Chronicle | Sanität

Einstürzende Altbauten

Die Bauschäden am Bozner Krankenhaus sind dramatisch. Doch man tut alles, damit die gefährliche Schieflage einzelner Baukörper nicht an die Öffentlichkeit kommt.
KH Bozen
Foto: salto
 
Die Maßnahme ist gut verpackt. 
Kurz vor Weihnachten genehmigte die Landesregierung das „5-Jahresinvestitonsprogramm 2019-2023 für außerordentliche Instandhaltungs- und Umbauarbeiten des Südtiroler Sanitätsbetriebes“. Mit dem Beschluss sollen die Südtiroler Krankenhäuser auf Vordermann gebracht werden. 85 Millionen Euro stellt das Land Südtirolweit in den nächsten fünf Jahren dafür zur Verfügung.
Unter den im Beschluss angeführten 100 Maßnahmen findet sich ein Punkt, der auf den ersten Blick kaum auffällt. 12,5 Millionen Euro werden für „Strukturelle statische Überprüfungen am bestehenden KH Bozen und seismische Bewertungen“ ausgegeben. 
Das Krankenhaus Bozen wurde zwischen 1963 und 1983 erbaut. Seit 2005 errichtet man gleich daneben das neue Krankenhaus, das spätestens in fünf Jahren (teil)eröffnet werden soll. Dass man ausgerechnet jetzt eine außerordentliche strukturelle statische Überprüfungen des alten Krankenhauses durchführt, hat in Wirklichkeit einen dramatischen Hintergrund.
 

Abteilung in Schieflage

 
Das Bozner Krankenhaus wurde in Moritzing auf einem Boden gebaut, der keine hundert Jahre vorher noch Sumpf war. Entsprechend schwierig gestalteten sich auch die Bauarbeiten in den 1960/70er Jahren. Es musste der Untergrund aufgefüllt und tausende sogenannte „Piloten“ in den Boden geschlagen werden.
Wie fragil der Untergrund in dieser Gegend aber immer noch ist, zeigte sich jetzt beim Neubau des Bozner Krankenhauses. Immer wieder mussten die Bauarbeiten unterbrochen werden, weil es zu Wassereinbrüchen und Absenkungen kam. Seit Jahren laufen in der Bausstellen Pumpen auf Hochdruck, um das einsickernde Wasser abzupumpen.
 
 
Dazu ist aber ein statisches Problem aufgetaucht, das weit dramatischer ist. An manchen Stellen musste man für den Neubau bis an die Grundmauern des alten Spitals den Boden ausheben. Man hat zwar versucht, den Untergrund durch Betoneinspritzungen und andere technische Hilfsmittel abzustützen, doch das hat nicht funktioniert.
 

Berstende Leitungen

 
So ist der gesamte Trakt in dem sich auf vier Stockwerken die Infektionsabteilung befindet mindestens um zehn Zentimeter auf der einer Seite abgesunken. Die Folge, das gesamte fünfstöckige Gebäude hat sich geneigt und in den oberen Stockwerken haben sich im Mauerwerk Risse aufgetan, die so groß sind, dass man die Hand durchstrecken kann.
 
 
Trotz dieser augenscheinlichen Schäden tut man im Sanitätsbetrieb so, als sei nichts geschehen. Nicht nur die Patienten in der Infektionsabteilung werden über den Zustand in Unwissenheit gehalten, auch die Arbeit in dem im obersten Stockwerk angesiedelten Ökonomat läuft weiter als wäre nichts geschehen.
Nicht nur die Fotodokumentation, die Salto.bz exklusiv vorliegt, zeigt aber wie dramatisch die Situation ist. Im Titelfoto zu diesem Artikels ist die Situation im fünften Stock zu sehen. Dort hat sich am Boden an der Außenmauer eine Kluft aufgetan, durch die man durchschauen kann. 
 
 
Zudem müssen immer wieder die Arbeiter des Krankenhauses auch nachts in diesem Trakt ausrücken. Der Grund: Durch die Schieflage des gesamten Traktes beginnen die Wasserleitungen zu brechen. „Alles zwei Wochen haben wir eine Überschwemmung“, sagt ein Arbeiter zu Salto.bz. Man versucht die Leitung notdürftig zu flicken.
In der Verwaltung des Südtiroler Sanitätsbetriebes scheint man zu hoffen, dass nichts passiert. Nachdem die Geldspritze der Landesregierung kommt, spachtelt man die Risse notdürftig zu.
Die Ironie des Schicksals: Der betroffene Trakt liegt im sogenannten „grünen Bereich“ des Bozner Krankenhauses.
Vielleicht wäre es besser Farbe zu wechseln. In Dunkelrot.