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Perwangers Zensur

RAI-Koordinator Markus Perwanger hat ein Making-of über den neuen Luis-Trenker-Film aus dem Programm genommen. Der Grund: Trenker wird darin als Opportunist dargestellt.

Nein, das ist doch keine Zensur“, sagt Markus Perwanger mit Nachdruck. Danach sprudelt es aus dem Koordinator von RAI Südtirol nur mehr so heraus: „Der Film ist handwerklich schlecht, inhaltlich tendenziös und formal unausgegoren, so dass man ihn so auf keinen Fall ausstrahlen kann“.

Der Film ist handwerklich schlecht, inhaltlich tendenziös und formal unausgegoren.

Traudi Messini will das nicht auf sich sitzen lassen. „Es steht natürlich in der Verfügungsgewalt des Koordinators, den Film abzusetzen“, stellt die Produzentin des beanstandeten Films klar, „aber ich stehe hinter diesem Film. Es braucht keinerlei Veränderungen, weil er einfach gut ist“. Der Autor und Gestalter des Films Martin Hanni sagt nur soviel: „Man kann inhaltliche Zensur auch hinter formalen Bedenken verstecken“.

Das Filmmagazin

2010 startet das Land Südtirol das ehrgeizige Projekt der Filmförderung. Über die Landesgesellschaft BLS baute man eine Abteilung auf, die nicht nur Fördergelder an Filmproduzenten verteilt und damit internationale Produktionen ins Land holt, sondern auch einen ganz neuen Wirtschaftszweig rund um die Filmindustrie in Südtirol entstehen ließ. Von Produktionsfirmen über Kulissenbauer und Ausstatter bis hin zu spezialisierten Cateringunternehmen.

Die BLS-Filmförderung holt gleich in den ersten Jahren Dutzende nationale und internationale Filmproduktionen nach Südtirol. 2013 entstand die Idee, das Projekt auch filmisch zu dokumentieren. Die Produktionsfirma „mediart“ und die BLS konzipierten das Filmmagazin „FRAME – Drehort Südtirol“.
Produziert von Traudi Messini und gestaltet von Martin Hanni, begleitet das Magazin große Filmproduktionen in Südtirol. Zudem finanziert auch RAI Südtirol mit, indem sie das rund 15-minütige Filmmagazin ausstrahlt.
FRAME soll aber nicht nur ein klassisches Making-of sein, sondern gleichzeitig werden in jeder Folge auch Südtiroler Protagonisten vor und hinter der Kamera gezeigt. Der Zuschauer soll so die verschiedensten Berufssparten rund um den Film kennen lernen.
Im April 2013 wird der erste Pilotfilm von FRAME bei den Bozner Filmtagen mit großem Erfolg gezeigt. Seitdem wurden drei Folgen von FRAME abgedreht und auch ausgestrahlt. 2014/2015 bekam die Produktionsfirma einen neuen Auftrag für weitere drei Ausgaben.
Bei der ersten dieser neuen Folge tauchen aber plötzlich unerwartete Probleme auf.

Moretti als Trenker

2014 dreht die Produktionsfirma Roxy Film in Koproduktion mit dem BR und dem ORF in Südtirol einen für dieses Land durchaus brisanten Fernsehfilm. In dem Film mit dem Titel „Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit“ geht es um eines der unrühmlichsten Kapitel im Leben der Südtiroler Legende Luis Trenker: die Fälschung, den Verkauf und den Prozess um die angeblichen Tagebücher der Hitler-Geliebten Eva Braun.
Unter der Regie von Wolfgang Murnberger spielt Tobias Moretti Luis Trenker, Brigitte Hobmeier Leni Riefenstahl, die beiden Südtiroler Schauspielerinnen Barbara Romaner die Frau Trenkers und Anna Unterberger, die Geliebte Trenkers. Auch die Produzentin des Films kommt aus Südtirol: die Bruneckerin Annie Brunner.


Regisseur Wolfgang Murnberger: Klare Worte zu Trenker

Das Drehbuch hat Peter Probst geschrieben und sich dabei weitgehend an die historischen Fakten gehalten. Die Münchner TZ schreibt über den Film: „In Rückblenden und Zeitsprüngen erzählt der Film diese wahre Geschichte zweier Opportunisten, die sich, besessen vom Willen nach künstlerischem Erfolg, instrumentalisieren ließen.
Das Problem dabei: Obwohl Luis Trenkers Lavieren zwischen Faschismus und Nationalsozialmus seit Jahren bekannt ist, etwa durch die Publikation seiner Personalakte aus dem Berlin Document Center, soll der Regisseur, Schauspieler, Autor und Bergfex in seiner Heimat nur als Lichtgestalt dargestellt werden.
Jedenfalls auf RAI Südtirol.

