Society | Liederszene

"Wenn wir sie grüßen wollen, schauen sie weg"

Als deutscher Südtiroler darf man auf youtube Videos posten, die anrüchig sind und gewalttätig? Aber als Migrantenkind nicht. Ein Vergleich.

"Des isch oanfoch lai schrecklich wie de tian, sie kemmen zu ins inna uns sein mit nichts zufrieden wos mir tian", sagt eine junge Südtirolin am 20. Mai auf Südtirol heute.

Schrecklich, die anderen
Sie, das ist die Brixner Gruppe Ghetto Milland. Schiro Gabrieli, 16 Jahre aus Brixen wundert sich über die Aufregung. Rap will Aufsehen erregen, Rap benutzt eine harte Sprache, Gabrieli sagt ganz klar: "Es tut mir nicht leid, jetzt weiß jeder wie sie uns behandeln. (...) Wenn wir etwas essen gehen oder unterwegs sind, dann schauen uns alle komisch an. Wenn wir grüßen und reden wollen, schauen sie schnell weg."

Wissen es alle?
Doch wer will das wirklich wissen? Das Lied der drei jungen Brixner ist über ein Jahr alt, Sigmar Stocker fragt nun vorsichtshalber die Südtiroler Landesregierung "Wurde das Jungendamt informiert?" Auf barfuss.it ein Kommentar, der sitzt. Hat Sigmar Stocker schon mal MC Rotzbua gehört?

Der Umgang mit den Sünden der Jugend hängt in der Praxis anscheinend auch von der Zugehörigkeit zum richtigen Lager ab. Während Liedtexte à la „Ich hasse diese ganze scheiß Gesellschaft, diese Neger und Yugos, werden sesshaft“, wie sie Philipp Burger von „Frei.Wild“ im 20. Lebensjahr gesungen hatte, als lächerliche Jugendsünde abgetan werden, scheint der sonst so gern verwendete Persilschein bei ausländischen Mitbürgern zu streiken. Dabei zeigen Textstellen aus „Ghetto Milland“ wie „Noi siamo zigi, marocchini, pachistani e un branco di negri, che si uccide per portare a casa un po' di beni. Fate voi la nostra vita e poi vedrete quanto è duro stare in linea“ deutlich mehr Reflexionswillen, als es die „Kaiserjäger“ mit ihrer plumpen Großdeutschland-Romantik je beweisen durften. Den ganzen Kommentar auf barfuss.it finden Sie hier.

Manuel Profunser von Gruppe "homies 4 life" sagte im Februar 2014 zu salto.bz:

Ich finde, es wird von den Parteien oft ausgenutzt, wir Jugendliche werden gegeneinander aufgehetzt. Die einen sagen ihr gehört nicht dazu, weil ihr Deutsche seid. Die anderen sagen,  ihr gehört nicht dazu, weil ihr Italiener seid. Aber es kann doch nicht um die Sprache gehen.

Wer ist gewaltbereit?
Und während mit den Jungs von Ghetto Milland Jugendarbeiter, die Brixner Stadträtin Elda Letrari und ganz Südtirol spricht, haben MC Rotzbua 32.000 Facebook-Aufrufe. Und singen ungeniert weiter: "Schäbige Rotzgitsch, schmutzigs Gsindl, 14 Johre, mittn Lippenstift und gscheide...i doreiss enk enkra Jungfraufeige (...) I scheiß auf die Jungschar, i scheiß auf die Ministrontn, i scheiß afn Kooprator, affn scheiß Marischallo."