Regionalentwicklung - was ist wichtig?
Wie sieht Südtirols Volkswirtschaft in den nächsten Jahren aus? Wo liegen die Stärken unserer kleinen Region, wo schwächelt sie? Die Landesregierung hat zum Abschluss ihrer Amtszeit ein Papier verabschiedet, das in groben Zügen die regionale Entwicklungsstrategie der Jahre 2014 – 2020 beschreibt. Das Dokument, das von Landeshauptmann Durnwalder und dem Innsbrucker Wirtschaftsprofessor Gottfried Tappeiner vorgestellt wurde, soll Konzeptpapier für die Anpassung an die EU-Fördermaßnahmen sein. In der vergangenen Periode 2007 – 2013 stellte der Europäische Fond für regionale Entwicklung 74 Millionen Euro zur Verfügung.
Ein Schwerpunkt für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit wird sicherlich die Stärkung der Peripherie sein, das Verhindern der Abwanderung aus strukturschwachen Gebieten, wie sie tradtionell am Deutschnonsberg, in Aldein, Truden oder im oberen Vinschgau sowie in Martell vorkommen.
„Im Grunde müssen wir zurück zu den Wurzeln der gewerblichen Raumordnung,“ sagt Georg Lun vom Wirtschaftsforschungsinstitut der Südtiroler Handelskammer. „Zurück bzw. wieder dorthin, wo bereits Südtirols erster Raumplaner Alfons Benedikter die Gewerbegebiete angesiedelt und mit der notwendigen Infrastrktur ausgestattet hatte: Brixen, Bruneck, Schlanders.“ Zwar habe heute jedes größere Dorf seine Handwerkerzone, doch erweise man den dort Arbeitenden erst dann einen guten Dienst, wenn man auch Serviceleistungen wie eine Mensa, geeignete Kinderbetreuung, Breitband für Internet usw. zur Verfügung stelle. „Sonst sind diese Arbeitsplätze wenig attraktiv und der Marteller pendelt nach Meran oder gar nach Bozen, wenn diese Dienstleistungen im Gewerbegebiet Prad fehlen,“ schildert Lun das Problem am konkreten Beispiel.
Die Abwanderung ist aufzuhalten, nicht indem in Martell selbst Arbeit geschaffen wird (auch das ist natürlich erstrebenswert), aber indem in zumutbarer Nähe, in etwa 20 bis 30 km Entfernung, Arbeitsplätze für den Arbeiter und den Akademiker zu finden sind. „Diese funktionellen Kleinräume, wie eben das Gewerbegebiet Prad, sichern die Qualität im Lebensraum Oberes Vinschgau und zwar nicht nur für die Handwerker, sondern auch für hoch qualifizierte Personen.“
Eine weitere Herausforderung in den ländlichen Gebieten ist die Mehrsprachigkeit. Die Durchmischung der Sprachgruppen hat in den letzten drei Jahrzehnten abgenommen, die Italiener haben sich stark aus der Peripherie zurückgezogen. „Ich glaube, dass unsere Betriebe in den Tälern und Bezirken wirklich Schwierigkeiten haben, gut zweisprachiges oder gar dreisprachiges Personal zu finden,“ meint Georg Lun. „Vor allem in der Berufsbildung ist das Sprachniveau sicher nicht besser geworden.“ Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO werde demnächst ein Dokument zur Mehrsprachigkeit präsentieren. Sprache ist und bleibt Schlüsselkompetenz, nicht nur in Südtirol.