Gierige Bauern
Zu Provinzfremden stehen die Freiheitlichen bekanntlich in einem kritischen Verhältnis. Neben Flüchtlingen oder arbeitslosen Migranten zählen dazu aktuell auch Bauern aus dem oberitalienischen Raum. Die würde sich auf Kosten der Steuerzahler in Südtirol eine goldene Nase verdienen – und so manch Südtiroler Almbesitzer nascht dabei mit, kritisiert Fraktionssprecher Pius Leitner. Der Hintergrund? Die Verpachtung von Südtiroler Almen an Bauern, die vorwiegend aus dem Veneto und der Lombardei kommen. Gebiete, in denen das Angebot an Almen weit knapper ist als im gebirgigen Südtirol. Entsprechend höher der Preis, den Brüssel den dortigen Landwirten - offenbar auf Basis des marktwirtschaftlichen Grundgesetzes - für Alpungsprämien gewährt: 50 Euro pro Hektar erhält ein Südtiroler Bauer, weiß Leitner. 400 Euro dagegen die Landwirte im oberitalienischen Raum.
Eine Summe, die den Appetit von immer mehr provinzfremden Landwirten anzuregen scheint. Auch in diesem Sommer sollen noch mehr Südtiroler Almen an Auswärtige verpachtet worden sein, sagt Leitner. Kein Wunder, wenn die Zahlen stimmen, die er mitliefert: Bis zu 120.000 Euro im Jahr würden die Südtiroler für eine Almfläche von 200 bis 300 Hektar erhalten. Überhöhte Summen, die sich für die norditalienischen Pächter dennoch lohnen: Denn sie erhalten 400 Euro pro Hektar aus Brüssel zurück und könnten dank der zusätzlichen Flächen mehr Großvieheinheiten halten. Allerdings nicht auf ihren Südtiroler Almen, wo in der Praxis laut dem Freiheitlichen weiterhin Südtiroler Vieh aufgetrieben wird. „Warum unternimmt die Politik im Land nichts gegen einen solchen Schwindel, den selbst EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann vor zwei Jahren als ‚legale Perversität’ kritisiert hat“, fragt Pius Leitner. Warum werden in der Angelegenheit nicht Rechnungshof, Staatsanwaltschaft und die EU-Betrugsstelle OLAF tätig?
Schuler: "Das Grundproblem ist, dass die Almen überhaupt verpachtet werden"
Zumindest die Landespolitik versucht ihr mögliches, den Missstand zu beseitigen, antwortet Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler. Bereits in der Vergangenheit hätte es immer wieder Versuche gegeben, das Phänomen einzugrenzen. „Doch die Bauern haben immer wieder neue Auswege gefunden.“ Mittlerweile verweigert laut Schuler selbst der Südtiroler Bauernbund beim Abschluss solcher Verträge seine Beratungsleistung. Doch auch bei den Agrar-Verhandlungen in Rom sei das Thema in den vergangenen Monaten immer wieder auf den Tisch gekommen. „Wir versuchen eine Regelung zu finden, um solche Praktiken zu unterbinden oder zumindest stark einzuschränken, doch es ist nicht ganz so einfach“, sagt Arnold Schuler.
Denn: Eine Angleichung der Prämienunterschiede zwischen den italienischen Provinzen werde es nach dem aktuellen Stands der EU-Verhandlungen in naher Zukunft nicht geben. Bleibt die Unterbindung der Bewirtschaftung von Flächen außerhalb der eigenen Provinz. Doch damit würde man auch all jenen Südtiroler Bauern schaden, die seit jeher Almen im Trentino oder Belluno bewirtschaften – „nicht wegen der Prämien, sondern aus langjähriger Tradition“, sagt Schuler. Als eine Möglichkeit stellt er eine kilometermäßige Begrenzung solch grenzüberschreitender Bewirtschaftungen in Aussicht.
Klar ist auch für ihn in jedem Fall, dass eine Lösung gefunden werden muss. „Denn hier werden auf legalem Wege EU-Gelder ausgenutzt, und das ist nicht in Ordnung“, meint er. Dabei gäbe es auch einen ganz einfachen Weg, diesen Missstand zu beheben: „Das Grundproblem ist, dass die Almen überhaupt verpachtet werden“, erklärt der Landwirtschaftslandesrat. „Wenn Südtirols Almbesitzer damit aufhören würden, hätten wir das Problem sofort gelöst.“
Der aufschlussreiche Beitrag
Der aufschlussreiche Beitrag "Gierige Bauern" von Susanne Pitro wurde auf "Salto" mit Datum 25. Juni ins Netz gestellt. Der deutschsprachige Rai-Ableger fand den Bericht offensichtlich "unwichtig und uninteressant", denn er fand keine Berücksichtigung in der täglichen 'Presseschau'. Wohl aber geschah dies eine Woche, später, also am 2. Juli ein beim Sender offensichtlich "akkreditierteres" lokales Printmedium ein und dasselbe Thema behandelte. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der zurzeit mit wenigstens 20 Mill. Euro jährlich aus dem Steuersäckl der Bürger sein Auskommen sucht, sollte sich derart augenscheinliche Diskriminierungen ersparen, so ihm am Ansehen der Anstalt selbst und an dem der dafür arbeitenden Journalisten überhaupt etwas liegt.