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From Russia with Metal

Drei Wochen verbrachte die Meraner Band „Dead Like Juliet“ auf Russland-Tour und zeigte, dass Südtirol mehr als Kastelruther Spatzen und Frei.Wild zu bieten hat.
DLJ Konzert
Foto: Dead Like Juliet

Die Band „Dead Like Juliet“ hat das geschafft, wovon wohl jede Band in Südtirol träumt: Eine Tour im Ausland. Im Sommer verbrachte die 6-köpfige Band drei Wochen in Russland. Ein Interview über russischen Wodka, Rammsteinfans und Umweltschutz.

salto.bz: Ein Highlight in eurer Bandkarriere war sicherlich die Tour in Russland. Welche Erfahrungen konntet ihr dort sammeln?

Dead Like Juliet: Es war eine unglaublich intensive Zeit, wir waren zu acht in einem kleinen Bus gepfercht und der Zeitplan war ziemlich strikt, sodass wir oft direkt nach den Konzerten weitergefahren sind, häufig auch mit zwölf Stunden Fahrzeit. Aber natürlich hatten wir auch angenehme Zeiten und haben sogar ein wenig Sightseeing gemacht. Jeder von uns ist mit vielen wertvollen Erlebnissen heimgekehrt und wir sind als Band und Freunde wirklich zusammengewachsen.

Wie hat euch das Publikum in Russland aufgenommen?

Das russische Publikum war überraschend aufgeschlossen und bei jeder Location haben bereits mehrere Leute gewartet, um Fotos und Autogramme zu bekommen oder einfach nur um mit uns zu sprechen. In der Nähe von Tschetschenien haben wir als erste europäische Band überhaupt ein Konzert gespielt, die Stimmung war da schon besonders.

Was zeichnet das russische Publikum aus?

Das russische Publikum ist enthusiastisch und scheut sich nicht unter der Woche auf ein Konzert zu gehen. Wir hatten selten ein so gutes Publikum, das so mitfeierte und in der Musik aufgeht. Einer der besten Momente war auf dem Taman Festival, wo wir eine offizielle Autogrammstunde hatten und da ein Mann ankam, der extra 2000 km gefahren war - nur um uns zu sehen.

Die Politik in Russland ist ziemlich konservativ. Wie fühlt es sich an als doch ziemlich links eingestellte Band in so einem Land zu spielen?

Wir wussten, dass es gewisse Tabuthemen gibt, über die man besser nicht redet. Allerdings hatten wir Glück, dass sich in der Musikszene hauptsächlich sehr offene Leute bewegen, deswegen gab es nie Missverständnisse oder Auseinandersetzungen. Wir haben natürlich versucht unsere Message zu verbreiten, aber in dem Umfeld, in dem wir uns bewegten, wollte kaum jemand etwas mit Politik zu tun haben, was vielleicht auf einen gewissen Frust gegenüber Politik schließen lässt.

Wie würdet ihr die Musikszene in Russland einschätzen?

Man merkt, dass die Russen viel eigene Musik machen und hören, insbesondere „geremixte“ traditionelle Musik, also russische Volksmusik mit westlichen Einflüssen. Ein Beispiel ist die Band Leningrad, die wohl größte russische Band in unserem Genre. Ansonsten konnten wir unter den Fans unglaublich viele Rammsteinshirts entdecken – die Fangemeinde ist dort riesig.

Stimmen die Klischees vom exzessiven Konsum des Wodkas?

Jein. Bei einem Konzert bekamen wir als Willkommensgeschenk eine 5l-Flasche und bei der ein oder anderen Aftershow gab es selbstgebrannten Wodka. Aber das Klischee, dass anstatt Wasser Wodka getrunken wird, stimmt nicht. Zumindest nicht im westlichen Russland, wo wir waren. In Sibirien kann das natürlich schon ganz anders aussehen.

Welche Klischees hattet ihr sonst noch von Russland vor eurer Tour? Haben sie sich bestätigt?

Autofahren haben wir lieber unserem russischen Fahrer überlassen – da gab es schon die ein oder andere spezielle Situation, die man bei uns nicht kennt. Ein Klischee, das sich leider bestätigt hat, ist der schlechte Umgang mit der Umwelt: Viel ist aus Plastik und wenig nachhaltig, Plastik im Meer ist traurige Realität.

Wie schätzt ihr jetzt Kultur und das Land im Allgemeinen ein?

Unglaublich interessant. Ein Highlight war der Rote Platz in Moskau, die „Mutter-Heimat-Statue“ in Wolgograd und das dazugehörige Areal zum Gedenken an die Schlacht in Stalingrad. Außerdem haben wir innerhalb der drei Wochen gefühlte fünf Klimazonen durchquert, von 17°C bis 50°C, Wüste, Meer, Gebirge, Tundra und Großstadt – das hinterlässt natürlich Eindruck.

Wenn man hört, dass ihr durch Russland getourt habt, denkt man natürlich an den Klischee-Lifestyles eines Rockstars, also „Sex, Drugs, Rock ‘n Roll“. Was ist da dran?

Natürlich macht man nach dem Konzert auch mal gern einen drauf, aber ein Lifestyle à la Lemmy ist weder auf Tour, noch sonst irgendwann, etwas für uns. Das überlassen wir lieber anderen.

In euren Texten greift ihr auch oft gesellschaftliche Thematiken auf. Ist euch eine politische Positionierung wichtig? Kann man das als eine Art Bildungsauftrag verstehen?

Wir finden es wichtig, Ungerechtigkeiten zu kommentieren. Dadurch, dass wir alle in eine gewisse Richtung denken, ist es mehr als logisch, wenn wir das in unseren Texten verarbeiten. Im Grunde geht es uns um eine sozialere Umgangsweise, ein mehr „Aufeinanderaufpassen“ und Menschen zu motivieren sich gegen Ungerechtigkeiten zu wehren, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Aussehen oder ihrer Einstellung.

Wie sehen eure Zukunftspläne aus?

In der Zukunft steht viel bevor: Mitunter ein neues Album, ein neues Konzept und auch ein paar Touren sind in Arbeit. Da auch einige Investitionen anstehen, werden wir wohl eine Kickstarter- Kampagne starten – über Unterstützung freuen wir uns natürlich.