Economy | Wohlstand

Produktive Unternehmen halten

Wie kann der Wohlstand in Südtirol trotz des demografischen Wandels aufrecht erhalten werden? Eine neue Studie des WIFO gibt darüber Auskunft.
HK
Foto: Handelskammer
  • Das WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hat heute (24. Juli) im Beisein von Wirtschaftslandesrat Marco Galateo seine neueste Studie zur demographischen Entwicklung vorgestellt. Darin ging es vorrangig um die Frage, wie durch eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und der Produktivität den negativen Folgen entgegengewirkt werden kann. Thematisiert wurde dabei auch die Rolle von innovativen Unternehmen wie beispielsweise Alpitronic und die Frage, ob es gelingt, dieses Unternehmen in Südtirol zu halten.

  • Thomas Schatzer, Co-Autor der WIFO-Studie: Produktivität, Zuwanderung, Anhebung des Rentenalters, Beschäftigungsgrad und Arbeitsstunden sind die Stellschrauben, mit denen der Wohlstand erhalten werden kann. Foto: SALTO
  • Der demografische Wandel

    Nachdem es in Zukunft immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter und immer mehr Menschen im Rentenalter geben wird, wirkt sich diese Entwicklung zwangsläufig auf den Wohlstand aus bzw. besteht die Gefahr, dass der derzeitige Wohlstandslevel nicht gehalten werden kann. Wie Urban Perkmann, Direktor des Amtes für Studien beim WIFO, erklärte, wird es zu einer Verarmung der Bevölkerung kommen, wenn man dem demografischen Wandel nicht entgegen tritt und entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Die Veränderung in der Altersstruktur der Gesellschaft hat nämlich weitreichende Folgen für den Wohlstand der Südtirolerinnen und Südtiroler: Blieben die Erwerbsbeteiligung und die Produktivität auf dem heutigen Niveau, würde der Wohlstand der Südtiroler Bevölkerung, gemessen als Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, aufgrund des demografischen Wandels bis zum Jahr 2050 um rund 13,6 Prozent sinken.

  • Den Wohlstand halten

    Bis zum Jahr 2050 wird die Bevölkerung Südtirols laut Prognosen des ISTAT zwar auf etwas mehr als 575.000 Personen anwachsen. Dies entspricht einem Bevölkerungszuwachs von rund 8 Prozent gegenüber heute. Die Alterung der Gesellschaft, wie sie in den letzten 20 Jahren stattgefunden hat, wird sich aber weiter fortsetzen und in Zukunft noch verstärken. Kamen im Jahr 2000 noch etwa vier Personen im erwerbsfähigen Alter (20 bis 64 Jahre) auf eine Person im Rentenalter (65 Jahre und älter), so sind es heute nur noch drei. Ab etwa 2045 werden schließlich nur noch zwei Personen im erwerbsfähigen Alter einer Person im Rentenalter gegenüberstehen.

    Damit der Wohlstand auf dem heutigen Niveau gehalten und langfristig gesichert werden kann, ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren und wirtschaftspolitischer Maßnahmen erforderlich. Wie Perkmann und Thomas Schatzer, Co-Autor der Studie, erklärten, könne dem Wohlstandsverlust zum einen durch eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität und zum anderen durch eine Steigerung des Arbeitsvolumens, beispielsweise durch eine Erhöhung der Erwerbsquote, eine Anhebung des Renteneintrittsalters oder eine Verringerung der Abwanderung von Südtiroler Arbeitskräften, entgegengewirkt werden. 

    „Sowohl bei der Erwerbsbeteiligung der Frauen als auch bei jener der Männer besteht noch Potenzial nach oben. Um die Erwerbstätigenquote zu erhöhen sind Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie verlängerte Kinderbetreuungszeiten und flexible Arbeitszeiten notwendig. Ebenfalls gilt es der Abwanderung von jungen Südtiroler Arbeitskräften entgegenzuwirken. Hier stellt die Schaffung von leistbarem Wohnraum vor allem für den Mittelstand eine besondere Herausforderung dar“, betont Handelskammerpräsident Michl Ebner.

