Politics | politische Rechte

Unsere politischen Rechte! Wasser auf ihre Mühlen?

Die SVP-Führung tut sich schwer mit den politischen Rechten der Bürgerinnen und Bürger. Sie ist versucht, eine für sie nützliche Verwendung zu finden. Im Falle der vorenthaltenen Direktwahl des/der Landeshauptmannes/frau scheint die Rechnung aufzugehen. In puncto Grundgesetze (Wahlrecht und Gesetz zur Direkten Demokratie) hat die bloße Existenz des bestätigenden Referendums (es ist vom römischen Parlament mit der Zuständigkeit, die Grundrechte auf Landesebene zu regeln, als Kontrollinstrument mitgeliefert worden) beim Wahlgesetz den ärgsten Missbrauch verhindert. Wenn der unbrauchbare SVP-Gesetzentwurf zur Bürgerbeteiligung tatsächlich verabschiedet wird, werden wir Bürgerinnen und Bürger mit der erstmaligen Anwendung des bestätigenden Referendums gefordert sein!
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Wir Bürgerinnen und Bürger haben politische Rechte. Sie sind im Jahr 2001 im Autonomiestatut Art. 47 neu festgeschrieben worden – nicht etwa vom Landtag, sondern vom römischen Parlament. Dazu gehören z. B. auch die Mitbestimmungsrechte und das Recht auf direkte Wahl des Landeshauptmannes. Das Problem ist, dass diese Rechte mit einem eigenen Landesgesetz anwendbar gemacht werden müssen. So warten wir nun schon seit zwölf Jahren auf deren brauchbare Regelung. Zuerst einmal hat die SVP-Führung nicht gewusst, was sie mit diesen Rechten anfangen soll. Sie waren im Weg und ihre Regelung eine Gefahr, Macht zu verlieren. Über die vielen Jahre hin und unter steigendem Leidensdruck, verursacht von aufsässigen Bürgerinnen und Bürgern, ist die SVP-Rige mit ihrer alten Schläue endlich der Sache Herr geworden. Sie entdeckt, welche Gräben zu graben sind, um unser reines Wasser, unsere politischen Rechte, auf ihre Mühlen zu lenken. Wir hätten laut Art. 47 des Autonomiestatuts das Recht, die Spitze der Landesregierung, Landeshauptfrau oder – mann, direkt zu wählen. Die SVP-Führung macht aber ein neues Wahlgesetz, in dem wir diese Direktwahl vergebens suchen. Anstatt dessen dürfen jetzt die SVP-Mitglieder den SVP-Kandidaten für die Spitze der neuen Landesregierung auswählen. Wie demokratisch sie doch ist: sie lässt ihre Mitglieder bestimmen! Wer aber nicht dazu gehört zum SVP-Kosmos, hat nichts zu melden. Da der Mitbestimmungsdrang in der Bevölkerung groß ist, münzt sich dieser sogar in neue SVP-Mitgliedschaften um. Und wie einträglich ist dann auch noch die Botschaft: es kann ohnehin nur ein SVP-Kandidat die Spitze besetzen! Das reicht schon für die SVP! Dies alles, wohl gemerkt, anstatt einer gesetzlich geregelten Direktwahl des/der Landeshauptman/-frau!

Mit der Mitbestimmung war es schwieriger, aber wenn ganz unbedarft an die Materie herangegangen wird, wie es Herr Schuler macht, dann gelingt es auch hier, die SVP-Variante zu finden: Das Neue ist das Alte: „Was wir nun vorlegen, ist ein ausgewogenes Gesetz, welches neue und unkomplizierte Formen der Bürgerbeteiligung ermöglicht“ (Theiner). Einfach muss es sein für das dumme Volk, ja keine ausgefeilten Gesetze, sondern nur Prinzipien, die dann von den Erwählten in Gesetze gegossen werden. Eigentlich reicht es ja schon, wenn die Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen bei der regierenden Mehrheit deponieren können (schon möglich seit 1972!). Der Weg zur Volksabstimmung ist dann ohnehin überflüssig. Er braucht deshalb auch nicht gangbar zu sein (siehe: „Wie das SVP-Gesetz funktioniert“). Das klare Wasser unserer Ideen, unserer Wünsche und Erwartungen auf ihre Mühlen!? Besser könnte sie ihre Macht nicht auffrischen.

Das Dumme ist nur: Unsere politischen Rechte kommen aus Rom, nicht aus dem SVP-Kosmos. Und zu diesen Rechten gehört auch das sogenannte bestätigende Referendum, als Garantie gegen solche eigennützigen Wasserableitungen. Das bedeutet: Kein Grundgesetz soll in Kraft treten, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger in einem Referendum dagegen aussprechen. Allein schon die Existenz dieses Referendums, immer gemäß Art. 47 des Autonomiestatuts, ist erlösend, es wirkt präventiv! Die erste Fassung des SVP-Wahlgesetzes, mit der die SVP bei befürchtetem schwerem Stimmenverlust bei den nächsten Landtagswahlen versuchen wollte ihre Mandatsmehrheit zu erhalten, ist angesichts des drohenden Referendums aufgegeben worden. Ob sie sich nun getrauen wird, ihr Bürgerbeteiligungsgesetz zu verabschieden? Das hängt ganz davon ab, wie sie die mediale Rückendeckung beim Referendum einschätzt. Salto.bz macht ihr da das Leben nicht leichter.
... wenn das Wasser endlich mit befreiter Stärke seine eigne Sach betreibt.“ (Die Ballade vom Wasserrad von Bertold Brecht) ....