Environment | Mobilität

Druck auf die Gemeindestuben?

Die Initiativgruppe Olang/Rasen Antholz will keinen Zwei-Ebenen-Kreisverkehr an der Einfahrt nach Olang – und ruft zur Teilnahme an der nächsten Gemeinderatssitzung auf.
va_olang_2023.jpg
Foto: Salto.bz
Am kommenden Mittwoch (26. April) wird die Gemeinde Olang einen Grundsatzbeschluss zu den beiden Kreuzungen nach Olang und ins Antholzertal treffen, die Gemeinde Rasen-Antholz wird diesen Tagesordnungspunkt am 2. Mai behandeln. Als erklärte Gegner des „doppelstöckigen Kreisverkehrs“ an der Einfahrt in Olang hat die Initiativgruppe deshalb dazu aufgerufen, zahlreich an den Sitzungen teilzunehmen, „dranzubleiben und weiterzugraben.“ Das ist tatsächlich eine neue Ebene, welche die Verbände, die bisher im „vorpolitischen Raum agierten, betreten: Der Druck soll offenbar direkt in die Gemeindestuben getragen und die Entscheidungen im Sinne der Oppositionsparteien und der Initiativgruppe getroffen werden. Doch repräsentieren diese den Willen der Bevölkerungsmehrheit? Laut Thomas Schuster, Bürgermeister der Gemeinde Rasen-Antholz, tun sie das nicht. Dass Druck jedoch ein sehr wirksames Mittel ist, zeigte die Stellungnahme einer Gemeinderätin aus Rasen-Antholz bei der Anti-Kreisverkehr-Kundgebung am vergangenen Freitag (21. April) im Kongresshaus von Olang. Die Gemeinderätin, mit der Entscheidung offenbar überfordert, sprach sich für eine Volksbefragung aus bzw. möchte die Verantwortung über diese Entscheidung abgeben, „da sie sehr schwer ist“. 
 

Eine Veranstaltung jagt die nächste

 
Bereits Ende Jänner hatte die vor Kurzem gegründete Gruppe gemeinsam mit dem Heimatpflegeverband, dem Umweltring Pustertal in Oberrasen eine Veranstaltung unter dem Motto „Redmo dribo: doppelstöckig nachhaltig?“ abgehalten. Rund 500 Bürger hatten sich zu der Veranstaltung eingefunden, bei welcher der Architekt und Obmann des Heimatpflegeverbandes Pustertal, Albert Willeit, die Anwesenden über die Großprojekte informieren wollte. Zu diesem Zeitpunkt lag der Vorschlag auf dem Tisch, an der Ortseinfahrt von Olang einen einfachen Kreisverkehr mit einer Bypass-Straße Richtung Bruneck – Innichen zu errichten, an der Ortseinfahrt beim Antholzertal hingegen einen Kreisverkehr auf zwei Ebenen, wobei das von Willeit erstellte Rendering sichtlich Eindruck machte. So wundert es nicht, dass sich die Mehrheit gegen dieses Projekt aussprach, das in unmittelbarer Nähe zum Betriebsgelände des Holzhofes errichtet werden sollte. Die Pustertaler Staatsstraße sollte nämlich laut Plan in rund sechs Metern Höhe über den Kreisverkehr führen. Eine Verschandelung des Landschaftsbildes, so die einhellige Meinung. Genau zwei Monate später, am 27. März, stellten die Bürgermeister von Rasen-Antholz und Olang, Thomas Schuster und Georg Reden, gemeinsam mit den Landestechnikern und Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider die Renderings zur aktuellen Variante vor.
 
 
 
Der Verkehrs-Experte Stefano Ciurnelli erläuterte anhand der Verkehrs-Simulationen, dass mit zwei einfachen Kreisverkehr-Varianten Staus vorprogrammiert und das Verkehrsaufkommen nicht zu bewältigen wäre. Die Lösung der Landestechniker lautete deshalb: einen schlichten Kreisverkehr am Eingang ins Antholzertal zu errichten, an der Kreuzung nach Olang hingegen einen planfreien Knoten, sprich eine Kreuzungslösung auf mehreren Ebenen. Als Grund wurde der hohe Lkw-Verkehr genannt, der es schwierig mache, diesen Kreuzungspunkt zu sichern.
Um die neue „Olanger Variante“ zu verhindern und Stimmung dagegen zu machen, hat die Initiativgruppe Olang/Rasen Antholz am vergangenen Freitag (21. April) eine weitere Veranstaltung abgehalten. Wie schon in Oberrasen waren war auch dieses Mal wieder Albert Willeit sowie der „Nachhaltigkeits-Missionar“ Helmut Moroder mit von der Partie. Die Veranstalter konnten weiters den emeritierten Professor für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik an der TU Wien, Hermann Knoflacher, gewinnen, der zu den vehementesten Kritikern und Gegnern neuer Infrastruktur-Projekte zählt.
 
 
Lassen Sie nur mehr Autos fahren, wenn zwei oder drei Personen drinnen sitzen.
 
 
Im Eisacktal und Wipptal ist Knoflacher noch gut als BBT-Gegner in Erinnerung, der den Brennerbasis-Tunnel als von Lobbyisten bzw. von Banken und Baufirmen vorangetriebenes Projekt bezeichnete und dafür plädierte, die bestehende und zu wenig ausgelastete Brennerbahn-Trasse zu modernisieren. Einer seiner Ratschläge, wie man zuviel Verkehr auf den Straßen vermeiden kann, lautet, den Besetzungsgrad zu erhöhen: „Lassen Sie nur mehr Autos fahren, wenn zwei oder drei Personen drinnen sitzen“ und zwei weitere Bonmots: „Die Leute lernen, Stau zu vermeiden“ bzw. „Stau ist eine Therapie“.
Der BBT wird mittlerweile nicht mehr infrage gestellt, dafür aber andere Infrastrukturprojekte wie eben die Umfahrungen, Einfahrten und Kreisverkehre entlang der Pustertaler Staatsstraße. In einer „Einführung“ hielten die Mitglieder der Initiativgruppe, Katja Renzler und Nikolaus Spitaler, Rückblick über das bisher Geschehene, wobei die Kritik an den Verwaltungen in Olang und Rasen-Antholz nicht zu überhören war. Die Politik schaufle drüber. So gebe es bis heute in den verschiedenen Gremien und in den Gemeinderäten keine Diskussion über die Kreuzungsthematik. Auch würde die Bevölkerung in die Entscheidungsprozesse nicht miteinbezogen.
 

Klimaplan-Bumerang

 
Der Abend stand ganz im Zeichen des Klimaplans der Landesregierung. Der Vortrag Moroders wie auch Stellungnahmen von Willeit und aus dem Publikum sehen in diesem Instrument die moralische und offensichtlich auch rechtliche Grundlage, um sich gegen (bauliche) Maßnahmen auszusprechen: der Klimaplan nicht als Leitinstrument für einen nachhaltige und innovative Entwicklung, sondern ein „Stopp-Schild“ für jedwede Tätigkeit. So kann man seit einiger Zeit beobachten, dass in solchen und ähnlichen Diskussionen (Skipisten, Seilbahn, Umfahrungen, Almstraßen, Landschaftsleitbild, Urbanistik und und und) sich Arno Kompatschers Klimaplan offensichtlich zu einem politischen „Nachhaltigkeits-Bumerang“ entwickelt: Der motorisierte Individualverkehrs soll um 40 Prozent reduziert werden, also braucht es keine Umfahrungen. Die Verwendung von Stahlbeton erzeugt einen massiven CO2-Ausstoß, also darf man ihn nicht verwenden. Die Landesregierung spricht sich gegen den Verbrauch von Grund und Boden aus, also darf keine Fläche versiegelt werden.
 
 
 
Willeit bezeichnete die umgekehrte Variante – einfacher Kreisverkehr in Antholz, doppelstöckig in Olang – als „Ei des Kolumbus“. Es werden damit vor allem die Wirtschafter beglückt, so der Obmann des Pustertaler Heimatpflegeverbandes. Die planebene Lösung für Antholz sei zwar ein Fortschritt, wenngleich man die drei Bypässe diskutierten müsste, die Olanger Lösung sei die ursprünglich aufgelegte und mit einer kleiner Änderung versehen. Willeit bezeichnete die Olanger Variante als großen landschaftlichen Eingriff, die Pläne der Techniker seien irreführend, denn in der Realität wären die dargestellten Eingriffe wesentlich umfangreicher, so Willeit, der ein eigenes Rendering dazu präsentierte und meinte: kein wünschenswertes Szenario für Olang. Seiner Einschätzung nach würde auch ein einfacher Kreisverkehr funktionieren, ein „monströses“ Projekt, welches das Landschaftsbild beeinträchtigt, hingegen sei abzulehnen.
 
 
Entweder dieser Vorschlag oder es bleibt, so wie es ist.
 
 
Bei der Veranstaltung meldete sich auch der Bürgermeister von Rasen-Antholz, Thomas Schuster, zu Wort, der erklärte, dass zwei Drittel der Olympia-Gelder für den Ausbau der Bahninfrastruktur, vor allem für die Riggertal-Schleife, und ein Drittel für den Straßenbau entlang der Pustertaler Strecke verwendet werden. Langfristiges Ziel sei es, den Verkehr nach Vorlage des vielfach ausgezeichneten Mobilitätskonzepts während der Biathlon-Wettbewerbe zu lenken, sprich zwei Drittel der Gäste sollen mit Bus oder Bahn anreisen, ein Drittel mit dem Pkw. Um dieses Konzept auf das gesamte Jahr auszudehnen, brauche es jedoch Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr. Schuster korrigierte die Aussage von Moroder, dass das doppelstöckige Modell bei Olang auf der Grundlage einer Verkehrszählung zu Stoßzeiten berechnet wurde. Es habe drei Zählungen gegeben, so Schuster, einmal im August, während eines Biathlon-Wettbewerbes und während eines Werktages im Februar. Zudem basierten die Berechnungen des Verkehrsexperten Ciurnelli auf der Annahme, dass der Verkehr um 10, 20 und 30 Prozent abnehmen würde. „Das Ergebnis war dieser Vorschlag“, so der Bürgermeister, der mehr als deutlich klarstellte: Entweder dieser Vorschlag oder es bleibt so, wie es ist.
Bild
Profile picture for user Josef Fulterer
Josef Fulterer Mon, 04/24/2023 - 05:58

Es gibt schon viel zu viele öffentliche Bauten in Südtirol, bei denen sich die Verwalter "persönliche Denkmäler mit fraglichem Nutzen geleistet haben" oder noch schlimmer, "aus eigenen Privat-Interessen Bauvorhaben verwirklicht haben, die den nach-folgenden Generationen ständigen Ärger und hohe Instandhaltungs-Kosten aufbürden."

Mon, 04/24/2023 - 05:58 Permalink