeisterkandidatur die Finger verbrennt?
Ein zweiter Faktor spielt bei der Entscheidungsfindung der SVP mit hinein: Wer wird der Kontrahent der Liste des bisherigen Bürgermeisters?

 

Bei schwarz-grün nichts Neues

 

Lange galt Madeleine Rohrer als “papabile” für die Bürgermeisterkandidatur auf der Liste Rösch/Grüne. Die ehemalige Stadträtin und politische Ziehtochter von Cristina Kury hat bei den Wahlen 2020 hervorragend abgeschnitten. Sie gilt als zielstrebig und unerschrocken. Zugleich ist Paul Rösch angeschlagen aus den gescheiterten Koalitionsverhandlungen hervorgegangen. Dazu kommt, dass er sich mit einigen umstrittenen Personalentscheidungen in seiner kurzen zweiten Amtszeit keinen Gefallen getan hat. Die Nominierung seines Kabinettschefs als Leiter des Presseamtes der Gemeinde hat Kommissärin Bruzzese noch im Dezember aufgehoben. Weil der Kommunikationsfachmann nicht ins Berufsalbum der Journalisten eingetragen ist.
Doch Madeleine Rohrer fehlt etwas, das Paul Rösch sehr wohl mitbringt: der (christlich-soziale) schwarze Anstrich. Rohrer ist zu grün, zu öko, zu radikal, und würde als Bürgermeisterkandidatin kaum Stimmen aus den bürgerlichen Kreisen sammeln, hört man immer wieder über die ehemalige Stadträtin. Die aber braucht die weiterhin in schwarz-grün gehaltene Liste mit Röschs Namen, wenn sie das Ergebnis vom September 2020 halten und es erneut in die Stichwahl schaffen will.

 

Und so verwundert es nicht, dass die Liste Rösch/Grüne bei der für den heutigen Dienstag einberufenen Medienkonferenz um 10.30 Uhr den alten als neuen Bürgermeisterkandidaten präsentieren wird: Paul Rösch. Schon im Vorfeld war er auffällig häufig und angriffslustiger als gewohnt in Presseaussendungen zitiert worden. Mit Seitenhieben auf die SVP, zu denen sich Rösch bisher meist nur als Reaktion auf eine Provokation der Volkspartei hinreißen ließ. Stets tritt er im Doppelpack mit Madeleine Rohrer auf. Sie soll erneut Listenführerin der interethnischen Gruppierung werden. Flankiert von Andrea Rossi werden die beiden am Vormittag auch in der Landesfürstlichen Burg auftreten und berichten “wie es weitergeht…” – so der Titel der Medienkonferenz.

Aller guten Dinge sind drei. Die Redewendung stammt vermutlich aus dem Mittelalter, als ein Angeklagter drei Mal die Chance hatte, sich den Richtern zu stellen. Diese nutzt nun auch Paul Rösch. Mit dem Unterschied, nicht dem Urteil eines Einzelnen ausgesetzt zu sein, sondern der Wähler. Und die entscheiden nach keinem Gesetz.