Society | Interview

Die ersten ihrer Familie

Drei sogenannte "First-Generation students" erzählen wie es ist, als Nicht-Akademiker-Kind zu studieren.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Web.de

Matthias Alber studiert Wirtschaftswissenschaften und Betriebsführung und arbeitet nebenbei als Assistent der Geschäftsleitung EWO. Kathrin Pichler hat ein Studium in Wirtschaftswissenschaften absolviert und arbeitet in der Abteilung Innovation und neue Märkte der lvh.apa. Ian Carta hat ein Designstudium abgeschlossen und macht ein Praktikum in der Pressestelle der unibz. 

 

Warum hast du ein Studium gewählt?

Matthias: Wirtschaft hat mir schon immer gut gefallen und ich war dann unentschlossen zwischen Sport und Wirtschaft. Dann habe ich mich informiert, wo ich mehr Berufschancen haben und mich für Wirtschaft entschieden. 

Kathrin: Nach dem Sprachenlyzeum in Bozen hat es sich angeboten ein weiterführendes Studium zu machen, einfach um sich nochmal auf ein Thema zu fokussieren und dann in die Berufswelt einsteigen zu können. Weil das Gymnasium eine recht allgemeine Ausrichtung hat, habe ich es als notwendig empfunden mit einem Studium weiter zu machen. 

Ian: Dopo le scuole medie ero un po’ incerto sul percorso scolastico da seguire, ma sapevo che avrei voluto continuare a studiare in un liceo e mi sarebbe piaciuto riuscire un giorno ad arrivare a fare l’università. 

 


Wie haben deine Eltern reagiert?

Matthias: Mein Vater hat einen Zimmermann-Betrieb und ich bin der einzige Sohn. Zu Hause war es immer so, dass man machen konnte was man möchte. Ich war als kleiner Junge schon immer mal mit im Betrieb und es war nicht so, dass mir das nicht gefallen hatte. Aber ich habe meine Zukunft nicht in einem handwerklichen Betrieb gesehen. Mein Vater hat das sehr gut aufgenommen und meinte, ich solle das machen was mir gefällt, denn ich müsse die nächsten fünfzig Jahre damit arbeiten und leben. Er sagte es bringe nichts, wenn ich etwas mache, weil er es möchte und nach 20 Jahren dann nicht mehr mache, weil es mir eigentlich keinen Spaß macht. Ich hatte da volle Unterstützung von seiner Seite. Obwohl er weiß, dass die Firma wahrscheinlich nicht weiter bestehen wird. 

Kathrin: Sehr positiv. Ich hatte stets großen Rückhalt in der Familie und sie konnten die Entscheidung nachvollziehen und haben mich unterstützt. Meine Mutter war und ist da auch sehr offen und überlegt selbst ein Studium nachzuholen. Sie hat sich selbst auch ganz unabhängig weiter gebildet. Früher hat es das ja noch nicht gegeben, dass Frauen studiert haben. Sie hat sich dann selbstständig gemacht. Durch das unternehmerische Denken in der Familie war man gegenüber einem Studium immer positiv eingestellt. Und mein Bruder hat zum Beispiel einen handwerklichen Beruf erlernt, da gab es aber nie einen Unterschied von der Wertigkeit. 

Ian: I miei genitori hanno sempre cercato di farmi capire l’importanza dello studio a livello personale ed i limiti che purtroppo la mancanza di un diploma di laurea ha imposto loro. Gli sarò sempre grato di aver creduto in me e di avermi spronato ad andare, in un certo senso, oltre a loro.

 

Hattest du das Gefühl, im Vergleich zu Mitstudierenden aus Akademiker-Familien, Defizite aufholen zu müssen? 

