Politics | SVP
Ungültiger Kompatscher

Foto: Oliver Oppitz
Am Tag der Vorstellung der SVP-Landtagsliste ist Philipp Achammer voller Zuversicht. Der SVP-Obmann zu Rai Südtirol: „Wir werden sehen, ob möglicherweise auch im Einvernehmen mit der Opposition hier noch etwas zu machen ist oder nicht.“
Ulli Mair, Fraktionschefin der zweitgrößten Partei im Südtiroler Landtag winkt aber umgehend ab. „Wir Freiheitlichen werden uns jetzt nicht kurz vor knapp dafür verwenden der Volkspartei einen Gefallen zu machen“, sagt die Freiheitliche unmissverständlich.
Der verbale Schlagabtausch ist in Wirklichkeit eine politische Peinlichkeit, die deutlich macht, wie die SVP das Wahlgesetz zum Südtiroler Landtag auf die eigenen Bedürfnisse anpasst und ändert. Und wie eine Partei - ohne mit der Wimper zu zucken - dabei innerhalb von 12 Monaten eine 180-Grad-Wende aufs politische Parkett legen kann.
Die Bestimmung
Am 12. Mai 2017 genehmigt der Südtiroler Landtag mit 19 Ja- und 15 Gegenstimmen das neue Gesetz zur Wahl des Südtiroler Landtages. Der Gesetzesvorschlag war 5 Monate zuvor von den SVP-Abgeordneten Josef Noggler, Magdalena Amhof, Albert Wurzer, Maria Hochgruber Kuenzer und Waltraud Deeg eingebracht worden.
Im neuen Wahlgesetz, das bei den Landtagswahlen am 21. Oktober erstmals zur Anwendung kommt, wird in Artikel 43 die Stimmabgabe geregelt.
Dort heißt es:
„Jeder Wähler kann weiters vier Vorzugsstimmen für Kandidaten für das Amt des Landtagsabgeordneten abgeben, die in der von ihm gewählten Liste eingetragen sind. Die Vorzugsstimme wird abgegeben indem er mit dem Kopierstift den Zunamen der Kandidaten und, falls erforderlich, deren Zu- und Vornamen in den Zeilen neben dem gewählten Listenzeichen einträgt. Sollte der Kandidat zwei Zunamen haben, so kann der Wähler bei der Abgabe der Vorzugsstimme auch nur einen davon angeben. Es müssen jedoch beide Zunamen und, falls notwendig, der Geburtsort und das Geburtsdatum angegeben werden, falls Verwechslungen mit anderen Kandidaten aufkommen könnten.“
Im nächsten Absatz des Wahlgesetzes folgt dann eine Präzisierung:
„Die Angabe der Vorzugsstimmen kann nicht dadurch erfolgen, dass statt der Zunamen die Ziffern angegeben werden, mit denen die bevorzugten Kandidaten in der Liste gekennzeichnet sind.“
Das Ei
Die SVP hat jetzt aber ein ernsthaftes Problem. Auf der am Samstag vorgestellten Landtagsliste finden sich zumindest vier Kandidaten, die durch diese Regelung in Schwierigkeiten kommen.
So gibt es auf der SVP-Liste zwei Kompatscher: Franz Kompatscher, Bürgermeister der Gemeinde Brenner und natürlich Arno Kompatscher, Landeshauptmann und Spitzenkandidat auf der SVP-Liste.
Das Problem: Schreibt jemand nur Kompatscher auf den Stimmzettel, ist die Listenstimme für die SVP zwar gültig, die Vorzugsstimme aber nicht. Denn es ist nicht klar, welchem der beiden Kompatscher die Listenstimme zuzuordnen ist.
Genau das selbe gilt auch für zwei Frauen auf der SVP-Liste: Christa Ladurner und die Jugendkandidatin Jasmin Ladurner.
Demnach muss ein SVP-Wähler in beiden Fällen Vor- und Zunamen des Kandidaten oder der Kandidatin auf den Stimmzettel schreiben, damit die Vorzugstimme gültig ist.
Vor diesem Hintergrund kam am Samstag im Haus Voitsberg in Vahrn die Idee auf: Die Möglichkeit einzuführen (die es bereits früher gegeben hat), die Listennummer des Kandidaten oder der Kandidatin auf den Stimmzettel zu schreiben.
Politischer Alzheimer
Was man aber unterm Edelweiss anscheinend vergessen hat. Die SVP hat sich genau dieses Ei selbst gelegt.
Im Oktober 2016 reichte der damalige Freiheitliche Fraktionssprecher Pius Leitner einen Entwurf zum Landtagswahlgesetz ein. Dort heißt es:
„Die Vorzugsstimme kann auch dadurch abgegeben werden, dass statt des Namens die Nummer angegeben werden, die dem bevorzugten Kandidat gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe g) zugewiesen worden ist.“
Diese freiheitliche Gesetzentwurf, dessen Kern die Einführung der Direktwahl des Landeshauptmannes war, wurde später von der SVP-PD-Mehrheit im Landtag versenkt.
Doch es gab mindestens noch zwei weitere Möglichkeiten, genau diese Regelung für die SVP einzuführen.
Als im Februar 2017 der SVP-Gesetzentwurf im zuständigen Ausschuss behandelt wird, legt Ulli Mair genau diesen Abänderungsantrag vor. Nach einer kurzen Debatte stimmen die SVP-Mitglieder des Ausschusses, Magdalena Amhof, Dieter Steger, Sepp Noggler, Veronika Stirner und Christian Tschurtschenthaler aber gegen diesen Vorschlag.
Als der Gesetzesvorschlag am 12. Mai 2017 im Landtag behandelt wird, legen sowohl Ulli Mair, wie auch Paul Köllensperger genau diesen Abänderungsantrag wieder vor. Doch die SVP mauert auch hier. Beide Abänderungsanträge kommen erst gar nicht zur Abstimmung, sondern werden von den Einbringern zurückgezogen.
Am Ende stimmen 17 (SVP)-Abgeordnete für den Artikel, der das Aufschreiben der Ziffer verbietet. 12 Landtagsabgeordnete sprechen sich dagegen aus.
Doch jetzt ist plötzlich alles wieder anders. SVP-Seniorenchef Otto von Dellemann fordert offiziell die Einführung der Ziffernwahl. Vor allem alte Menschen hätten Probleme mit gleichen Nachnamen.
SVP-Obmann Philipp Achammer ventiliert ernsthaft noch in den nächsten Wochen das Wahlgesetz im Landtag ändern zu lassen. Damit das aber termingerecht gemacht werden kann, muss die Opposition hier mitspielen. Ob sie das tut, ist aber mehr als fraglich.
SVP-Obmann Philipp Achammer ventiliert ernsthaft noch in den nächsten Wochen das Wahlgesetz im Landtag ändern zu lassen. Damit das aber termingerecht gemacht werden kann, muss die Opposition hier mitspielen. Ob sie das tut, ist aber mehr als fraglich.
Sicher ist: Die SVP hat wieder einmal gezeigt, wie dynamisch die Partei sein kann, wenn es um die eigenen Pfründe geht.
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Ist es möglich dass so was
Ist es möglich dass so was Dummes in ein Gesetz eingearbeitet wird, und sogar später niemand der SVP den Braten riecht ?
Und diese Leute leben von unserem Steuergeld.