Economy | SFSCON 2025

„Open Source ist gelebte Nachhaltigkeit“

Am 7./8. November steht Südtirols Innovationsviertel ganz im Zeichen Freier Software. FUSS-Leiter Paolo Dongilli spricht über ihre Bedeutung in Schulen und über „Endof10“.
Hinweis: Das ist ein bezahlter Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Francesco Ippolito/SFSCON
  • Bei der diesjährigen South Tyrol Free Software Conference – SFSCON dreht sich alles um KI und Ethik, digitale Souveränität und Open Source im Gesundheitswesen. Im Interview spricht einer der Partner, FUSS-Projektleiter Paolo Dongilli, über Freie Software im Bildungswesen und das Ende von Windows 10.

    Bereits zum 25. Mal findet dieses Jahr die SFSCON statt: eine von Europas größten und wichtigsten Konferenzen zu Freier Software. Und ein jährlicher Fixtermin für Softwareunternehmen, Entwicklerinnen und Entwickler, digitale Innovationstreiber und Zukunftsgestalterinnen. Denn: Bei der South Tyrol Free Software Conference geht es um die brennenden Themen von heute und morgen. Dieses Jahr im Fokus: Die ethischen Grenzen der KI und die Frage, wie Gesellschaft und Unternehmen verantwortungsvoll mit diesem mächtigen Tool umgehen können. 

    Von Freitag, 7. bis Samstag, 8. November verwandelt sich der NOI Techpark in Bozen in einen Hub für innovative Softwareentwicklung und Open Source. Die Konferenz wird heuer so groß wie noch nie: 150 Referierende, aufgeteilt auf 11 thematische Tracks, teilen ihre Expertise und Erfahrungen. Dabei liegt ein Schwerpunkt auch auf dem Einsatz Freier Software im Gesundheitswesen. Dazu wird Karen M. Sandler, Executive Director der Software Freedom Conservancy, aufzeigen, warum Quellcode-Transparenz bei der Software medizinischer Geräte eine Grundvoraussetzung für Sicherheit und klinische Fairness ist – auch und gerade mit Blick auf die geschlechterspezifische Medizin.

    Neben diesen und vielen weiteren Vorträgen bietet die SFSCON 2025 wieder zahlreiche praxisnahe Erlebnisse. Im Hacking Village können Teilnehmende die digitale Zukunft zum Anfassen erleben. Beim Hackathon SFSCON Edition entwickeln Software Developer, Studierende, Forschende und Open-Source-Enthusiasten innerhalb von 24 Stunden innovative Lösungen und Prototypen für reale Herausforderungen in Unternehmen. Begleitend illustriert eine Ausstellung die Entwicklung vom historischen Rechner bis zu seiner modernen Entsprechung.

    Mit der Initiative EndOf10 setzt SFSCON dieses Jahr auch ein sichtbares Zeichen für Nachhaltigkeit: Zehn ausrangierte Computer werden mit GNU/Linux neu installiert und an Teilnehmende verschenkt – ein Gemeinschaftsprojekt mit FUSS und LUGBZ, inspiriert vom Auslaufen des Supports für Windows 10.

  • Foto: Paolo Dongilli

    Das Thema EndOf10 knüpft unmittelbar an das FUSS-Projekt an – eine Initiative, die seit zwanzig Jahren Linux in die italienischsprachigen Schulen Südtirols bringt. Was einst als technisches Pilotprojekt begann, ist heute ein Best-Practice-Beispiel für Nachhaltigkeit und digitale Souveränität: durch die Wiederverwendung von Hardware, den Einsatz offener Lernressourcen und eine unabhängige IT-Infrastruktur. Über die Geschichte von FUSS und die Idee hinter EndOf10 spricht Paolo Dongilli, Projektleiter und einer der Wegbereiter dieser Erfolgsgeschichte:


    Herr Dongilli, wann ist FUSS entstanden – und mit welchem Ziel?

    Paolo Dongilli: „FUSS startete 2005, nach einer einjährigen Vorbereitungsphase. Die Idee war einfach: Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler sollten dieselbe Freie Software in der Schule und zu Hause nutzen können – ohne zusätzliche Kosten für Familien. Proprietäre Lizenzen untersagen Kopieren, Ändern und Weiterverbreiten – ein Widerspruch zur Bildungsmission, Wissen zu teilen. Eine Gruppe engagierter Lehrkräfte unter Leitung von Prof. Paolo Lorenzi schaffte es, die Schulleitungen der italienischsprachigen Schulen mit ins Boot zu holen. Dann begann die Migration: Linux ersetzte Windows, begleitet von einer gemeinsam mit Lehrkräften kuratierten Auswahl Freier Programme, zugeschnitten auf tatsächliche didaktische Anforderungen. In mehreren Bereichen haben wir bewusst mehrere gleichwertige Optionen belassen, damit jede Lehrkraft das passende Werkzeug wählen kann.“


    Welche Betriebssystem-Distribution nutzen Sie – und wie wurde sie an den Schulalltag angepasst?

