Society | Partizipation

POLITiS: Anschub für eine lebendigere Demokratie

Mehr Partizipation braucht mehr politische Bildung, neue interdisziplinäre Ideen und unabhängige Forschung: Antworten auf diesen Bedarf will am Mittwoch aus der Taufe gehobene Sozialgenossenschaft POLITiS geben.

Von der aktuellen Diskussion zur Direkten Demokratie bis zum Europäischen Jahr der Bürgerbeteiligung: Von der Nachfrageseite her liegt die am Mittwoch gegründete Sozialgenossenschaft Politis ganz im Trend. Politische Bildung und Studien in Südtirol – so bringen die zehn Gründer das Programm auf dem Punkt, mit dem sie einen Beitrag zu mehr aktiver Teilhabe, sozialer Verantwortlichkeit und Bürgerkompetenz leisten wollen. Ein bunter Haufen aus Fachleuten in Bereichen wie Schule, Forschung, Politikwissenschaft, Publizistik oder Erwachsenenbildung, die ihre unterschiedlichen Erfahrungen und Netzwerke nun im Sinne des „politis“, des Bürgers bzw. der Bürgerin einbringen wollen. Denn, wie Verwaltungsratspräsident Thomas Benedikter meinte: „Politische Bildung ist in Südtirol sowohl in der Schule als auch im Bereich der Erwachsenenbildung ausbaufähig.“ Vor allem wenn es darum geht, sich jenseits von Großparteien oder Verbänden aktiv in das politische Geschehen einzubringen.

Dasselbe gelte für den Bereich Forschung. Hier würden zwar immer mehr Institutionen teil hochkarätige Forschung betreiben. Vieles geschieht laut Benedikter aber im Auftrag der großen Lobbies; die Themen kleinerer Gruppen mit weniger finanziellen Mitteln und Macht würde dagegen allzu oft zu kurz kommen. Diese Lücke will die von Parteien und Verbänden unabhängige Genossenschaft nun mit interdisziplinären Forschungsprojekten füllen. Alle zehn Gründer, neben Benedikter zählen dazu unter anderem Monica Margoni, Armin Bernhard, Klaudia Resch oder Harald Knoflach, werden selbst in der Arbeitsgenossenschaft tätig sein und Projektideen einbringen. Ihre Vielfalt definierte die Gruppe heute als wichtige Voraussetzung für die Entwicklung nachhaltiger Lösungen: Denn angesichts der zunehmenden Komplexität aktueller politischer und gesellschaftlicher Themen gelte es, sie von unterschiedlichen Standpunkten aus zu beleuchten.

Eine erstes Beispiel wie die eigene Bildungsarbeit aussehen soll, hat POLITiS bereits zu Wochenbeginn mit  der Vorstellung der ganzjährigen Weiterbildungsreihe zur Reform der Autonomie gegeben. Anlässlich ihrer heutigen Taufe stellte die Genossenschaft dagegen ihr erstes Produkt aus dem Bereich Forschung vor: eine von Thomas Benedikter verfasste Einführung in das Instrument des Bürgerhaushalts. Eine Möglichkeit, BürgerInnen eine direkte Mitgestaltung der öffentlichen Finanzen zu ermöglichen, die europaweit bereits in rund 300 Gemeinden praktiziert wird – obwohl derzeit selbst in der Verfassung festgelegt ist, dass BürgerInnen keinen direkten Einfluss auf diesen Bereich haben, wie Benedikter unterstrich. In Südtirol wurde das Instrument, das Bürgern über mehr Information und ein Vorschlagsrecht in Haushaltsentscheidungen miteinbezieht, bislang nur von der Vinschger Gemeinde Mals übernommen. „Doch es wäre auch für viele andere Gemeinden ein gangbarer Weg, der die Partizipation stärken würde“, so der Wissenschaftler. Fallbeispiele, wie das Modell bereits in Gemeinden in Spanien, Deutschland oder auch Italien praktiziert wird und Anregungen, wie es in Südtirol funktionieren könnte, bringt die 72 Seiten erste POLITiS-Publikation. Ihr schlichter Übertitel: Beiträge zur Demokratieentwicklung.