Beanstandung Arbeitskopie

Martin Hanni dokumentierte für die neueste Ausgabe von FRAME die Dreharbeiten zum Trenker-Films. Er interviewt Regisseur Wolfgang Murnberger, Produzentin Anni Brunner, Schauspielerin Anna Unterberger und die Kostümasssistentin Catarina Frontull. Auf ein Interview mit Hauptdarsteller Tobias Moretti verzichtet der Gestalter bewusst. „Ich habe Moretti erst in der letzten FRAME-Ausgabe zum Film 'Das finstere Tal' lange interviewt“, erklärt Hanni, „deshalb wäre es zuviel des Guten gewesen“. Es ist einer der Fehler, die Markus Perwanger später dem Eppaner Filmemacher vorwirft.

In FRAME werden neben Aufnahmen von den Dreharbeiten auch Ausschnitte aus dem Film gezeigt. Weil der Film aber erst im Herbst 2015 ins Fernsehen kommt, hat die Produktionsfirma – wie es überall Standard ist – verlangt, dass auf diese Bilder der Hinweis „Arbeitskopie“ kommt. „So etwas kann man doch nicht senden“, ärgert sich jetzt der RAI-Programmchef.

Opportunist und Chamäleon

Dabei gab es anfänglich keinerlei Probleme. Die FRAME-Ausgabe wurde vom BLS abgenommen. Beim BLS steht man auch heute noch zu dem Film. Auch bei RAI Südtirol hatte man den Film anfänglich ohne Bedenken abgenommen.
Nur so ist es zu erklären, dass „Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit. Frame: Hinter den Kulissen“ bereits ins Fernsehprogramm aufgenommen wurde. Die Ausstrahlung war für Dienstag, 30. Dezember 2014, gleich nach „Pro & Contra“ bereits festgesetzt. Zudem sollte es eine Wiederholung am Freitag, den 2. Jänner 2015, um 18.15 Uhr geben.


Doch dann trat Markus Perwanger auf den Plan. Auslöser war ein Wort im ursprünglichen Pressetext: „Opportunist“. Martin Hanni hat im Text zum Film auch das TZ-Zitat wiedergegeben. Mit dem Zusatz: „Trenker drehte sich meistens mit dem politischen Wind“. Irgendwo wird der Bergefex auch als „Chamäleon“ bezeichnet.
Das geht Perwanger gegen den Strich. Plötzlich entdeckte der Programmchef all jene technischen Unzulänglichkeiten, die er jetzt beanstandet. In Wirklichkeit geht es aber nur um Eines: Der Südtiroler Säulenheilige Luis Trenker darf und soll nicht in ein schiefes Licht gerückt werden.
Markus Perwanger verlangt zuerst Änderungen und nimmt dann den Film aus dem Programm. „Wir haben den Film schließlich zurückgezogen, weil wir keine Änderungen machen“, sagt Produzentin Traudi Messini.

Der Südtiroler Säulenheilige Luis Trenker darf und soll nicht in ein schiefes Licht gerückt werden.

Themenabend Trenker

Markus Perwanger argumentiert neben den technischen Beanstandungen, immer wieder auch inhaltlich: „Dieser Film ist nicht ausgewogen und wird Trenker nicht gerecht“.
Am 12. April 2015 jährt sich zum 25. Mal Trenkers Todestag. „Wir werden dazu einen Themenabend im Fernsehen bringen“, sagt Perwanger. Der Südtiroler Fernsehchef hat dafür die beiden bekannten Trenker-Filme „Berge in Flammen“ und der „Der Berg ruft“ eingekauft. 
Damit wird klar, dass Luis Trenker nur als Held über RAI Südtirol flimmern darf.

Exklusiv – Der zensierte Film

Martin Hanni und Traudi Messini haben salto.bz die zensierte Ausgabe „Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit - Frame: Hinter den Kulissen“ zur Verfügung gestellt. Urteilen Sie deshalb selbst, ob man diesen Film ausstrahlen kann oder nicht.

Hier geht’s zum Film

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Oskar Egger Fri, 02/27/2015 - 08:03

Herrlich: "Südtiroler Säulenheilige"! Davon gibt's ja wohl genug und wer Trenker nur ein bißchen erlebt hat, muß diesen, oben beschriebenen, nennen wir ihn einmal, südtiroler, Zugang zur Welt erkennen. Das Problem ist, dass einen am anderen immer genau das stört, was man selbst in sich trägt...

Fri, 02/27/2015 - 08:03 Permalink
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JohannJosef 1 Fri, 02/27/2015 - 10:12

Um ehrlich zu sein; ich finde den Film ziemlich harmlos. Das Bild von Trenker ist in letzter Konsequenz auch hier wieder ein weichgezeichnetes, romantisches. Die Frage ob Trenker zu bestimmten Zeitpunkten seines Lebens ein Nazi war ist jedenfalls von der Forschung eindeutig mit Ja beantwortet worden und mich beschleicht das Gefühl, dass hier wieder mal der Mensch hinter dem Nazi gezeigt werden soll. Angebracht wäre allerdings, den Mensch in den Hintergrund treten zu lassen und den Nazi zu zeigen. Das allerdings würde dann wohl nicht mehr nur die RAI überfordern.