    „Wir setzen auf Debian GNU/Linux, eine bewährte Distribution mit breiter, verlässlicher Community. Wir haben sie so vorkonfiguriert, dass Rechner direkt nach der Installation mit allen unterrichtsrelevanten Anwendungen startklar sind. Das gilt auch für die Schulserver (ebenfalls Debian), für die wir Pakete bereitstellen, die Installation und Betrieb deutlich vereinfachen. Heute umfasst das Projekt rund 16.000 Schülerinnen und Schüler, 1.900 Lehrkräfte, 25 Schulleitungen und etwa 74 Schulstandorte in Südtirol und auch außerhalb der Provinz.“ 


    Was bedeutet in diesem Zusammenhang „digitale Nachhaltigkeit“?

    „Digitale Nachhaltigkeit bedeutet, Freie Software einzusetzen, um Autonomie und Unabhängigkeit zu sichern, offene Formate und Standards zu bevorzugen, um Interoperabilität und Langlebigkeit zu gewährleisten, offene Bildungsmaterialien zu fördern, damit Lehrkräfte eigenes Unterrichtsmaterial erstellen können – mit weniger Abhängigkeit von Verlagen –, und einen wirklich freien Netzzugang sicherzustellen. Denn ohne Konnektivität ist auch Freie Software nicht erreichbar. Zusammengenommen führen diese vier Punkte die Schule zu ihrem Kernauftrag zurück.“

  • Foto: Francesco Ippolito/SFSCON
  • Kommen wir zu „EndOf10“: Was bedeutet das Support-Ende von Windows 10?

    „Am 14. Oktober 2025 endete der Microsoft-Support für Windows 10. Zahlreiche voll funktionsfähige PCs erfüllen allerdings nicht die Anforderungen von Windows 11 – mit der Folge eines massiven Hardware-Abfalls. Das ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit. Deshalb organisieren wir im Rahmen der internationalen Kampagne „End of 10“ bei der SFSCON 2025 einen Praxis-Workshop: Wir richten zehn Arbeitsplätze mit ausgemusterten Unternehmensrechnern ein, die uns PC-Doktor Bozen freundlicherweise zur Verfügung stellt – gerade weil sie nicht Windows-11-kompatibel sind. Gemeinsam mit Mitgliedern des FUSS-Projekts und der Linux User Group Bozen-Bolzano-Bulsan begleiten wir die Teilnehmenden – vorrangig Jugendliche – bei der Installation von FUSS, derselben Distribution wie in den Schulen. Am Ende werden alle PCs an die Teilnehmenden verschenkt – um greifbar zu zeigen, dass Hardware weiterleben kann dank Lösungen auf Basis Freier Software.“ 


    Gibt es bereits Erfahrungen mit lokaler Hardware-Wiederaufbereitung?

    „Ja, gemeinsam mit der Linux User Group Bozen-Bolzano-Bulsan und weiteren Partnern betreiben wir seit Jahren eine Wertschöpfungskette für die Sammlung und Wiederverwendung ausrangierter Rechner aus Verwaltungen und Unternehmen. Das Projekt ist vor der Pandemie entstanden und wurde während der Gesundheitskrise ausgebaut. Wir haben über 1.000 PCs an Familien mit Bedarf weitergegeben und anschließend die Vergabe geöffnet, sodass auch andere Anfragende profitieren konnten. Heute läuft das Projekt unter dem Namen SwapToLearn, bindet mehr Partner ein und verfolgt ein konkretes Ziel: Wir suchen nach dauerhaften Räumen, in denen die aufbereiteten Geräte gesammelt, vorbereitet und verteilt werden können, um unseren Service zu festigen und der Hardware ein zweites Leben zu geben.“

    Gegründet im Jahr 2001 von der Linux User Group Bozen-Bolzano-Bulsan, wird die SFSCON seit 2005 vom NOI Techpark organisiert und gefördert. Möglich wird sie durch die Unterstützung zahlreicher Supporter – Gruppo FOS, Telmekom, Vates, Alpitronic, LDV20, Made in Cima, Pandigital, Zirkonzahn, 1006.org, Catch Solve, Christian Gapp, deda.next, Peer, RMBtec, SiMedia, Südtirol Business School und Suggesto – und Partner – EDIH NOI, FediForum, FSFE, FUSS, Linux Magazine, Loacker, LUGBZ, Maker Space, MCI Innsbruck, MiniNOI, Open Source JobHub, OW2, Rassegna Business, RIOS, Speck&Tech, Sticker Mule, unibz und WUD. Die SFSCON wird kofinanziert von der Europäischen Union im Rahmen des EFRE-Projekts 1048 IMPACT.

  • Alle Informationen zur Konferenz gibt es unter www.sfscon.it.