Der Preis der Politik
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Wie werden die Landtagsabgeordneten entscheiden? Werden sie einer Kürzung der Poltikergehälter zustimmen? Müssen sie das? Einig sind sich die Mitglieder des Südtiroler Landtags auch nach der gestrigen Präsentation des Falcon-Gutachtens nicht. Darin kommt der Rechtsexperte zum Schluss, dass das Monti-Dekret, mit dem Kürzung im Gesetzentwurf von Landtagspräsident Thomas Widmann begründet wird, in Südtirol keinesfalls eins zu eins übernommen werden muss. Er beruft sich dabei auf das Mailänder Abkommen und den Stabilitätspakt zwischen Bozen und Rom, laut dem Südtirol in Finanzfragen autonom entscheiden könne. Dem gegenüber steht das Gutachten von Giuseppe Caia, das besagt, dass Südtirol die Vorgaben aus Rom nicht missachten dürfe.
Monti muss nicht sein
Rund zwei Dutzend Landtagsabgeordnete von Opposition und Mehrheit lauschten am Montag den Ausführungen der drei Sentaoren Zeller, Palermo und Berger. Darunter auch Dieter Steger. Für den SVP-Fraktionssprecher im Landtag steht fest: Der Entwurf des Landtagspräsidiums – allen voran Thomas Widmann – wird nicht durchgehen. Steger will, im Sinne des Falcon-Gutachtens, die autonomen Befugnisse der Provinz “nicht aus der Hand geben”, sondern voll ausreizen. Ihm schwebt ein Gesamtkonzept für die Finanzierung der demokratischen Organe der Provinz vor, in dem der Landtag autonom über die Kosten der Politik bestimmt. Ein solches hatte Karl Zeller den Landtagsabgeordneten vorgeschlagen. Wichtig, so Steger, sei dabei, dass mit diesem Konzept für den Steuerzahler nicht mehr Kosten als bisher entstünden. Etwas skeptischer ist Helmuth Renzler, der am Montag neben Steger im Damensalon des Hotel Laurin Platz genommen hatte und unter den Unterzeichnern des Gesetzentwurfs ist. Sollte Steger andere Pläne haben, müsse man sich beeilen, so Renzler. Denn derzeit gebe es zum Widmann-Entwurf keine Alternative.
Thomas Widmann weilt gerade im Urlaub und war am Montag nicht dabei. Ebenso abwesend, weil im Urlaub, war Paul Köllensperger. Doch der Landtagsabgeordnete der 5-Sterne-Bewegung hat es sich nicht nehmen lassen, das Falcon-Gutachten zu lesen. Und ist zu einem naheliegenden Schluss gekommen: “Der Gesetzentwurf von Widmann kann ja trotzdem weitergebracht werden. Es reicht, die Bezugnahme auf Monti rauszustreichen und sozusagen freiwillig die Gehälter zu kürzen.” Das Landtagspräsidium werde den Entwurf nicht zurückziehen, kündigt Roberto Bizzo in der Dienstag-Ausgabe der Tageszeitung Dolomiten an. Seit April liegt das Papier im III. Gesetzgebungsausschuss, wo “er auch behandelt wird”, so Bizzo. Er ist vom Inhalt des Entwurfs und damit von den Kürzungen der Politikergehälter nach wie vor überzeugt. Damit geht er Hand in Hand mit Andreas Pöder. “Es besteht kein Zweifel – die Landesregierungsgehälter müssen gesenkt werden”, ließ der Bürgerunion-Abgeordnete im Anschluss an die Präsentation des Falcon-Gutachtens verlauten. Dieses sei zwar interessant, “aber spekulativ”, während jenes von Caia “klar” sei, so Pöder. Man könne die Autonomie auch bei gekürztem Landesregierungsgehalt retten und ausreizen, meint Pöder und kündigt an, “sicher nicht den Handlanger für die SVP-Gehaltsrettungsaktion” zu machen.
Anderer Auffassung ist der Freiheitliche Pius Leitner. Er will Südtirols Autonomie “nicht freiwillig preisgeben”. Ein Gesamtkonzept für die öffentlichen Politik-Ausgaben wie von Steger vorgeschlagen hält Leitner für sinnvoll. Auch Sven Knoll kann dieser Idee durchaus etwas abgewinnen. Vom Falcon-Gutachten sieht sich der Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit in seiner Haltung bestätigt, dass die Landesregierung “die Autonomie nicht ausreichend verteidigt”: “Anstatt sich in vorauseilendem Gehorsam jeder Bestimmung aus Rom zu unterwerfen, sollten endlich wieder die Interessen Süd-Tirols verteidigt werden”, fordert Knoll.
Debatte ausdehnen
Einen weniger dramatischen als vielmehr pragmatischen Blick auf die Sache hat Paul Köllensperger. Die Frage, ob er selbst mit der Kürzung der Politik-Gehälter einverstanden sei, beantwortet er folgendermaßen: “Es handelt sich hier um eine Frage der Angemessenheit. In der Privatwirtschaft zum Beispiel würde eine Position, vergleichbar mit jener von Landeshauptmann Kompatscher, sicher gleich bezahlt werden. Und, bei allem Respekt, es gilt auch die Bezüge einiger Bediensteter der Landesverwaltung zu beachten. Würde das Gehalt von Kompatscher auf 13.800 Euro brutto im Monat gekürzt werden, würde er damit auf einer Stufe mit gewissen Abteilungsleitern stehen.” Daher ist Köllensperger überzeugt: Die aktuelle Debatte um die Politik-Gehälter muss in einem größeren Rahmen geführt werden. “Wenn die Politik von der Öffentlichkeit bisher als zu teuer empfunden wird, dann, weil unnötige Projekte vorangetrieben wurden, für die jegliches Verständnis fehlt.”
Genauso wie Köllensperger sieht das Ganze Brigitte Foppa. Die Grüne Landtagsabgeordnete vermisst eine gesamtheitliche Sicht auf den großen Bereich, den die Politikkosten darstellen. “Es werden immer nur einzelne Aspekte diskutiert – wie aktuell das Gehalt des Landeshauptmannes – und das stets mit Polemik. Dabei wird es immer offensichtlicher, dass die Sache im Gesamtpaket behandelt werden muss.” Bei ihrer jüngsten Klausurtagung haben die Grünen daher einen Beschlussantrag disktutiert, den die Grüne Landtagsfraktion ausgearbeitet hat. “Es geht um die beiden grundsätzlichen Fragen, was Politik braucht, um gut zu funktionieren und wie viel Politiker im Allgemeinen verdienen sollten.” Zu zweiterer Frage schwebt den Grünen vor, einen Beteiligungsprozess ins Leben zu rufen, denn, so Foppa, “es würde eine Schieflage entstehen, wenn wir uns unsere Gehälter selbst festlegen”. Ähnlich wie beim Autonomiekonvent sollen, geht es nach den Grünen, in den Bezirken Treffen organisiert werden, bei denen den Bürgern offen und transparent alle Informationen zu den Kosten der Politik vorgelegt werden. “Dass die Bürger über die Gehälter entscheiden, ist aus rechtlicher Sicht heute nicht möglich, aber wir würden ihre Ideen einholen”, erklärt Foppa ihren Vorstoß. Mit Dieter Steger stimmt sie überein, dass “wir selbst die Kosten unserer Demokratie festlegen wollen”. Denn schließlich nehme Südtirol im italienweiten Vergleich eine Sonderrolle ein, was die Zuständigkeiten in Sachen Gesetzgebung betrifft.