Politics | Präsidentenwahl

Weihnachten in Athen

Das griechische Parlament muss bis spätestens 29. Dezember einen neuen Staatspräsidenten wählen. Zwei der maximal drei erforderlichen Wahlgänge sind gescheitert.

Hellas! Attikablauer Himmel über Athen! Leichtigkeit des Seins! Seitdem ich griechischen Boden betreten habe, ist die Istanbuler Trübsal verflogen. Ich drohe ins Fahrwasser des grossen deutschen Dichters Friedrich Hölderlin zu geraten, der griechenlandsüchtig war und nicht müde wurde, Arkadien und seine Diotima zu besingen.

Ich bin in Athen, um bei meiner angeheirateten griechischen Verwandtschaft Weihnachten zu feiern. Meine Schwiegermutter war eine patriotische, feurige Griechin, ihr erster Sohn Yoannis hat sich nach einem Berufsleben als langjähriger griechischer Botschafter in Deutschland, Brüssel und Sofia in Athen zur Ruhe gesetzt. Er ist ein guter Freund des derzeitigen griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras und gehört als solcher dem konservativen Athener Establishment an. Ich wiederum verteidige, wenn auch mit Vorbehalten, die Politik des linken Oppositionsführers Alexis Tsipras, weshalb es während der bevorstehenden Weihnachtsessen angeregte Diskussionen geben wird.

Dabei sind sich Samaras ( Nea Dimokratia ) und Tsipras ( Siriza) in einem entscheidenden Punkt einig : dass die zahlreichen Hilfspakete der EU-Troika die Situation Griechenlands nicht verbessert, sondern weiter verschlechtert haben.  Trotz der geliehenen Millionen von EZB, IMF und EU ist die Staatsverschuldung auf über 180 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gestiegen und die Zahl der Armen hat sich seitdem verdoppelt. Derzeit leben vier  der  11 Millionen Griechen am Rande der Armutsgrenze.

Der konservative Ministerpräsident Samaras hat vor drei Wochen angekündigt, dass seine Regierung nach Verabschiedung des Haushaltsgesetzes aus dem EU-Hilfsprogramm aussteigen wolle . Das führte zu einem Börsensturz in Europa und einer Beinahe-Regierungskrise. Trotzdem fürchten die Märkte (Banken und Finanzgruppen)  Samaras weniger als Alexis Tsipras. Dieser beteuert immer wieder, dass er auf keinen Fall die  Euro-Zone verlassen wolle, dass aber die Schulden neu verhandelt werden müssen. Das erschreckt die die internationalen Finanzmärkte , weil ihnen Verluste drohen. Deshalb das Trommelfeuer gegen Tsipras und die drohenden Neuwahlen, die - laut derzeitigen Meinungsumfragen - dessen Sieg brächten.

Neuwahlen drohen, wenn am 29. Dezember im entscheidenden dritten Wahlgang im Parlament kein neuer Staatspräsident ermittelt wird. Der Kandidat der regierenden Nea Dimokratia, Stavros Dimas - ein ehemaliger EU-Kommissar - verfehlte bisher die erforderliche Mehrheit. Die nächsten Tage wird Samaras nutzen, um Oppositionspolitiker auf seine Seite zu ziehen, damit Dimas seine Mehrheit bekommt.