Politics | Gericht

Unsaubere Säuberung?

Die ehemaligen Landesräte Michl Laimer, Thomas Widmann und Hans Berger werden nächste Woche von Guido Rispoli verhört. Es geht um die sogenannte Wanzenaffäre.

Der Termin steht und auch die Rollen sind längst verteilt. Anfang nächster Woche sind Ex-Energielandesrat Michl Laimer, der amtierende Landtagspräsident Thomas Widmann und SVP-Senator Hans Berger bei der Staatsanwaltschaft zum Verhör vorgeladen. Offizielle Bestätigung aus dem Bozner Gerichtspalast gibt keine. Doch nach Informationen von salto.bz wird Oberstaatsanwalt Guido Rispoli höchstpersönlich die drei hohen SVP-Politiker anhören. Laimer, Berger und Widmann werden sich dabei von ihren Vertrauensanwälten begleiten lassen.
Gegen alle drei wird seit über einem Jahr formal ermittelt. Im Strafverfahren 1362/2012 geht es um einen Nebenstrang aus dem SEL-Skandal. Zentrum dieser Ermittlungen sind drei Sicherheitschecks, die die Politiker zwischen dem Sommer 2011 und dem Frühjahr 2012 in ihren Büros durchgeführt haben und sie vom Land bezahlen ließen.
Es bedarf einer Rückblende.

Hans Berger

Im Sommer 2011 ermittelt Oberstaatsanwalt Guido Rispoli gegen Hans Berger wegen dessen Beteiligung an der Treuhandgesellschaft „Ciamp GmbH“. Genau zu diesem Zeitpunkt kommt der Landeshauptmannstellvertreter auf eine Idee, die vor ihm noch kein anderer Landesrat hatte: Er lässt sein Büro und seine Amtsräume auf Wanzen und Abhörtechnik untersuchen.
Hans Berger erkundigt sich bei einem alten Bekannten, dem Carabinieri-General Italo Franzoso, wer einen solchen Sicherheitscheck machen könnte. Franzoso bringt den SVP-Landesrat in Kontakt mit der Trentiner Agenzia Investigativa Montipool. Die in Roncegno bei Levico Terme im Trentino angesiedelte Detektei und ihr Inhaber Vittorio Montibeller sind spezialisiert auf das Aufspüren von Abhörtechnik.
Am 25. August 2011 untersuchen Montibeller und ein Mitarbeiter das Büro Bergers. Die Säuberungsaktion verläuft ohne Zwischenfälle. Der private Abhörtechniker gibt am Ende Entwarnung. Bergers Büro ist sauber.

Michl Laimer

Wenige Wochen später ist die Trentiner Agentur schon wieder bei einem anderen Landesrat im Eisatz. Am 14. Oktober 2011 wird Michl Laimer formell in das Ermittlungsregister der Staatsanwaltschaft Bozen eingetragen. Es geht um die angeblichen Manipulationen bei der Vergabe der Kraftwerkskonzession St.Anton. Genau eine Woche später durchsuchen Beamte der ROS und der Gerichtspolizei die Amtsräume und Büros von Michl Laimer. Dabei werden auch die Telefon- und Computerdaten gesichert.
Sofort nach dieser Durchsuchung wird Michl Laimer aktiv. Der Landesrat kontaktiert telefonisch Italo Franzoso, und wie bei Hans Berger stellt der pensionierte General direkten Kontakt zu Vittorio Montibeller und dessen Agentur Montipool her.
Am 4. November 2011 erscheinen der Agenturinhaber und sein Mitarbeiter vor dem Landhaus in der Rittnerstraße. Michl Laimer hat den Termin bewusst auf einen Freitag und auf 19 Uhr festgesetzt. Damit ist der SVP-Politiker sicher, allein im Landhaus zu sein. Doch diesmal werden die beiden Techniker fündig. Die Messinstrumente orten in Laimers Büro eine nicht identifizierbare Frequenz.
Weil der Detektiv und auch Italo Franzoso wissen, dass die Staatsanwaltschaft gegen Michl Laimer ermittelt, trauen sie sich aber nicht nach der Wanze zu suchen. Immerhin könnte ein Richter die Abhörung genehmigt haben. Erst als Laimers Anwalt Gerhard Brandstätter bei Oberstaatsanwalt Guido Rispoli informell nachfragt, ob die Staatsanwaltschaft Laimer abhört und dieser verneint, beginnen Michl Laimer und seine engen Mitarbeiter mit der Suche im Büro. Sie werden am Ende aber nicht fündig.

