Alperia für alle?
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Das Zinsniveau im Euroraum befindet sich derzeit auf einem historischen Tief. Zu verdanken ist das Mario Draghi. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) präsentierte am 10. März ein Paket von Maßnahmen, mit dem unter anderem der Leitzinssatz, also jener Zinssatz, zu dem sich Banken kurzfristig Geld bei der EZB leihen können auf 0,00 Prozent gesenkt wurde. Was bedeutet, dass sich Finanzinstitute offiziell Geld zum Nulltarif abholen können. Von dieser und weiteren Maßnahmen erhofft sich Draghi, die Banken dazu zu bringen, mehr Kredite zu vergeben, wovon wiederum das Wirtschaftswachstum profitieren würde. Vor diesem Hintergrund bahnt sich nun auch in Südtirol ein folgenreicher Schritt an. Um die Gunst der Stunde, sprich das aktuell extrem niedrige Zinsniveau zu nutzen, will das Land erstmals Obligationen für die neue Landesenergiegesellschaft Alperia ausgeben. Am 14. April hat man sich im Rahmen der Staat-Regionenkonferenz die Zusicherung dafür abgeholt. Bis Ende Juni hat das Land nun Zeit, “um ihre Alperia Obligationen-fit zu machen”, wie die Tageszeitung Dolomiten am Dienstag zu berichten weiß.
Frisches Geld für alte Schulden
Obligationen, oder auch Anleihen, werden im Normalfall von Staaten, Banken oder Unternehmen ausgegeben und sind festverzinsliche Wertpapiere. Mit dem Kauf einer Obligation gewährt der Gläubiger demjenigen, der sie ausgibt, Fremdkapital – im Gegensatz zur Aktie, mit der der Käufer einen Anteil am Eigenkapital des Unternehmen erwirbt. Die Entscheidung, für Alperia solche Schuldscheine auszugeben, hat man beim Land getroffen, um zu sparen, wie Landeshauptmann Arno Kompatscher betont: Mit dem frischen Geld, das mit den Obligationen in die Alperia fließe, könnten alte, teurere SEL-Darlehen bei den Banken zurückgezahlt werden. “Ich sehe dieses Unterfangen als sehr positiv, wenn wir danach deutlich niedrigere Zinsen zahlen”, sagt Kompatscher zu den Dolomiten. “Prinzipiell” positiv sieht auch Andreas Pöder die Pläne des Landes. Einerseits könnten damit alte Schulden getilgt, andererseits das Unternehmen Alperia auf eine breite Basis gestellt werden. Einen Haken hat der Landtagsabgeordnete der Bürgerunion allerdings entdeckt. Laut Aussage von Landeshauptmann Kompatscher sollen die Alperia-Obligationen nur an institutionelle Anleger wie Versicherungen und Pensionsfonds ausgegeben werden. “Das heißt, dass nicht alle Bürger ihr Geld in Alperia-Obligationen anlegen können”, stellt Pöder fest. Diese Tatsache sieht er kritisch. Und hat bereits einen Beschlussantrag aufgesetzt, den er im Landtag einreichen will. Darin fordert er: “Alperia-Beteiligungen für alle”.
“Alperia für alle”
“Alle Südtiroler sollten die Möglichkeit haben, sich am Energieriesen zu beteiligen”, erklärt Pöder gemeinsam mit dem Wirtschaftssprecher der Bürgerunion, Dietmar Zwerger. Dieser sieht in den Obligationen “eine attraktive Alternative zu Zusatzrentenfonds” und gleichzeitig auch eine Möglichkeit für die Bevölkerung und die Wirtschaft Südtirols, “sich neben der emotionalen Ebene auch finanziell mit der Landesgesellschaft zu identifizieren”. “Sollten die Obligationen wie geplant nur an institutionelle Anleger wie Versicherungen und Pensionfonds gehen, entfernt die Landesregierung die Alperia unsinnigerweise von der Bevölkerung, verstößt gegen jede Regel der freien Marktwirtschaft und erbaut um den Energiesektor wieder ein Elite-Konstrukt”, bemängelt Zwerger.
Gleichzeitig mit dem Verkauf von Alperia-Obligationen an alle Südtiroler Interessenten fordert die Bürgerunion auch die Senkung der Strompreise, “angesichts der Tatsache, dass durch diese Obligationen Zinsen eingespart und die Liquidität der Alperia erhöht werden”. Mit dem Beschlussantrag will Andreas Pöder die Landesregierung nun zu diesen beiden Schritten verpflichten, wie in dem Dokument zu lesen ist: