Economy | Medien
Missioni Ebneriane
Foto: Weinlese.it
An diesem Mittwochvormittag stehen zwei ehemalige Politiker am Podium. Der langjährige EU-Parlamentarier Michl Ebner und der ehemaligen SVP-Fraktionssprecher und Landesrat Elmar Pichler-Rolle treten aber in der Rolle des Medienunternehmers und des Sprechers eines Medienkolosses auf.
Offiziell geht es auf der Pressekonferenz, die am Mittwoch um 11 Uhr in Trient beginnt, um einen Unternehmenskauf. Am Dienstagsabend wurde bekannt, dass „Athesia AG“ die Trienter Tageszeitung „L’Adige“, sowie „Radio Dolomiti“ und die Werbeagentur „Media Alpi Pubblicità srl“ gekauft hat.
Die Pressekonferenz geht am historischen Sitz der Trentiner Tageszeitung „L’Adige“ in Trient in der Via Missioni Africane 17 über die Bühne. Verkündet wird dabei eine Botschaft, die durchaus an die medienpolitischen Zustände gewisser Staaten auf dem afrikanischen Kontinent erinnert. Denn Michl Ebner und seine Athesia AG haben einen Coup gelandet, der selbst den italienischen Mediengiganten Silvio Berlusconi vor Neid erblassen lässt.
Michl Ebner hat einen Coup gelandet, der selbst den italienischen Mediengiganten Silvio Berlusconi vor Neid erblassen lässt.
Die Übernahme
Die Athesia Gruppe hat offiziell 100 Prozent der „INIT Holding GmbH“ erworben. Der Kaufpreis 18,5 Millionen Euro.
Die Holding hält 100 Prozent der „Società Iniziative Editoriali Spa“ („L’Adige“) sowie von Radio Dolomiti und der Werbeagentur Media Alpi Pubblicità srl. Radio Dolomiti ist der älteste private Sender des Trentino und mit täglich 35.000 Hörern zugleich auch der beliebteste. „L’Adige“ ist mit knapp 22.000 verkauften Exemplaren die meist gelesene Tageszeitung im Trentino.
Der Kauf umfasst aber auch eine Reihe von Immobilien. Nicht nur den Adige-Hauptsitz und und die Druckerei in Trient, sondern auch ein Einkaufszentrum im Latium und eine Polizeikaserne im Aostatal.
Das Paket gehörte seit 1982 den Grafen Gelmi di Caporiacco, und wurde zuerst von Anwalt Francesco Gelmi und nach dessen Tod von den in London lebenden Geschwister Marina und Sergio Gelmi di Caporiacco gehalten. Vor eineinhalb Jahren haben die Grafen, die Unternehmen zum Verkauf auf dem Markt geworfen.
Die „Athesia AG“ und Michl Ebner gehörten zu den ersten und vehementesten Interessenten, die vorstellig wurden. Dabei geht es nicht nur um die Ausweitung des medienpolitischen und unternehmerischen Machtbereichs.
Vor zwei Jahren hat Michl Ebners Athesia AG die Mehrheit der Bozner Tageszeitung „Alto Adige“ übernommen. Jahrzehntelang haben sich der „L´Adige“ und der „Alto Adige“ im Trentino eine Schlacht um Leser, Werbe- und Markenanteile geliefert. Gewonnen hat eindeutig der „L´Adige“. Der „Trentino“, die Alto-Adige-Ausgabe in der Nachbarregion, kommt auf eine verkaufte Auflage von knapp 5.000 Stück. Jährlich verliert der Alto-Adige-Herausgeber „SETA SPA“ damit eine siebenstellige Summe an der Trentiner Ausgabe. Allein damit macht die Übernahme des Konkurrenten durchaus Sinn.
Antifaschistischer Widerstand
„Es bleiben unabhängige Tageszeitungen und auf jeden Fall eigenständige Redaktionen“, wiegelt Michl Ebner in der offiziellen Athesia-Aussendung jede Spekulation über eine mögliche Einstellung des „Trentino“ oder eine Zusammenlegung der beiden Tageszeitungen ab.
Dem ehemaligen SVP-Politiker ist klar, dass diese Perspektive einen nationalen Aufschrei und Protest auslösen würde. Demnach dürfte man sich diesen Schritt für später vorbehalten.
Offiziell bemüht man auch bei diesem Kauf im Hause Ebner jenes Klischee, das man schon bei der Übernahme des Alto Adige mit stolzer Brust zur Schau gestellt hat: Die gemeinsamen antifaschistischen Wurzeln.
