Economy | Kulturwirtschaft

Welchen Wert hat die Kultur?

Die Handelskammer präsentiert eine Studie, die den wirtschaftlichen Wert der kulturellen und kreativen Sektoren analysiert: 17.000 Arbeitsplätze und 5% der Wertschöpfung.
Stadttheater Bozen
Foto: Hannes Prousch

Kunst. Kultur. Kreativität. Die drei Begriffe werden häufig in einem Atemzug genannt. Was aber ist Kultur und wo liegen die Grenzen der Kreativität? Wie schwierig es ist, die Kultur- und Kreativwirtschaft von anderen Sektoren abzuschirmen und ihren ökonomischen Wert in absoluten Zahlen wiederzugeben, zeigt die am heutigen Donnerstag präsentierte Studie vom Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) der Bozner Handelskammer über die wirtschaftliche Bedeutung der Kultur in Südtirol.

Eine Studie, die von der Landesregierung in Auftrag gegeben und auch von den Oppositionsparteien immer wieder gefordert wurde. Es gehe darum, der Kultur, die - wie der zuständige Landesrat Philipp Achammer betont - keine wirtschaftliche Rechtfertigung bräuchten, im öffentlichen Diskurs den Rücken zu stärken, indem der Mehrwert der Kultur- und Kreativwirtschaft quantitativ ausgedrückt wird.

Mit der Studie sollen - so Achammer - drei scheinbare Widersprüche aus dem Weg geräumt werden. Der scheinbare Widerspruch zwischen Kultur- und Wirtschaftsförderung. Der Widerspruch zwischen Kultur und Innovation. Und letztlich auch der Widerspruch zwischen essenziellen und scheinbar zweitrangigen Bereichen wie der Kultur- und Kreativwirtschaft.

 

Wie aus der Studie hervorgeht, stellt die Kultur- und Kreativwirtschaft (die über sektorale und berufsgruppenorientierte Ansätze definiert wird*) nämlich selbst einen wichtigen Wirtschaftszweig dar, der rund 4,6 Prozent der Gesamtwertschöpfung Südtirols ausmacht. Und auch mit Blick auf das Beschäftigungspotenzial, spielt der Sektor eine wichtige Rolle: 5,6 Prozent von Südtirols arbeitender Bevölkerung sind in Sektoren wie Design, Architektur, darstellenden oder visuellen Künsten beschäftigt. Wobei auffällt, dass ein ausgeglichenes Niveau zwischen Männern und Frauen vorliegt und die Beschäftigten auf ganz unterschiedliche Bildungsniveaus zurückgreifen können.

 

Standortfaktor Kultur

 

Neben diesem quantitativ dargestellten Wert tragen die Kultur- und Kreativwirtschaft aber auch maßgeblich zur Lebensqualität und Attraktivität der Provinz (Stichwort: Brain Drain) sowie der Innovationsleistung, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit anderer Sektoren bei. Und auch die politische und gesellschaftliche Teilnahme der Bevölkerung werden über die Kultur- und Kreativwirtschaft gefördert. Wie der Amtsdirektor für italienische Kultur, Antonio Lampis betont: “Solo una cultura vivace può trattenere una popolazione e i loro figli sul territorio”.

 

Was investiert wird, kommt vielfach zurück

 

Neben dem Wertschöpfungs- und Beschäftigungspotential der Kultur- und Kreativwirtschaft hat sich die Studie auch mit den direkten Effekten der öffentlichen Ausgaben auf den Sektor selbst und die Wirtschaft insgesamt beschäftigt. So wird in der Studie argumentiert, dass sich die öffentlichen Kulturausgaben des Landes Südtirol - gemessen an den Ausgaben der drei Kulturabteilungen der Südtiroler Landesverwaltung sowie den Kultureinrichtungen, die vom Land Südtirol finanziell unterstützt werden - zwischen 2016 und 2018 im Schnitt auf 147,7 Millionen jährlich beliefen. Auf diese Ausgaben ließen sich jährlich durchschnittlich 161,2 Millionen Euro an Bruttowertschöpfung in Südtirol zurückführen. Die Bilanz ist also durchwegs positiv. 

Wie der Team K Abgeordnete Alex Ploner erklärt, seien diese Zahlen vor allem was die Investitionen betrifft, aber mit Vorsicht zu genießen: “Würden wir tatsächlich 147 Millionen in die Kultur investieren, wäre das großartig. Im Moment belaufen sich die Ausgaben, die die Kreativen selbst fördern, aber auf rund 40 Millionen Euro. Die restlichen 100 Millionen fließen in Infrastruktur, Verwaltung und andere Leistungen, die zwar dem Sektor zu Gute kommen, aber kaum die Kreativen selbst, die Software der Kultur- und Kreativwirtschaft fördern".

Dabei müssten vor allem neue und stabile Rahmenbedingungen erstellt werden, die den Kulturschaffenden eine soziale Absicherung garantieren können. “Auf diese Weise könnten wir ein attraktives Territorium für Kulturschaffende kreieren”, so Ploner. “Im Moment laufen die Investitionen häufig auf bereits existierende Projekte und Zuschüsse für diesen oder den anderen Bereich hinaus. Was es bräuchte, wäre eine ganzheitliche Strategie und die Schaffung einer stabilen Basis für Kulturschaffende”, so Ploner, der im Landtag bereits ähnliche Forderungen eingebracht hatte.