Fri, 02/27/2015 - 10:12 Permalink
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kurt duschek Fri, 02/27/2015 - 11:14

...gerade das Verhalten von bekannten Persönlichkeiten in der Vergangenheit, reduziert deren "Heldenhaftigkeit" auf das Niveau eines normalen Menschen. Die Folge ist ein Staunen und ein Aha-Effekt von den normal Sterblichen, welche von diesem Aspekt und über dieses Verhalten des Helden noch nichts wussten. Diese Transparenz und Aufarbeitung ist bei einem öffentlich Sender natürlich nicht unbedingt erwünscht ! Vorbeugen und Zensur rechtzeitig ist immer noch besser. Man kann nie wissen, ob und über welche "heldenhaften Persönlichkeit aus Südtirol" ein Lebensfilm geplant ist. Darin sind dann eventuell transparent noch unbekannte Hintergründe und Machenschaften erwähnt. Ein Schuss vor den Bug durch einen "Zensor" kann nicht schaden.

Fri, 02/27/2015 - 11:14 Permalink
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Traudi Messini Fri, 02/27/2015 - 13:23

Eine Richtigstellung: RAI SÜDTIROL hat über einen Vorankauf Senderechte an der Reihe FRAME erworben; es ist und bleibt die Entscheidungshoheit des Koordinators von RAI SÜDTIROL ein fertig gestelltes Programm nach Prüfung technischer und inhaltlicher Aspekte abzulehnen; im Falle FRAME - LUIS TRENKER wurde zum Jahresende 2014 einvernehmlich fest gehalten, dass das entsprechende Programm nicht ausgestrahlt wird; da mediaart production coop das Programm mit einer Ko-Beauftragung der BLS produziert und dieser gegenüber vertragliche Pflichten einzuhalten hat wurde die selbige über die Entscheidung der RAI SÜDTIROL informiert und es wurde fest gehalten, dass man auf einer anderen Ebene (Filmtage Bozen oder andere Plattformen) dem FRAME-LUISE TRENKER eine Sichtbarkeit geben will.

Fri, 02/27/2015 - 13:23 Permalink
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Elisabeth Modauer Fri, 02/27/2015 - 19:46

Habe die Kommentare unten noch nicht gelesen. Aber diese Weißwestenverherrlichung von Herrn Perwanger und Zensur verärgert mich total. Mein Vater und ich sahen uns jeden Sonntag die Sendung mit Luis Trenker an und waren von der Näherbringung der Berge, dieser Landschaft, von diesem bis ins hohe Alter vitalen Mann begeistert. Auch seine Filme gefielen mir in dieser schwarz/weiß Aufmachung und der damaligen Schnelligkeit.
Als jetzt ein Film über Trenker anstand, dachte ich, wie soll der werden? Langweilig?
Ich war schon auch sehr überrascht, welche Wahrheiten und das ist ja nicht an den Haaren herbei gezogen, von Herrn Trenker da ans Tageslicht kamen. Super! Das kann einer der besten Filme werden.
Was mich verblüfft ist die Tatsache, dass man bei Gesprächen nie was Negatives über Trenker hörte, aber die Leni Riefenstahl bekam immer ihr Fett weg.
Und was ich noch weiß und nicht vergesssen habe:
Die Schlagzeile, dass Luis Trenker mit einer jungen Frau im Alter von 92 Jahren nochmals Vater wurde. Das findet man nirgends im Internet, schon gar nicht in seiner Biographie. Ich sehe sogar noch die Bilder dieser Frau und von ihm vor mir. Sie war vorhanden!
Ich denke nicht, dass sich jetzt jemand, der den Trenker mochte, sich an einer "Wahrheit" aufhängt. Viele Schauspieler von damals mussten nach deren Pfeife tanzen, waren sogar befreundet mit diesen Herren.

Fri, 02/27/2015 - 19:46 Permalink
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klemens hacht Fri, 02/27/2015 - 19:50

dieser fall erinnert mich daran, als im ORF die doku "Dokumentarfilm Kronen Zeitung – Tag für Tag ein Boulevardstück " quasi mit ähnlichen kriterien ein 'aufführungsverbot' bekam, im ARTE aber gezeigt wurde, wo doch absurderweise bei letzterem sender die qualität der programmbespielung eine weit höhere ist. die schwankenden argumentationen Perwangers legen schon nahe, dass es hier um eine art perfide zensur handelt, zumal man das "making of" einer jeder kritischen oder mündigen öffentlichkeit zutrauen kann. für mich hat diese person das falsche amt.

Fri, 02/27/2015 - 19:50 Permalink