In der Presseaussendung heißt es:
„Dolomiten und L’Adige haben gemeinsame Wurzeln. Beide Blätter sind aus dem Widerstand gegen Faschismus und Nationalsozialismus hervorgegangen. Es hat bereits in Vergangenheit verschiedene Formen der Zusammenarbeit gegeben. Jetzt gehören beide Zeitungen zum gleichen Verlag und bilden eine solide Basis, um in der Region Trentino Südtirol weiter unabhängige Medienarbeit von sehr hoher Qualität zu ermöglichen“.
Wie diese "unabhängige Medienarbeit" allerdings ausschaut, zeigt sich in Südtirol seit Jahrzehnten. Spätestens jetzt wird das System Athesia auf die Region ausgeweitet.
Who is Who
Dabei ist Athesia AG seit vielen Jahren im Trentino tätig. Der Südtiroler Medienkoloss war bereits vor dieser Übernahme in der Nachbarprovinz ein Big Player. Auch Michl Ebner gehört im Trentino zu einem der gefragtesten Gesprächs- und Geschäftspartner.
Welches Netzwerk sich der Athesia-Chef zwischen Privatunternehmen, Handelskammer, Bankenstiftung und Kirche in Trentino aufgebaut hat, wird an den neue Führungsgremien des „L´Adige“ deutlich. In der Verwaltungsrat werden Gianni Bort, Ebners Pedant als Präsident der Handelskammer Trient einziehen, Enrico Zobele, Präsident des Trentiner Industriellenverbandes, Fabrizio Lorenz, Präsident von ITAS-Mutua, sowie der Notar Paolo Piccoli, Spross des erster Herausgebers und Adige-Chefredakteur und bekannten Trienter DC-Politiker Flaminio Piccoli. Neuer Aufsichtsratspräsident soll hingegen Michele Iori werden, Präsident der Trentiner Sparkassenstiftung Caritro.
Am Dienstagabend ist der historische Geschäftsführer Luciano Paris aus seinem Amt zurückgetreten. Neuer Geschäftsführer wird Michl Ebner werden.
Spätestens damit hat der Herr der Athesia aber eine Rolle übernommen, die demokratiepolitisch durchaus als Gefahr wahrgenommen werden muss.
Ebners Macht
Mit der Übernahme des „L’Adige“ und seiner Anhängsel hat Ebners Athesia-Konzern seine Monopolstellung mit einem Schlag auf die Region Trentino-Südtirol ausgeweitet. Athesia beherrscht damit nicht über 80 Prozent des Medien- und Werbemarktes in Südtirol, sondern mit dem Kauf der größten Trentiner Tageszeitung hat das Familienunternehmen diesen Statuts auf die gesamte Region ausgeweitet.
In dieser Region wird sich in Zukunft kaum mehr ein Blatt rühren, das vorher nicht von Michl Ebner gedruckt, verkauft, gutgeheißen und verbreitet wurde.
Michl Ebner wird damit medienpolitisch ein Einzugsgebiet von rund einer Millionen Menschen beherrschen. Der Kauf wenige Monate vor den anstehenden Landtagswahlen ist perfekt getimt. Durch seine institutionelle Rolle als Präsident der Handelskammer Südtirol geadelt, wird Ebner den Druck auf die Südtiroler und Trentiner Politiker damit noch einmal deutlich erhöhen können.
Das Ziel der „Missioni Ebneriane“ ist klar: Ob deutsch oder italienisch, ob Südtirol oder Trentino. In dieser Region wird sich in Zukunft kaum mehr ein Blatt rühren, das vorher nicht von Michl Ebner gedruckt, verkauft, gutgeheißen und verbreitet wurde.
Die Medienmacht liegt spätestens jetzt in der Hand einer Person und einer Familie. Als Statusbeschreibung ist die Adresse der heutigen Pressekonferenz damit perfekt: „Missione Africane“.
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Begründung: die Einheit
Begründung: die Einheit Tirols über alles; Perspektive: der Doppelpass auch für die Welschtiroler. Der erste Schritt ist gesetzt, die unabhängige Medienarbeit gegen Faschismus und Nationalsozialismus; der zweite Schritt folgt sogleich auf regionaler Ebene: die konzentrierte Machtausübung für ein vorbestimmtes Gemeinwohl; der dritte Schritt führt direkt zum christlichen Abendland als theologisch begründete Weltlichkeit. Karl Valentin: die Zukunft war früher auch besser !