Politics | Kritik

Meraner Eigenarten

Als Bürgermeister hat es Paul Rösch nicht leicht. Doch nun springt gerade ein abtrünniger Gemeinderat für ihn in die Bresche. Und Florian Mussner verschafft Luft in der Causa Touriseum.

Bürgermeister werden ist nicht schwer, Bürgermeister sein umso mehr. Ob dieser oder ein ähnlicher Gedanke derzeit Paul Rösch beschäftigt, ist nicht bekannt. Doch es dürfte nicht viele geben, die mit dem Meraner Bürgermeister derzeit tauschen möchten. Es wird ihm nämlich nicht leicht gemacht. Rösch hat mit seiner Kandidatur und mit seiner überraschenden Wahl zum Bürgermeister große Erwartungen geweckt. In der Bevölkerung, aber auch in den Medien. Endlich ein neues Gesicht, ein neuer Wind, ein neuer Stil. “Ich will für alle da sein”, gestand Rösch gegenüber salto.bz vergangenen Freitag. Doch so einfach ist es nicht. Denn allen Recht manchen kann es auch ein Rösch nicht.

“Rösch ist aktuell ziemlich angeschlagen, die anfängliche Lockerheit ist schon längst weg”, verrät ein aufmerksamer Beobachter. Allen voran kritisiert die Opposition den Bürgerlisten-Bürgermeister. Wo bleibt die angekündigte Transparenz, wo die Einlösung der Wahlversprechen? Doch es ist die Aufgabe der politischen Minderheit, unangenehme Fragen zu stellen und den Regierenden auf die Finger zu schauen. Dafür sollte ein Bürgermeister umso stärker auf die Unterstützung seiner Alliierten zählen dürfen. Aber auch Röschs Koalitionspartner SVP kann sich die Sticheleien gegen den neuen Ersten Bürger  nicht verkneifen. Der Verlust des Bürgermeistersessels scheint schwer auf den Schultern der Volkspartei zu lasten. Diese Vermutung hat zumindest Kurt Duschek. Ursprünglich zählte Duschek zu den eifrigsten Unterstützern Röschs. Bis er sich Ende August schließlich aus der Fraktion Grüne-Liste Rösch verabschiedete. Der Grund: “Es hieß, ich soll keine Artikel oder Kommentare veröffentlichen, die Rösch ‘schaden’ könnten. Freie Meinung und Direkte Demokratie waren allerdings mein Thema bei den Gemeinderatswahlen – und diesen Gedanken möchte ich nicht untreu werden.” So Duschek nach seinem Austritt. Nichtsdestotrotz springt der inzwischen Freie Gemeinderat für Paul Rösch in die Bresche. In seinem Blog schreibt Duschek am Mittwoch Vormittag über die “eigenartigen Koalitionspartner in der Meraner Gemeinderegierung”. Anlass dazu hat ihm ein von der Tageszeitung Dolomiten veröffentlichtes Interview mit den Meraner SVPlern Sepp Brunner und Andreas Zanier. Darin empfehlen sie dem Bürgermeister “Nachhilfe in Sachen Koalitions-Kommunikation”. Sie kritisieren die fehlende Mitteilungsfreudigkeit Röschs gegenüber der SVP. Diese sei häufig die letzte, die erfahre, was in Meran gerade passiere, manchmal sogar erst aus der Zeitung.

“Dieses eigenartigen Interview der Dolomiten vom 23.9.2015 weckt den Verdacht, dass die Meraner SVP noch immer nicht zur Kenntnis genommen hat, dass sie bei den letzten Gemeinderatswahlen ein Drittel ihrer Gemeinderatssitze verloren hat”, so Duschek. Er erinnert daran, dass sowohl Brunner als auch Zanier – “zwei wichtige Säulen der Meraner SVP – von den Meranern im Mai nicht mehr als Gemeinderäte bestätigt wurden. “Diesen Fakt sollte man nicht vergessen und das ‘Triumphgeschrei’ im Interview der besagten Personen ist gelinde gesagt vollkommen fehl am Platz”, kritisiert Duschek. Viel hilfreicher und auch wünschenswerter sei hingegen “eine konstruktive Mitarbeit der SVP Meran bei der Regierungsarbeit”. Denn wenn Brunner und Zanier Rösch vorwerfen, seine Hausaufgaben noch nicht gemacht zu haben, dürfte nicht ausgeblendet werden: “Wenn in der Vergangenheit tatsächlich eine so gute Politik gemacht worden wäre, ja dann wären diese beiden Vertreter der SVP sicher auch bestätigt worden.” Soweit Duschek. Doch auf einer anderen Ebene scheint man Paul Rösch innerhalb der SVP wohlgesonnener zu sein.

Es ist Florian Mussner, der in der Beantwortung einer Landtagsanfrage dem Meraner Bürgermeister eine Art Absolution zuteil werden lässt. Wie berichtet, hatte Andreas Pöder “weitere Fragen” in der Causa Touriseum und der Anmietung von Lagerräumlichkeiten vom Vater von Röschs Lebensgefährtin vorgelegt. Mussner bestätigt in der Beantwortung von Pöders Anfrage, dass bei der Vergabe des Mietvertrags alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Sowohl der vereinbarte Preis für die Anmietung der Lagerräume als auch die Wahl des Standortes in Lana sei angemessen gewesen. Zu diesem Ergebnis kommt das Schatzamt des Landes in einer Überprüfung vom 25. Juni dieses Jahres: “Der im Jahre 1999 vereinbarte Mietzins kann als zulässig erachtet werden.” Darüber hinaus seien die Marktpreise in der Gemeinde Meran zu jener Zeit ungefähr 20 Prozent höher gewesen als in Lana – durch die Entscheidung für das Lager in der Nachbargemeinde wurden demnach also sogar Kosten gespart.

“Aufgrund der guten Erreichbarkeit, der Lage und Raumsituation der Immobilie scheint die Entscheidung des damaligen Verwaltungsrates der Körperschaft ‘Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte’ Schloss Tirol aus heutiger Sicht nachvollziehbar”, schreibt Florian Mussner. Die Entscheidung, die Lagerräume gerade vom Vater der Lebensgefährtin des damaligen Touriseum-Direktors Paul Rösch anzumieten, sei also nicht auf dessen Näheverhältnis zum heutigen Bürgermeister, sondern auf objektive Vorteile zurückzuführen. Zudem bestätigt Mussner, dass es sehr wohl auch Gespräche mit Inhabern anderer möglicher Depots gegeben hätte. Doch eine Räumlichkeit hatte sich als zu klein herausgestellt, in einem zweiten Fall habe der Besitzer keinerlei Interesse an der Vermietung gezeigt. Die Antwort Mussners dürfte Rösch etwas Luft verschafft haben. Doch bereits am Mittwoch Abend könnte es mit der Verschnaufpause wieder vorbei sein. Im Meraner Gemeinderat steht an zwei Folgeabenden die Diskussion und Absegnung des Fünf-Jahres-Programms der Regierungskoaltiion an. Auf der Tagesordnung stehen zudem knapp 20 Beschlussanträge und Anfragen der Opposition.