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„Besorgt über die Versorgungssicherheit“

Der Erdgasverbrauch in Südtirol wird auf rund 360 Millionen Kubikmeter geschätzt. Bis vor Kurzem kamen rund 40 Prozent der Importe aus Russland.
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Müssen sich die Südtiroler Sorgen machen, dass ihnen im Winter das Gas ausgeht? Diese Befürchtung hegt wohl Paul Köllensperger, denn laut seiner Aussage fehlen in Italien rund 14 Milliarden Kubikmeter Gas, sollte Russland endgültig die Lieferung einstellen. Diese Menge befindet sich derzeit in den Gasspeichern – „das reicht bis März“, so Köllensperger. Bevor Russland in die Ukraine einmarschierte, bezog Italien rund 40 Prozent des Erdgases aus dem Putin-Staat. Seit Ausbruch des Krieges sanken die Importe jedoch um die Hälfte.
 
Das reicht bis März.
 
In einer Landtagsanfrage ersuchte der Chef des Team K die Landesregierung um Informationen über deren Pläne in puncto Einschränkung des Energieverbrauchs und Suche nach Alternativ-Anbietern. Die Antwort von Giuliano Vettorato ist dabei sehr aufschlussreich. So schreibt der Energie-Landesrat, dass sowohl die Landesregierung als auch er sehr besorgt über die Versorgungssicherheit der Südtiroler Bevölkerung mit Gas seien. Südtirol verfügt über keine eigene Gasreserven und ist an das nationale Gastransportnetz und Speichersystem angeschlossen.
 
 
 
 
Die Maßnahmen in Bezug auf die Versorgungssicherheit mit Erdgas werden direkt von der Regierung in Rom beschlossen. Dazu zählt in erster Linie, die Abhängigkeit von Gasimporten aus Russland zu verringern. Zu den kurzfristigen Zielen zählen das Auffüllen der Speicher, die Senkung des Verbrauchs und die Erhöhung der Importe aus Algerien, Aserbaidschan und Norwegen; weiters die Erhöhung der LNG-Importkapazität. Langfristig will man sich in Rom nach Alternativen zum russischen Gas umsehen bzw. auf Diversifizierung setzen. So sollen in Piombino und Ravenna zwei neue LNG-Terminals für bis zu zehn Milliarden Kubikmeter entstehen. Handelsabkommen mit Qatar und Mosambique sollen zusätzliches LNG für Italien sichern. Bis 2027 ist geplant, die Einfuhren von Erdgas aus Aserbaidschan über die Pipeline TAP von 8 auf 20 Milliarden Kubikmeter zu erhöhen. Auch aus Algerien soll mehr Gas kommen sowie die inländische Produktion gesteigert werden.
Die dritte Schiene sieht eine Erhöhung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen vor sowie die Steigerung der Energieeffizienz in den Gebäuden und in der Industrie.
 

Unabhängigkeit erreichen

 
„Zusätzlich zu den Maßnahmen auf nationaler Ebene verfolgt das Land seit Langem eine eigene Strategie, die darauf abzielt, die Provinz unabhängiger von der Entwicklung des Gasmarktes zu machen“, so Vettorato. Diese Strategie verfolge man bereits seit den 1990er Jahren. Dabei gehe es um den Bau von Biomasse-Fernheizwerken, die einen großen Teil des Gebiets mit ihrem Netz abdecken. Allerdings sind auch sie nicht völlig unabhängig vom Gas, insbesondere was die Erzeugung von Wärme zur Deckung des Spitzenbedarfs betrifft.
 
 
 
Daneben werden auch Anreize für  Energieerzeugungsanlagen aus erneuerbaren Quellen wie beispielsweise Wärmepumpen in Kombination mit Photovoltaik und Batterien, Solarthermie, Ersatz von fossilen Heizkesseln oder Photovoltaik für kommunale Gebäude gesetzt. Auch der Ausbau der Fernwärmesysteme wird von der Provinz und den Gemeinden gefördert. In Bozen beispielsweise wird derzeit intensiv am Ausbau des Fernwärmenetzes gearbeitet. Die Abwärme, die in der Müllverbrennungsanlage entsteht, wird vom Fernheizwerk der Alperia genutzt.
 

Nicht sinnvoll

 
Nachdem der Erdgasverbrauch Südtirols nur ca. 0,47 Prozent des gesamten Erdgasverbrauchs in Italien ausmacht, wären laut Vettorato Maßnahmen auf Landesebene weder in Bezug auf die Verbesserung der Versorgungssicherheit noch im Hinblick auf die Stabilisierung des Preises wirklich signifikant. „Die vergleichsweise geringe Mengen des in der Provinz verbrauchten Erdgases lassen keine direkten Lieferungen wie beispielsweise aus Algerien, Aserbaidschan, Norwegen und anderen Staaten zu oder ermöglichen dem Land, günstigere langfristige Verträge zu bekommen.“
 
Die vergleichsweise geringe Mengen des in der Provinz verbrauchten Erdgases lassen keine direkten Lieferungen zu oder ermöglichen dem Land, günstigere langfristige Verträge zu bekommen.
 
Weiters betont der Energie-Landesrat, dass auf nationaler Ebene die Erdgasspeicher von erschöpften, ehemaligen unterirdischen Reservoirs mit einer Gesamtkapazität von ca. 17,5 Milliarden Kubikmetern gebildet werden. Aufgrund der geomorphologischen Gegebenheiten des Gebiets verfüge die Autonome Provinz Bozen über keine für eine Erdgasspeicherung geeigneten natürlichen unterirdischen Strukturen mit einer, auch nur für die Südtiroler Bedürfnisse annehmbaren Dimension. „Daraus folgt, dass es vorteilhafter ist, auf die bestehenden nationalen Einrichtungen, zu vertrauen“, so Vettorato.