Goldrausch auf Chalkidiki
Malerische Küste, paradiesische Landschaft und freundliche Menschen: Es ist diese Kombination, die den Bozner Stefan Nicolini im heurigen Juli bereits zum zweiten Mal nach Ouranoupoli auf der griechischen Urlaubinsel Chalkidiki zog. Doch aus dem geplanten Abtauchen aus dem Südtiroler Alltag wurde ein Eintauchen in die Auswüchse der griechischen Krise. Just zur Urlaubszeit der Bozners und seiner Lebensgefährtin brach im Dorf nahe der Mönchsrepublik Athos der Protest gegen den geplanten Goldabbau in zwei nahgelegenen Goldminen aus.
Eine Geschichte wie aus dem Lehrbuch des Neoliberalismus. Die wichtigsten Mitspieler? Die kanadische Eldorado Gold, einer der größten Bergbaukonzerne der Welt, der gemeinsam mit einem griechischen Baulöwen mitten im Naturschutzgebiet der Halbinsel Gold abbauen will; die chronisch finanzbedürftige griechische Regierung, die die Förderrechte auf Chaldikiki bereits vor neun Jahren für ein Spottgeld verhökert hat und nun auf Steuereinnahmen und versprochene 5000 Arbeitsplätze hofft; die Bevölkerung, die zumindest zu einem großen Teil befürchtet, dass der extrem umweltbelastende Goldabbau ihre Lebensgrundlage zerstört – von der Landwirtschaft über den Tourismus bis hin zur Trinkwasserversorgung.
Bereits seit dem Vorjahr gab es vor allem in großen Städten wie Thessaloniki, aber auch auf der Halbinsel immer wieder zu Protesten gegen das Projekt, die teils zu heftigen Straßenschlachten mit der Polizei führten. Nicht zuletzt nach einem Überfall auf das Gelände der Bergbaugesellschaft im vergangenen Februar kam es zu zahlreichen Verhaftungen.
In der abgelegenen 1000-Seelen-Gemeinde Ouranoupoli blieb es dagegen laut Stefan Nicolini bis zum heurigen Sommer ruhig. „Es gibt im Dorf auch einige Befürworter des Projektes“, sagt er, „Vor allem wirken die Menschen dort eher schicksalsergeben.“ Das änderte sich spätestens, als die Touristen eintrudelten: Viele von ihnen beschlossen, ihr Urlaubsparadies in diesem Jahr nicht nur zu genießen, sondern auch für seine Zukunft zu kämpfen. Gemeinsam mit den Einheimischen zogen sie in Protest-T-Shirts durch die Straßen des Dorfes – angeführt von einer Linzer Schuldirektorin. „Sie war nicht nur Rädelsführerin der Protestkundgebung, sondern hat auch Briefe an den Bürgermeister, sowie Vertreter der EU und des WWF geschrieben“, erzählt Nicolini.
Den Journalisten und Leiter der Pressestelle des Raiffeisenverbands reizten die politische Verbrüderung von Touristen und Einheimischen sowie die Thematik so sehr, dass er begann, mit seinem IPad mitzufilmen. Wieder in Bozen machte er daraus ein rund 5-minütiges Video unter dem Titel „Goldrausch auf Chalkikdiki“ und stellte es auf You Tube. Und zwar nicht nur auf deutsch, sondern auch auf griechisch – dank eines Griechen, den er auf dem großen Deutschlehrerkongress in Bozen von Ende Juli ausfindig machte. Noch hat die deutsche Version des Videos mehr Klicks. Doch mittlerweile machen die „Impressionen von Stefan Nicolini“ auch in Ouranoupoli die Runde. Und tragen vielleicht ein Quentchen dazu bei, das Kräftemessen zwischen Finanzkapital und den Verteidigern des Naturparadieses zugunsten von Chalkidiki ausgehen zu lassen.