Environment | Flughafen Bozen

Wünsche an die Flughafen-Fee

Naturschützer haben das Flughafen-Konzept der Landesregierung von Mobilitätsexperten checken lassen. Und kommen zum Schluss: Die Passagierzahlen sind nicht realistisch.

Das Konzept, an das Landeshauptmann Arno Kompatscher die Volksbefragung vom 12. Juni knüpft, geht davon aus, dass der Flughafen Bozen nach dem vom Land finanzierten Ausbau in spätestens fünf Jahren auf jährlich 170.000 Passagiere kommt, und zwar ohne Nachtflüge und bei maximal 20 Flugbewegungen pro Tag. Dann kann sich der Flughafen langfristig finanzell selbst tragen, wenn man die Steuereinnahmen aus dem Umsatz mitberücksichtigt, sagt der Landeshauptmann.

Für die Mobilitätsexperten, die das Konzept im Auftrag von Dachverband für Natur- und Umweltschutz, Alpenverein und Heimatpflegeverband geprüft haben, ist diese Prognose „sehr optimistisch“: „Selbst im Base-Case-Szenario (also bei durchschnittlicher Entwicklung, Anm. d. Red.) und bei sehr wohlwollender Überprüfung kommt man auf rund ein Viertel weniger Passagiere als die Konzept-Autoren. Damit landet man bereits unter der von der Landesregierung geforderten Mindestpassagierzahl“, sagen die Umweltschützer. Der Flugplan lese sich „wie ein Wunschzettel an die Flughafenfee“.

Zum einen stellen die von den Naturschützern beauftragten Experten in Frage, das die Linien- und Charter-Flüge ab und nach Bozen die im Konzept angegebene Frequenz erreichen. Als Beispiel nennen sie die Prognose, dass Hamburg und Düsseldorf das ganze Jahr über zweimal wöchentlich angeflogen werden. Es sei wohl nicht anzunehmen, dass in der Nebensaison – etwa im November oder März - die genannten zwei Linienflüge pro Woche zustandekommen, lautet die Kritik. „Geht man davon aus, dass die Hamburger und Düsseldorfer Linie nur das halbe Jahr hindurch Nachfrage findet, fehlen rund 12.000 Passagiere jährlich in der Bozner Flughafen-Rechnung.“

In Frage gestellt wird auch die Prognose, was die Auslastung der Flüge anbelangt. Beispiel Incoming Charter: „Hier sollen zweimal wöchentlich London, Moskau, Kopenhagen und Stockholm angeflogen werden, London mit 90-Sitzern das ganze Jahr hindurch, Moskau gar mit 132-Sitzern 20 Wochen im Jahr, die anderen beiden Ziele mit 68-sitzigen Maschinen ebenfalls 20 Wochen, also fünf Monate im Jahr. Auch hier sollte man demnach zumindest die Flug-Wochen realistischer schätzen. Touristen aus London werden kaum das ganze Jahr hindurch nach Südtirol wollen, realistischer scheinen sechs Monate. Aus Kopenhagen, Moskau und Stockholm scheinen zwölf Wochen im Jahr angemessen. Allerdings bleiben dann nicht einmal mehr 19.000 statt der von den Konzept-Autoren errechneten 34.000 Passagiere übrig – ein Minus von rund 44 Prozent.“

Ebenso unrealistisch sei die Vorhersage im Bereich Outgoing Charter, also was die Charter-Flüge der Südtiroler zu den ihren Urlaubsdestinationen betrifft. „Klassische Sommer-Destinationen wie Mallorca und Kreta sollten laut Flugplan über sechs Monate hindurch Auslastungen von 80 bzw. 85 Prozent liefern. Im vergangenen Sommer und auch im kommenden wurden bzw. werden diese Ziele gerade einmal acht Wochen lang angeflogen – kein Wunder, werden die Urlaubsorte am Meer doch nur im Sommer gebucht. Selbst bei einer Annahme von zwölf Wochen (immerhin ein Monat mehr als in der bisherigen Praxis) bleiben von den errechneten über 33.000 Outgoing-Charter-Passagieren nur noch 15.800 übrig“, rechnen die Kritiker vor.

Schraube man die Prognosen des Flughafen-Konzepts auf ein realistisches Maß herunter, dann bliebe etwas mehr als 168.000 Passagiere jährlich übrig. „Damit hätte der Flughafen Bozen ein Problem, hat die Landesregierung doch selbst die Schwelle von 170.000 Passagieren jährlich vorgegeben, unter der eine öffentliche Finanzierung des Flughafens aufgegeben würde“, so das Fazit der Naturschützer. Am kommenden Freitag wollen die Organisationen ihre Kritik am Flughafen-Konzept auf einer Pressekonferenz im Detail vortragen.