    „Die Steigerung der Arbeitsproduktivität ist für die Sicherung des Wohlstandes unabdingbar. Innovationen sowie gut ausgebildete und hochqualifizierte Arbeitskräfte sind hierfür entscheidend. Darüber hinaus gilt es, bessere Entwicklungschancen für hochproduktive Sektoren wie das verarbeitende Gewerbe zu schaffen, wobei vor allem das Wachstum bestehender Unternehmen unterstützt werden muss“, ergänzt Marco Galateo, Landeshauptmannstellvertreter und Landesrat für wirtschaftliche Entwicklung.

  • Ist Terlan vom Tisch?

    Im Rahmen der Pressekonferenz wurde auch die Situation des Schnelladesäulenherstellers Alpitronic angesprochen. Wie berichtet, gibt es seit Jahren eine teils heftige Diskussion rund um die Betriebsansiedlung in der Gemeinde Terlan. Kritiker, zu denen Gemeinderäte und Vertreter von Umweltgruppen gehören, befürchten zu starke negative Folgen für das Dorf und seiner Bevölkerung. Für die Befürworter steht der wirtschaftliche Nutzen und der Nutzen für die Allgemeinheit im Vordergrund.

    Wie Wirtschaftslandesrat Marco Galateo auf die Frage eines Journalisten erklärte, könne er sich zu den derzeit laufenden Verhandlungen bzgl. des Standortes nicht äußern. Informationen darüber könnten diese nämlich entscheidend beeinflussen. „Das Land wird – falls erforderlich – dabei helfen, nach einer Lösung zu suchen“, so Galateo. Nachdem sich die Gemeinde Terlan entschieden gegen eine Ansiedelung von Alpitronic ausgesprochen habe und das Unternehmen seinerseits keine Entscheidung erzwingen wolle, sei es jedoch nicht Aufgabe des Landes, Schritte in diese Richtung zu forcieren, so Galateo. „Ich kann jedoch sagen, dass in Kürze eine Entscheidung fallen wird“, erklärte der Wirtschaftslandesrat, der betonte, dass diese wohl darauf hinauslaufen werde, Alpitronic in Südtirol zu halten. Das Unternehmen selbst teilt auf Nachfrage mit, dass es im Hinblick auf das Standortthema für den Moment keine Neuigkeiten gebe. Wie bereits im Rahmen einer Pressekonferenz, welche im vergangenen April stattgefunden hatte, mitgeteilt wurde, suche man weiter nach Möglichkeiten und Lösungen.

    Foto: alpitronic
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Hans Punter Wed, 07/24/2024 - 16:48

Wohlstand wird halt immer an der Menge an Gütern gemessen, die zu konsumieren wir uns leisten können. Vielleicht ist es an der Zeit, zu einem neuen Wohlstandsbegriff zu kommen. Klimakrise lässt grüssen.

Wed, 07/24/2024 - 16:48 Permalink
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Klemens Riegler Fri, 07/26/2024 - 21:42

Diese Studie, bzw. wohl die Interpretation, ist für mich nichts anderes als Schwachsinn.
1. kann dem demografischen Wandel nicht entgegen getreten werden. Der passiert einfach! … bzw. bräuchte es extrem hohe Zuwanderung oder viel mehr Geburten… schnell noch dazu!
2. ist der Begriff WOHLSTAND wohl neu zu definieren. Mit dem demokratischen Wandel und dem aktuellen Steuer- und Erbrecht wird sich nur das Vermögen und der Reichtum (damit ist wohl Wohlstand gemeint) noch ungerechter verteilen als bisher. Die Schere geht also noch weiter auseinander. Heute Wohlhabende werden also ohne zu arbeiten noch wohlhabender. Nur wer nix hat wird zur armen S..
3. wenn wir alle hingegen mit etwas weniger zufrieden sind, dann sind wir auch mit MINUS 13% noch sehr WOHLHABEND. Speziell wenn wir anerkennen in welch privilegierter Situation wir leben dürfen … in Südtirol

Fri, 07/26/2024 - 21:42 Permalink