Society | Neuroreha

Fühlen Sie sich gemobbt, Herr Saltuari?

Verlässt Leopold Saltuari das Sterzinger Neuroreha-Projekt endgültig? Warum sich der wissenschaftliche Leiter dem Land Südtirol nicht mehr verpflichtet fühlt.

Herr Saltuari, wie oft müssen Sie noch drohen zu gehen, bis die Neuroreha in Sterzing den Stellenwert erhält, den Sie sich wünschen?
Leopold Saltuari
: Ich brauche nicht mehr drohen zu gehen. Ich habe keinen Vertrag mehr. Die Mitarbeiter in Sterzing haben mich gebeten, sie weiter zu betreuen, und das mache ich ohne irgendein Entgelt, weil ich mich ihnen gegenüber verpflichtet fühle. Doch offiziell sehe ich mich nicht mehr in der Pflicht, mein Vertrag ist mit Jahresende abgelaufen.

Sie sprechen vom Vertrag der Landesverwaltung mit Ihrem Arbeitgeber TirolKliniken, laut dem Sie den Aufbau eines Sterzinger Kompetenzzentrums für Neurorehabilitation als wissenschaftlicher Leiter betreuen. Wird er also nicht mehr verlängert?
Das weiß ich nicht. Kommende Woche wird es ein Treffen mit den Verantwortlichen geben, das warte ich noch ab. Doch bisher ist die Botschaft recht eindeutig. Denn die Landesregierung findet es weder der Mühe wert, mich zu kontaktieren, noch diesbezügliche Anfragen der TirolKliniken zu beantworten. Statt dessen erfahre ich nun aus den Medien,  dass die Intensivbetten nach Brixen verlegt werden sollen, ohne dass irgendjemand mit mir davor darüber gesprochen hätte. Ich bin einfach nur sprachlos.

Rekapitulieren wir noch einmal: Sie beklagen seit Monaten, dass die Intensiv-Betten in Sterzing nicht aktiviert werden können, weil das entsprechende Pflegepersonal fehlt. Statt dieses Personal endlich zu bewilligen, sollen die Betten nun dagegen nach Brixen wandern?
Obwohl dort weder der Raum noch die Ausrüstung dafür besteht, noch mit den Verantwortlichen darüber gesprochen wurde. Ich frage mich wirklich, was das für eine Planung ist. So eine Lösung macht weder für Brixen noch für Sterzing Sinn. Eine solche Abteilung macht nur dann Sinn, wenn es eine Kontinuität der Betreuung gibt.nur 

Also wenn Intensiv-Patienten auf der Abteilung weiterbehandelt werden?
Natürlich, das ist die Basis jeder Neuroreha-Einrichtung. Der Zustand der Patienten verbessert sich ja glücklicherweise, und dann ist die Kontinuität der Behandlung extrem wichtig. Außerdem braucht es auch eine gewisse Anzahl von Betten, damit die Mitarbeiter und Ärzte entsprechend ausgebildet werden können. Da spricht man davon, die Geburtshilfen zu schließen, weil nicht die erforderlichen Frequenzen da sind, und dann will man in der Neuroreha genau das Gegenteil machen?

Die Sterzinger Neuroreha  ist noch unter Gesundheitslandesrat Richard Theiner als eines der Kompetenzzentren im Land angedacht worden, mit denen die Kleinkrankenhäuser aufgewertet werden sollen. Haben Sie den Eindruck, dass Landesrätin Martha Stocker dieser Idee von Beginn an nicht viel abgewinnen konnte?
Dazu kann ich nichts sagen. Ich weiß nur, dass die Neuroreha in Sterzing sehr gut gestartet ist, dass es dort ein Team aus rund 30 Leuten gibt, die hervorragend arbeiten, und dass wir auch mit den bisherigen 15 Betten auf ein positives Feedback gestoßen sind. Der Plan war eben, langsam zu starten, also zuerst die entsprechende Kompetenz aufzubauen, um dann in einem zweiten Schritt die sechs Überwachungsbetten einzurichten. Nun stehen seit gut einem Jahr die Geräte dafür bereit, das ärztliche Personal ist bereit, doch die Landesregierung hat bis heute nicht das nötige Pflegepersonal bewilligt, um sie zu aktivieren.

Wo werden Intensivpatienten jetzt betreut?
Teilweise in anderen Südtiroler Krankenhäusern. Wahrscheinlich liegen auch wesentlich mehr auf Intensivstationen als nötig, da es dort kein entsprechendes Rehabilitationsangebot gibt. Als wir das Projekt in Sterzing begonnen haben, haben unsere Recherchen aber auch ergeben, dass rund 700 Südtiroler Patienten im Jahr im Ausland behandelt werden. Ich bin deshalb nach wie vor davon überzeugt, dass für Südtirol diese Behandlungsmöglichkeit dringend notwendig ist. In Hochzirl haben wir zum Beispiel 74 Betten und über 100 Patienten auf der Warteliste.

Könnte es sein, dass die Landesregierung das Projekt einfach nicht mit Ihnen durchziehen will? Fühlen Sie sich von Martha Stocker gemobbt?
Gemobbt ist ein hässliches Wort. Ich kann nur sagen, ich habe mehrmals geschrieben und nie eine Antwort bekommen. Ich habe sogar vor einigen Monaten mit dem Landeshauptmann eine Aussprache gehabt. Damals hat man mir innerhalb einer Woche eine Antwort versprochen, die ich bis heute nicht bekommen habe. Doch wie gesagt: Auch auf die Anfragen der TirolKliniken gab es bisher keine Reaktion.

Erwarten Sie beim Treffen in der kommenden Woche eine definitive Klärung?  
Die wird es nun endlich geben müssen. Für mich ist auch akzeptabel, wenn das Land Südtirol sagt: Nein, wir haben uns getäuscht, wir wollen das Projekt nicht. Ich würde das zwar unfair den Kollegen in Sterzing gegenüber finden, die jetzt alles mit viel Energie aufgebaut haben. Ich persönlich habe aber kein Problem damit. Was ich aber nicht mehr erträglich finde, ist, dass man weder Ja noch Nein sagt. Und dann auch noch solche Entscheidungen wie jene zu Brixen trifft, ohne nur einmal mit den Verantwortlichen gesprochen zu haben.