Environment | Replik

Land ohne Sünden?

Wegen der Kritik an der Pestizid-Politik des Landes schreibt Landesrat Arnold Schuler an Legambiente: “Wir werden dafür bestraft, dass wir strenger sind als andere.”
Pflanzenschutzmittel
Foto: Othmar Seehauser

“Hier wird mit Ängsten Politik gemacht.” Es war Mitte Mai als Arnold Schuler hart mit Alessandro Urzì ins Gericht ging. Der Landtagsabgeordnete von Alto Adige nel Cuore hatte einen Beschlussantrag eingereicht, mit dem er die “sofortige Rücknahme der Liste der in den Trinkwasserschutzgebieten zugelassenen Pflanzenschutzmittel” forderte.

“Das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln in Wasserschutzgebieten kann eine Gefahr für das zu Trinkwasserzwecken genutzte Grund- und Oberflächenwasser darstellen. Daher ist es notwendig, die Anwendung auf jene Mittel zu beschränken, die mit dem Trinkwasserschutz vereinbar sind.”
So heißt es in Beschluss Nr. 142 vom 12. März, mit dem die Landesregierung die Liste all jener Pestizide genehmigt hat, die in den Trinkwasserschutzgebieten ausgebracht werden dürfen

Der Beschluss hatte vor Urzì bereits Umweltschützer, Grüne und 5 Sterne Bewegung auf den Plan gerufen. Unter anderem, weil sechs Pestizide darauf aufscheinen – Captan, Chlorpyriphos-Methyl, Dithianon, Fluazinam, Mancozeb, Glyphosat –, die wegen ihrer möglichen oder nachgewiesenen umwelt- bzw. gesundheitsschädlichen Wirkung zum Teil heftig umstritten sind.
“Keiner der genannten Wirkstoffe ist jemals im Trinkwasser nachgewiesen worden”, verteidigte sich Landwirtschaftslandesrat Schuler im Mai im Landtag. Außerdem sei es so, dass in Trinkwasserschutzgebieten nur Pflanzenschutzmittel verwendet werden dürfen, die in der von der Landesregierung genehmigten Positivliste enthalten sind. Und diese sei mit Beschluss Nr. 142 um 38 Mittel gekürzt worden, so Schuler. Sprich, seit März dürfen 38 Mittel weniger als zuvor in den Trinkwasserschutzgebieten angewendet werden.

 

Legambiente sieht schwarz, Schuler kontert

 

Mit der Ablehnung von Urzìs Beschlussantrag ist aber noch kein Gras über die Sache gewachsen. Vergangene Woche teilte die Umweltschutzorganisation Legambiente mit, dass sie man dem Land Südtirol die “schwarze Flagge” verliehen habe – wegen Beschluss Nr. 142, mit dem der Einsatz “von potentiell umweltgefährdenden Pestiziden in sensiblen Zonen bzw. dort, wo Trinkwasser vorkommt” genehmigt worden sei.

Die unschöne Auszeichnung lässt Arnold Schuler nicht auf sich sitzen. Der Landesrat wendet sich mit einem offenen Brief an Legambiente-Präsident Stefano Ciafani. Darin zeigt sich Schuler erstaunt über die “schwarze Flagge”, die Legambiente vergibt, wenn aus ihrer Sicht Umweltsünden vorliegen, und meint: “Dieser Vorwurf ist ungerechtfertigt.”

Legambiente bestraft Südtirol für seine Vorreiterrolle in Sachen Pflanzenschutz – dafür, dass wir weit mehr als die anderen italienischen Regionen für den Wasserschutz tun”, ist Schuler überzeugt.

In dem zweiseitigen Schreiben hält der Landwirtschaftslandesrat fest:

“Südtirol geht mit dem Thema Pflanzenschutz sehr vorsichtig um. Legambiente interpretiert den Beschluss der Landesregierung falsch: Dieser sieht nämlich eine Positivliste für zugelassene Pflanzenschutzmittel in Wasserschutzgebieten vor. Damit schließen wir alle anderen Pflanzenschutzmittel aus, die laut italienischem Gesetz ebenfalls verwendet werden dürften. Es geht uns darum, Wasserschutz und landwirtschaftliche Produktion in Einklang zu bringen. Mit dem Beschluss haben wir einen weiteren Schritt in diese Richtung gesetzt. Keine andere Region hat eine solche Positivliste erstellt. Während also andere Regionen viel mehr Pflanzenschutzmittel erlauben, kritisiert Legambiente uns für unsere strengere, aktivere und zudem transparente Linie in Sachen Pflanzenschutz!”

Zudem übersehe Legambiente, so Schuler, dass “auf 82 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Oberfläche in Südtirol überhaupt keine Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger ausgebracht werden. Das bedeutet: Nur auf fünf Prozent der gesamten Landesfläche finden diese Substanzen überhaupt Anwendung. Zudem überwacht das Land die Verwendung der Pflanzenschutzmittel. Keine der aktiven Substanzen wurde jemals im Südtiroler Trinkwasser gefunden”.

“Das oberste Ziel der Landwirtschaft bleibt, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Minimum zu reduzieren und Abdrift zu verhindern”, schreibt Schuler abschließend.