Environment | Tierschutz

Abschuss in Perdonig

Oberhalb von Eppan sind zwei Gruppen Mufflons aufgetaucht. Die Landesbehörden wollen die Wildschafe abschießen. Doch die Bevölkerung macht dagegen mobil.
Mufflon
Foto: upi
Die Tiere tun niemandem etwas zu Leide“, sagt der Mann, „und es sind auch Jungtiere darunter“. Der Bauer aus der Eppaner Fraktion Perdonig ist sichtlich empört: „Und jetzt sollen sie einfach abgeknallt werden.“ 
Er ist nicht der Einzige, der so denkt. Vergangene Woche hielt oberhalb von Perdonig in Gaid ein Jagdaufseher Ausschau nach den Tieren. Eine Dorfbewohnerin hat sich lauthals darüber empört, dass das Land so vorgehen kann. „Es ist unsere Pflicht, wir können hier nichts anders tun“, rechtfertigt Luigi Spagnolli, Direktor des Landesamtes für Jagd und Fischerei die Gangart der Behörden.
Spagnolli nimmt sich kein Blatt vor den Mund: „Ich werde demnächst den Abschussbefehl erteilen müssen“.
Spätestens damit aber dürfte diese Geschichte noch einige Wellen schlagen.
 

Die Mufflons

 
Vor ein paar Wochen sind in der Perdonig und in Gaid zwei Gruppen von sogenannten Mufflons aufgetaucht. Insgesamt sind es acht bis zehn Tiere, die friedlich am Waldrand und auf den Wiesen grasen. 
 
Unter den Begriff Mufflon werden mehrere Arten des Wildschafs zusammengefasst. Der europäische Mufflon, der unter Jägern auch Muffelwild oder kurz Muffel genannt wird, stammt ursprünglich aus Korsika und Sardinien. Inzwischen wurde das Wildschaf aber vor allem in den mittel- und osteuropäischen Ländern wie Tschechien, Ungarn, Deutschland, Österreich, Deutschland, Frankreich, Slowakei, Serbien, Kroatien und Bulgarien wiederangesiedelt. Rund 60.000 Tiere leben heute in diesen Ländern.
Obwohl die Mufflons von den Tierschutzorganisationen als gefährdet eingestuft werden, ist fast überall in Europa die Jagd auf die Tiere erlaubt. So werden in Deutschland jährlich rund 8.000 Müffel und in Österreich 2.500 Tiere von den Jägern geschossen.
Größere Mufflon-Kolonien gibt es auch im benachbarten Trentino. So etwa im Fassatal, oder am Nonsberg und im Val di Sole. Der Gesamtbestand der Tiere im Trentino liegt dabei bei über 1.000 Stück. Von den Jägern werden in der Nachbarregion rund 50 Tiere im Jahr erlegt.
 

Nicht heimisch

 
In Südtirol gibt es keine solchen Müffel. Doch es passierte immer wieder, dass sich Tiere oder Gruppen ins Land verirren. So sind mehrmals Tiere aus dem Fassatal über den Rosengarten auf die Seiseralm gewandert. Auch sie wurden am Ende erschossen.
Auch die Gruppe in Perdonig dürfte aus dem Nonstal über den Penegal und den Gantkofel nach Gaid und Perdonig gewandert sein. „Wir wissen nicht genau wo sie herkommen“, sagt Luigi Spagnolli.
Die gesetzliche Regelung und die Vorgangsweise aber sind klar definiert. „Es handelt sich nicht um eine autochthone Tierart“, sagt Spagnolli, „damit stehen sie auch nicht unter Schutz“. Ganz im Gegenteil: Es sei Aufgabe der Jagdbehörden die Einwanderung und Ausbreitung von in Südtirol nicht heimischen Tierarten zu verhindern. „Diese Tiere könnten zum Beispiel Krankheiten übertragen“, meint der Amtsdirektor und langjährige Bozner Bürgermeister.
 
Tatsache ist, dass Mufflons in vielen Gegenden nicht nur als eine Art „Geschenk für die Jäger“ gelten, weil sie jagdbar sind. In Südtirol geistert auch eine andere Angst um. Denn Müffel sind auch eine besonders beliebte Beute für jenes Tier, das Südtirol seit Monaten in Hysterie versetzt: Dem Wolf. Hier will man anscheinend den Anfängen wehren.
Die Habitat-Direktive schreibt uns vor, dass wir unsere eigenen Tierarten schützen müssen“, sagt Luigi Spagnolli. Im Umkehrschluss: Müffel haben hier nichts zu suchen.
Deshalb wird das Amt für Jagd und Fischerei die Mufflons von Perdonig zum Abschuss freigeben und den zuständigen Revierleiter mit der Jagd beauftragen.
In Perdonig will man sich das nicht gefallen lassen. „Der Wolf und der Bär dürfen herumspazieren“, ärgert man sich, „und die Bergschafe werden abgeknallt, das ist doch absurd“.
Irgendwie müffelt das wirklich.