Culture | Meran

Röschs Watschen

Die Finanzlage des Ost West Clubs ist alles andere als rosig. Die Mitglieder möchten "endlich mehr Rückenwind" von der Gemeinde. BM Rösch bittet um Verständnis und Zeit.

Ernüchterung. Ein Wort genügt, um die Stimmung, die am Mittwoch Abend der vorigen Woche in der Meraner Passeirergasse herrscht, zu beschreiben. Gerade hat Bürgermeister Paul Rösch das Lokal des Ost West Clubs ver- und viele enttäuschte Gesichter zurückgelassen. “So bald wird sich hier wohl nichts ändern”, murmelt einer. Zwei Stunden lang war Merans Stadtoberhaupt zu Gast und hat den Anwesenden im Rahmen der Diskussionsveranstaltung “Macht und Ohnmacht an der Passer” Rede und Antwort gestanden. Eine Frage, die vielen, die an diesem Abend dabei sind, unter den Nägeln brennt, ist weniger, wie es mit Paul Rösch weitergeht. Vielmehr interessiert sie, was mit “ihrem” Club passiert.

Die neue Standortsuche zieht sich hin, das in Frage kommende Bersaglio-Gebäude in der Nähe des Meraner Freibads könnte frühestens in mehreren Monaten so weit hergerichtet sein, dass der größte alternative Kulturverein der Stadt dort einziehen könnte. Zur Zeit laufen die Gespräche noch, und “über ungelegte Eier wollen wir nicht reden”, heißt es aus dem Vereinsvorstand. Doch dort hat man aktuell noch ganz andere Probleme. Denn in den Vereinskassen klafft ein großes Loch. Einer, der helfen könnte, es zu stopfen, ist Paul Rösch. Der Bürgermeister findet am Mittwoch Abend lobende Worte für das Engagement der Kulturschaffenden. Mehr ist dann aber auch nicht drin. Die Enttäuschung ist an diesem Abend greifbar. “Zuerst lobt er den Club für sene Arbeit, und dann druckst er wegen der Aufstockung der Beiträge um einige tausend Euro herum”, ist nur ein Spruch, der fällt.


Die zweite Geige

Im Vorstand will sich niemand offiziell zur Sache äußern. Die prekäre finanzielle Situation ist aber auch unter den Mitgliedern nicht unbemerkt geblieben. Auch weil vor kurzem die Preise für Speisen und Getränke im Club angehoben worden sind. Einige Mitglieder haben sich zusammengeschlossen und die neue Ideensammelstelle der Gemeinde genutzt, um für mehr Unterstützung zu werben. Die Likes auf Facebook nähern sich der 1.000er-Marke an. Ein Zeichen dafür, dass der Ost West ein Thema ist, das die Meraner beschäftigt. Das ist auch am Mittwoch Abend zu spüren. Mehrmals wird Bürgermeister Rösch danach gefragt, warum es nicht mehr Rückenwind für den Club gibt, der sein Programm Jahr für Jahr erweitert, mehr und mehr Menschen aus dem ganzen Land zu seinen Mitgliedern zählen kann und inzwischen zwei Mitarbeiter in Teilzeit beschäftigt.


Paul Rösch: “Der Ost West Club kann nicht rechts liegen gelassen werden.”

“Wir haben uns in den vergangenen Jahren bemüht, Mängel und Fehler zu beheben und die Tätigkeiten transparent zu machen”, berichtet Besay Mayer von den Anstrengungen, den Ost West Club an die geltenden Vorschriften anzupassen. Als ehemaliger Präsident kennt Mayer den Werdegang des Kulturvereins in- und auswendig und erklärt: “In den letzten fünf Jahren ist der Club durch den Einsatz vieler Freiwilliger und eines großartigen Teams aufgeblüht.” Auch finanziell zeigt der großteils ehrenamtliche Einsatz Früchte. Das Land fördert den Club inzwischen mit knapp 30.000 Euro im Jahr. Auch die Stiftung Südtiroler Sparkasse und die inzwischen in die Alperia eingeflossenen Etschwerke zählen zu den Gönnern. Dazu kommen die Mitgliedsbeiträge, die jedes Jahr kassiert werden. Einzig von der Gemeinde Meran fühlt man sich nach wie vor stiefmütterlich behandelt. Rund ein Zehntel der Landesbeiträge beträgt die Summe, die Stadtverwaltung dem Verein bisher jährlich zur Verfügung stellt. Mit dem Amtsantritt von Paul Rösch kommt neue Hoffnung auf. Viel Wahlkampf hatte Rösch als Bürgermeisterkandidat mit und in den Kreisen der alternativen Kulturszene gemacht. Taten sind den Worten aber bislang nicht gefolgt. “Hat sich der Ost West Club nicht die gleiche Wertschätzung vonseiten der Gemeinde verdient, die ihm auch vom Land zuteil wird?”, fragen sich einige verwunderte Clubmitglieder.


Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

2015 war das erfolgreichste Jahr in der Vereinsgeschichte: 2.423 Mitglieder zählte der Ost West Club zum 31. Dezember, tausend mehr als noch im Jahr davor. An 156 Tagen, an dem das Vereinslokal in der Passeirergasse 2015 geöffnet war, wurde es insgesamt 22.650 Mal besucht. Das sind durchschnittlich 115 Mitglieder pro Abend. “Wir stehen in der Mitte der Gesellschaft”, wird man nicht müde zu betonen. Als Beleg dafür lässt man Zahlen sprechen. 164 Veranstaltungen gab es 2015 im Club: Musik, Tanz, Film, Literatur, Spiele, Diskussionen, Ausstellungen, Poetry Slams und Repair Cafés. Das alles kostet Geld. Dazu kommen Spesen für Miete, Sicherheitspersonal, und nicht zuletzt müssen auch die Verwaltungsstrafen, die regelmäßig von der Gemeinde ausgestellt werden, bezahlt werden: “2015 waren das rund 3.000 Euro, also ungefähr so viel, wie von der Gemeinde an Beiträgen eingegangen sind.”


Eine der jüngsten Veranstaltungen im Ost West Club: ein Workshop mit dem Meraner Künstler Paolo Mennea, der aktuell in Fuerte Ventura lebt.

All die Sorgen, die man sich im Ost West Club macht, sind Paul Rösch bekannt. “Die Beiträge vonseiten der Gemeinde reichen natürlich nicht aus, die 3.500 Euro sind eine Watschen”, sagt er vor versammeltem Publikum. Trotzdem sei es schwer, in absehbarer Zeit etwas daran zu ändern. Dem Bürgermeister scheinen die Hände gebunden. “Wenn der Ost West Club, dessen Arbeit übrigens überall geschätzt wird und vor dem ich selbst Hochachtung habe, mehr Beiträge bekommen soll, bedeutet das, dass jemand anderem etwas weggenommen werden müsste”, erklärt er. Und das gehe momentan einfach nicht: “Der Kuchen, den es auf die einzelnen Bereiche zu verteilen gilt, ist immer gleich groß und es gibt Erbhöfe, die auf ihr Küchenstücke nicht so einfach verzichten werden.”


Kommt Zeit, kommt Geld?

Dieser Sager kommt im Club aber nicht gut an. “Wir sind all das, was Rösch vor den Wahlen propagiert und verkündet hat, sich von einem neuen Meran zu wünschen: keine institutionelle, von von oben übergestülpte Initiative, sondern partizipativ, sprachgruppenübergreifend, abseits jedweder Parteiklüngel, unangepasst, jung, anders”, bringt es ein Mitglied auf den Punkt. Daher sei es endlich an der Zeit, “den Einsatz entsprechend zu honorieren”, meint auch Besay Mayer.

“Bitte, lasst uns etwas Zeit”, versucht Paul Rösch zu beruhigen. Er will, wie im Regierungsprogramm festgehalten, die Vergabekriterien für Kulturinitiativen und -projekte überarbeiten. Gemeinsam mit den Kulturschaffenden selbst. “Dem freien Ermessen bei der Gewährung der Zuschüsse soll zugunsten einer rationellen Aufteilung der Ressourcen immer weniger Spielraum gelassen werden”, so steht es im Koalitionspapier. Versehen ist diese Maßnahme mit dem Buchstaben A – “vordringlich” bedeutet das. “Nach dem Sommer wird die Sache angegangen”, stellt Rösch in Aussicht. In der Zwischenzeit will der Bürgermeister sich aber weiterhin darum kümmern, dass der Verein im Bersaglio eine neue Bleibe findet. Denn, und davon ist Rösch auch neun Monate nach seiner Wahl überzeugt: “Der Ost West Club kann nicht rechts liegen gelassen werden.”