Politics | Frankreich-Wahl
Die Macron-Revolution
Foto: upi
Die Meinungsumfragen haben diesmal alles richtig vorausgesagt: im Duell um die französische Präsidentschaft stehen sich Marine Le Pen und Emmanuel Macron gegenüber. Beide versprechen einen radikalen Bruch mit der bisher üblichen Politik, eine grundsätzliche Erneuerung, inhaltlich und im Stil. Aus Enttäuschung und Misstrauen haben die WählerInnen die traditionellen Parteien, Konservative und Sozialdemokraten, die seit Jahrzehnten abwechselnd das Land regiert haben, abgestraft, ja geradezu eliminiert. Am 7. Mai stehen sich nun zwei diametral entgegengesetzte Kräfte gegenüber. Hier Nationalismus, Abschottung, Protektionismus und Fremdenfeindlichkeit – dort Weltoffenheit, EU-Befürwortung, Globalisierung und Modernisierung als Chance.
Bunkermentalität gegen Hoffnung auf das Neue
Marine Le Pen und ihr Front National versprechen, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Die Nation soll wieder groß werden. Wie? Raus aus der EU, aus dem Euro und aus dem integrierten Militärkommando der Nato. Die nationale Souveränität soll wieder Vorrang gegenüber den weltweit verflochtenen Prozessen in Finanz, Wirtschaft, Produktion und Handel haben. Die seit Jahrzehnten durch Migration und Mobilität erfolgte Durchmischung der Bevölkerung will der Front National durch Schließung der Grenzen und Benachteiligung aller Ausländer revidieren. Also zurück zum heroischen Gallier-Dorf von Asterix und Obelix, nur hat Le Pen keinen Druiden mit magischem Zaubertrunk zur Hand.
Worin sein Zaubertrunk für die Erneuerung des Landes besteht, konnte allerdings auch Emmanuel Macron bisher nicht konkret veranschaulichen. Seine „magischen“ Schlagworte von der Entfesselung der Wirtschaft durch Innovation, Bildung, Investitionsschub, Entbürokratisierung und Deregulierung verstaubter Systeme sind spätestens seit Tony Blair (New Labour!), Gerhard Schröder und Matteo Renzi auch nicht neu. Seine Anziehungskraft und sein Erfolg erklären sich am ehesten durch seinen charismatisch verkörperten Zukunftsoptimismus. Während im Zentrum des Wahlkampfs all seiner Konkurrenten die heutigen Krisen und Katastrophenszenarien standen, verkündete Macron – oft rhetorisch überhöht – die Heil spendende Kraft des Neuen. Neue Art Politik zu machen – nicht mehr Links oder Rechts, sondern von beiden das Beste nehmend in der Mitte. Die Franzosen nicht mehr spalten, sondern einigen. Nicht allein gegen die Welt, sondern gemeinsam in einer starken EU für eine gerechtere Welt kämpfen.
Warum Emmanuel Macron gewinnen wird
Marine Le Pen stellt sich im schon gestern Abend begonnenen Duell mit Macron als die Vertreterin des einfachen Volkes und als Speerspitze im Kampf gegen die ungezügelte Globalisierung dar – und ihr Gegenüber als den Vertreter der Finanz, der Mächtigen, des Establishments, der Eliten. Sie wird bei der Stichwahl unweigerlich einen Teil der enttäuschten Konservativen auf ihre Seite ziehen können. Und wenn von den extrem EU-skeptischen und globalisierungs-kritischen Wählern des Linksaußen Jean-Luc Mélenchon wenige direkt zu Le Pen überlaufen werden, bleibt doch offen, wie viele von ihnen sich überwinden und Macron die Stimme geben werden, anstatt einfach zuhause zu bleiben.
Macron hingegen erhielt unverzüglich die öffentliche Unterstützung der meisten konservativen und bürgerlichen Parteigranden, der Sozialdemokraten und vieler Persönlichkeiten. Und die diesmal richtig gelegenen Umfragen prognostizieren seit Monaten für den Fall eines Duells Macron-Le Pen ein Ergebnis zwischen 35-65% und 40-60% für Macron. Natürlich sind dramatische Überraschungen nicht ausgeschlossen. Wenn etwa ein spektakulärer Skandal um Macron ans Licht käme, oder – noch viel schlimmer – wenn ein neuerliches blutiges Massaker durch Terror wie in der Diskothek Bataclan oder in Nizza die Bevölkerung verstören würde.
Was die Regierungsfähigkeit des jungen Macron im Falle seines Sieges betrifft, ist hingegen wesentlich komplexer. Denn mit den 250tausend Aktivisten seiner in einem Jahr aufgebauten Bewegung „En Marche!“ wird er bei den Parlamentswahlen wenige Wochen nach der Präsidentenwahl schwerlich eine Mehrheit in der Nationalversammlung erreichen. Also wird es Bündnisse und möglicherweise sogar die Unterstützung der Konservativen brauchen.
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Kommt dir nicht auch vor,
Kommt dir nicht auch vor, dass der eventuelle Wahlsieger Macron als Rotschild-Bankier und Neoliberaler ein Wegbereiter für weitere Verarmung der Arbeitenden sein dürfte und insofern der M.me Le Pen in Zukunft weitere Wählerstimmen verschaffen dürfte? Besteht denn keine Alternative für ein anderes Europa, für ein Europa der Solidarität statt für eines der Konzerne?