Bau: Weniger Bürokratie statt Populismus
Es klingt wie die rettende Nachricht für viele Opfer einer tiefen Krise: „Es kann nicht angehen, dass kleine Firmen, die als Subunternehmer auf unseren Baustellen arbeiten, wegen der Pleite ihrer Auftraggeber durch die Finger schauen", donnerte Landeshauptmann Luis Durnwalder nach der Montagssitzung der Landesregierung. Um dies künftig zu vermeiden, habe die Landesregierung beschlossen, in Zukunft bereits in die Ausschreibung eine Klausel aufzunehmen, die es erlaubt, Subunternehmer direkt zu bezahlen. Dies soll auch schon für Teilabrechnungen gelten, aus denen genau ersichtlich werden müsse, welche Leistungen von Subunternehmern erbracht worden sind. „Ist eine Baufirma mit dieser Klausel nicht einverstanden, dann kann sie sich an der Ausschreibung auch nicht beteiligen", so der Landeshauptmann.
Können sich Südtirols Baufirmen also nun vor dem Hintergrund wankender Bauriesen wie der ZH wieder sicherer fühlen? Zumindest für den Präsidenten des Kollegiums der Bauunternehmer Thomas Ausserhofer lautet die Antwort: nein. Für ihn ist die heutige Nachricht aus dem Palais Widmann vor allem eines: populistisch. „Denn hier wird nicht das Symptom bekämpft, sondern nur eine seiner Auswirkungen“, sagt er. Einerseits sei die Weitergabe von Aufträgen an Subunternehmer nur eine von fünf Leistungen am Bau, bei dem es regelmäßig zu Zahlungsausfällen komme. Andererseits ändere eine Direktzahlung der Subunternehmer nichts an einer der Hauptursachen für die schlechte Zahlungsmoral in der Branche: einem bürokratischen und komplizierten Zahlungssystem.
Um seine Arbeit von der öffentlichen Hand bezahlt zu bekommen, muss im Bausektor zuerst jeder Baufortschritt abgenommen werden. „Und ein Baufortschritt bedeutet zwei Ordner an Dokumenten“, sagt Ausserhofer. Da bei dieser Menge fast immer „irgendwo eine Unterschrift fehlt“, würden mit dem bürokratischen Iter bis zur Rechnungsstellung meist Monate vergehen. Die Folge? „Wenn die Arbeiten feierlich eingeweiht werden, haben wir oft gerade einmal 20 Prozent der Leistungen gezahlt bekommen“, sagt der Präsident der Baukollegiums.
Dieser hohe Grad an Vorfinanzierung überfordere vor allem in Zeiten der Krise die meisten Unternehmen und ziehe eine ganze Kette an Reaktionen nach sich. Darunter die zu späte Zahlung von Lieferanten und damit auch die verzögerten Warnsignale im Falle von bereits existierenden Schieflagen von Unternehmen. „Da sich alle Zahlungen derart in die Länge ziehen, merken Lieferanten viel zu spät, dass ein Unternehmen nicht liquide ist“, so Ausserhofer. Statt ihre Leistungen rechtzeitig einzustellen, würden sie weiter liefern – bis es zu spät ist. Würden die Baufortschritte dagegen in regelmäßigen Rhythmen bezahlt, könnte sich dieser Teufelskreis lösen.
Was aber kann die Landesregierung machen, wenn das italienische Gesetz solch bürokratische Auflagen vorsieht? „Sie abändern", meint Ausserhofer. Denn in diesem Bereich hätte die Provinz Bozen primäre Kompetenz – sprich die Lizenz, das grundlegende Problem über Entbürokratisierung zu lösen. Die heute getroffene Maßnahme trage jedoch genau zum Gegenteil bei: Sie bringe laut Ausserhofer noch einmal zusätzliche Bürokratie mit sich.