Politics | Leifers

Regierungspartner Movimento 5 Stelle?

Verlässt die Fünf-Sterne-Bewegung in Südtirol ihr Prinzip, keine Allianzen zu bilden? Warum sich die SVP in Leifers mit der Lega Nord und dem M5S wiederfinden könnte.

Paolo Castelli weiß, was er in der Hand hat. Knapp 9 Prozent der Stimmen hat die 5-Sterne-Bewegung im ersten Wahlgang in Leifers erzielt, knapp 700 Vorzugsstimmen hatte 5-Stelle-Bürgemeisterkandidat Castelli selbst erhalten. Damit sitzt der Vertreter der Fünf-Sterne-Bewegung künftig nicht mehr allein im Gemeinderat, sondern hat mit Alberto dell’Osbel Verstärkung erhalten.  Zwei Mandate, die nach der Stichwahl am Sonntag gewaltig an Wert gewonnen haben. 14 Mandate braucht der neugewählte Leiferer Bürgermeister Christian Bianchi für eine Mehrheit im 27-köpfigen Leiferer Gemeinderat. Acht bringt  er mit seiner Liste Uniti per Laives und seinen beiden Unterstützern Lega Nord und der Bürgerliste Indipendenti ein. Fünf weitere Mandate könnte die Südtiroler Volkspartei beisteuern. Doch dann fehlt immer noch ein Mandat – und woher nehmen, wenn nicht vom M5S? „Ohne uns werden sie es nicht schaffen, eine Regierung zusammenzubekommen, das ist so gut wie sicher“, gibt sich Castelli selbstbewusst. Denn sämtliche weiteren Mandate sind direkt mit Liliana di Fede verbunden oder politisch so weit von einem möglichen Koalitionspartner Lega entfernt, dass eine Regierungsbeteiligung ausgeschlossen scheint.

„Wir sind dagegen offen nach rechts, links und in Richtung Zentrum“, sagt Castelli. „Unter der Bedingung, dass unser Programm umgesetzt wird.“ Neue Töne von einer Bewegung, für die Oberhaupt Beppe Grillo seit jeher vorgeben hat: „Non allearsi con gli altri Partiti“.  Doch wie der Leiferer 5-Sterne-Vertreter meint: Es gibt einen großen Unterschied zwischen Südtiroler Gemeinden wie Leifers und den Gemeinden unterhalb von Salurn. Denn von Trentino südwärts sehe das Wahlsystem eine Mehrheitsprämie vor. In Südtirol sind die Voraussetzungen mit dem Verhältniswahlrecht dagegen so verschieden, dass Paolo Castelli keine großen Probleme mit Rom sieht, sofern es ihm gelingt, in einer Allianz wesentliche Punkte des 5-Stelle-Programms durchzusetzen. Ein Thema, das am Dienstag Abend zweifelsohne auch Thema einer Sitzung der neugewählten 5-Stelle-Gemeinderäte sein wird. Nicht überall werden die strengen Statuten der Bewegung aber so großzügig interpretiert wie in Leifers. „Bellissimo“ wäre es beispielsweise für die neugewählte Meraner 5-Stelle-Gemeinderätin Francesca Schir laut eigenen Aussagen, gemeinsam mit Paul Rösch zu regieren. „Wir haben so viele gemeinsame Programmpunkte, wir teilen unseren Einsatz für mehr Direkte Demokratie, für die Umwelt“, gerät sie ins Schwärmen. „Doch wenn ich jetzt Ja zu einer Regierungsbeteiligung sagen würde, hätte ich Angst, aus der Bewegung ausgeschlossen zu werden“, sagt Schirr. Bereits in den vergangenen Tagen hat sie deshalb über den Trentiner Kammerabgeordneten Riccardo Fraccaro eine Anfrage an das Führungsgremium weitergeleitet, inwiefern Südtirol aufgrund der fehlenden Mehrheitsprämie von den nationalen Vorgaben befreit werden kann.

Hoher Preis

Sollte die Antwort aus Rom positiv ausfallen, könnten sich zumindest in Leifers und Meran ein neues Kapitel in der jungen Geschichte der Bewegung ankündigen. Obwohl auch Bozens Bürgermeister Luigi Spagnolli durchaus jene vier Mandate brauchen könnte, die die Bewegung in der Landeshauptstadt errungen hat, ist hier eine Einigung wohl schon vorab auszuschließen. In Leifers dagegen könnte sie – vor allem angesichts der wenig verheißenden Alternative Neuwahlen – durchaus ins Auge gefasst werden. Der Preis dafür wäre allerdings nicht gerade billig, gibt Paolo Castelli schon vorab zu verstehen. In dem Fall müssten sowohl der neue Mitte-Rechts-Bürgermeister als auch sein neuer Partner Volkspartei vorab einige Forderungen in ihr Koalitionsprogramm aufnehmen, die dem einen oder anderen sauer aufstoßen werden: Senkung des Quorums für Referenden auf 15% im Gemeindestatut, Reduzierung der Kosten der Gemeindepolitik um zumindest 20 Prozent und Errichtung eines Fonds für Soziales, über den die eingesparten Gehälter verteilt werden, Verpflichtung zur Errichtung neuer Radwege innerhalb einer vorab definierten Frist. „Wenn sie uns dabei haben wollen, braucht es vorab die Zusicherung, innerhalb welcher Zeitspanne unsere Programmpunkte umgesetzt werden – se non si va a casa“, sagt Castelli.

Eine steile Vorlage für die nun beginnenden Koalitionsgespräche. Doch auch das gehört wohl zum Preis der Blockfreiheit.