Thomas Widmann

Am 5. Dezember 2012 gehen Vittorio Montibeller und seine Montipool dann im Assessorat von Thomas Widmann auf Wanzenjagd. Auch diesmal kommt der Kontakt auf Vermittlung von Carabinieri-General Franzoso zustande. Montibeller und sein Techniker untersuchen Widmanns Büro, das Büro seiner persönlichen Sekretärin, den Sitzungssaal und sogar die Toiletten.
Auch gegen Landesrat Widmann laufen zu diesem Zeitpunkt mehrere Ermittlungen von Seiten der beiden Staatsanwälte Igor Secco und Lorenzo Puccetti. Widmann wird dazu auch in der Staatsanwaltschaft angehört. Im August 2014 wurden diese Ermittlungen dann archiviert.
Auch in diesem Fall wird eine frappierende zeitliche Nähe zwischen der Suche nach Abhörtechnik und einer Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft augenscheinlich.

Heikle Abrechnung

Im Februar 2013 meldet das für Sicherheitscheck zuständige Organisationsamt des Landes die Geschichte der Wanzensuche der Bozner Staatsanwaltschaft. Die Beamten erhielten erst zu diesem Zeitpunkt Kenntnis davon, dass man in Laimers Büro angeblich fündig geworden ist. Das müssen sie aber von Amtswegen der Staatsanwaltschaft melden.
Oberstaatsanwalt Guido Rispoli und die Carabiniersondereinheit ROS beginnen zu ermitteln. Für die Ermittler ist von Anfang an klar, dass es kein Zufall ist, dass bei den drei Landesräten das Interesse an Wanzen genau zu dem Zeitpunkt erwacht, als die Staatsanwaltschaft den SVP-Politiker ins Ermittlungsregister einträgt. Doch das ist keine Straftat.
Brisanter aber wird das ganze, als sich die Ermittler die Abrechnungen der Säuberungsaktionen vornehmen.
Denn die drei Landesräte haben sich die Säuberungsaktionen vom Land bezahlen lassen. Am 16. November 2011 übermittelt Hans Berger an Vittorio Montibeller per E-Mail die Rechnungsadresse des Landes. Als Betreff soll angegeben werden: „Bonifica strutture provinciali“. Eine Woche später trudelt im Generalsekretariat des Landes die Rechnung Nummer 28/2011 ein. Darin rechnet die Agentur Montipool die Wanzensuche in Hans Bergers Büro vom 25. August 2011 ab. Die Kosten: 1.887,60 Euro.
Auch Michl Laimer will die Kosten für die Wanzensuche in seinem Büro nicht selber tragen. Anfänglich gibt der Energielandesrat dem Trentiner Privatdetektiv als Rechnungsadresse seine private Anschrift in Dorf Tirol. Laimer dürfte danach aber mit Hans Berger geredet haben. Denn Vittorio Montibeller ändert auf Anfrage Laimers Ende November 2011 die Rechnungsadresse auf die Landesverwaltung um. So flattert im Dezember 2011 auch die Rechnung 37/2011 über 3.208,92 Euro ins Generalsekretariat des Landes. Auch Thomas Widmann lässt die Wanzensuche in seinen Büros vom Land bezahlen. Immerhin 6.292 Euro.
Das Problem dabei: Die zuständigen Ämter werden damit vor vollendete Tatsachen gestellt. Der Generaldirektor der Landes Hermann Berger nimmt sich bei seiner Aussage vor den Ermittlern kein Blatt vor den Mund:

Die Prozedur, die die beiden Landesräte angewandt haben, ist nicht korrekt. Sollte es die Notwendigkeit eines Sicherheitschecks geben, muss mein Amt diesen anordnen und organisieren.

Am Ende zahlt das Land aber doch. Die Argumentation: Die Aktionen wurden von den drei Politikern in ihrer Funktion als Landesräte angeordnet und deshalb muss das Land auch für die Kosten aufkommen.

Die Anklage

Die Staatsanwaltschaft sieht das aber anders. Vor einigen Wochen hat Oberstaatsanwalt Guido Rispoli die Ermittlungen abgeschlossen. Er geht davon aus, dass sich die drei hohen Landespolitiker des Amtsmissbrauchs schuldig gemacht haben.
Nach Zustellung des Berichts zum Abschluss der Vorermittlungen haben die Betroffenen 20 Tage Zeit, um sich einem Verhör zu stellen. Hans Berger, Thomas Widmann und Michl Laimer machen nächste Woche von diesem Recht der Verteidigung Gebrauch.
Weil die drei Politiker bereits von der Gerichtspolizei im Frühjahr 2013 angehört worden sind, dürfte es aber schwer werden, den Ankläger noch umzustimmen. Aller Voraussicht nach wird Guido Rispoli noch heuer die Einleitung des Hauptverfahrens beantragen.
Der Voruntersuchungsrichter wird dann entscheiden, ob es zum Prozess kommt oder nicht.