Matthias: Defizite vielleicht nicht, aber im Bereich Informationen fehlte es schon. Ich wusste nicht genau was ein Studium bedeutet, beziehungsweise was alles neben dem Lernen wichtig ist zu beachten. Sicherlich war es schwieriger für mich, da meine Eltern nicht studiert haben und von einem elterlichen Betrieb kommen, sich über gewisse Sachen im Studium zu informieren. Ich bin auch der Älteste und meine vier Jahre jüngere Schwester hat es da schon einfacher gehabt. Da wussten meine Eltern schon, was es heißt zu studieren und was man bedenken muss. Das war das einzige Handicap. 

Ian: Non è detto che una famiglia di laureati sia necessariamente una famiglia migliore, può forse aiutarti spiegandoti dei concetti che non hai capito bene a lezione, ma non trovo di essere stato penalizzato nella mia scelta. Sono riuscito a diplomarmi senza problemi a marzo di quest’anno, e vedo il mio diploma di laurea al tempo stesso un traguardo personale dopo anni di studio, un vantaggio per i miei lavori futuri, ed infine ho sempre pensato alla laurea come ad un ringraziamento agli sforzi dei miei genitori. 

Kathrin: Gar nicht. 

 


Akademiker-Kinder haben keine Vorteile?

Kathrin: Vielleicht das Umfeld. Sicherlich haben Eltern mit akademischem Hintergrund mehr Kontakte, vielleicht auch ins Ausland oder genau in die Stadt, wo das Kind studieren will. Das man zum Beispiel einen Vorteil bei der Wohnungsbeschaffung hat. 

Matthias: Jemand der aus einer Akademiker-Familie kommt, weiß in Bezug auf die Informationsbeschaffung vielleicht besser Bescheid. Ihm wurde vielleicht gesagt, dass es zum Beispiel Auslandssemester gibt. Ich wusste das später auch, aber ich habe mir die Informationen selber gesucht. Die Erfahrungen musste ich selber machen. Es gab niemanden der mir vorher mitgeteilt hatte, was da so alles auf mich zu kommt. Ich finde das aber nicht schlimm. Ich habe meine Erfahrungen alleine gemacht und drei Jahre neben dem Studium auch gearbeitet. Für mich war es wichtig, die eigenen Erfahrungen zu machen.

Ian: Quando si cresce in una famiglia di laureati viene forse più immediato pensare di intraprendere la carriera universitaria; è quasi una consuetudine continuare il percorso di studio intrapreso dai propri genitori. Infatti mentre alle scuole medie ed al liceo quasi nessuno dei miei amici aveva genitori laureati, qua in unibz la situazione si è ribaltata: i genitori della maggior parte delle persone che conosco, hanno una laurea. Avere i genitori laureati può forse essere un punto di riferimento da seguire negli anni dell’adolescenza, quando non si è molto sicuri di quale strada intraprendere, e scaricare il peso della scelta su di essi e seguire i loro passi può certo sembrare un aiuto; ma trovo che aver scelto da solo la strada da seguire mi abbia reso più consapevole della mia crescita personale.

 

Wie sah es mit Unterstützung in Bezug auf Prüfungen aus?

Matthias: Ich hatte nie den Wunsch größere Unterstützung zu bekommen, weil durch meine Berufstätigkeit habe ich mir eh alles selber organisiert. Für meine Eltern war es oft gar nicht nachvollziehbar, wie weit ich gerade in meinen Studium bin. Ich glaube auch, dass sie nicht wirklich wissen wie viel mir noch fehlt, beziehungsweise wie viel ich schon erledigt habe vom Studium. Weil ich verschiebe dann eine Prüfung oder mache eine andere. Sie vertrauen mir zur Gänze, dass ich das schon machen werde und meinen Weg gehen werde. Wenn ich am Anfang vom Studium Fragen hatte in Bezug auf Prüfungen oder wenn ich nervös war, hatte ich logisch nicht die Informationen wie es vielleicht ein Akademiker-Kind hatte. Aber sie haben mir dann so gut zugeredet und geholfen. 

 

Ist vielleicht auch ein Vorteil und weniger Druck, wenn die Eltern nicht so Bescheid wissen?

Matthias: Das stimmt sicher, ich hatte nie den Druck, das Studium jetzt in drei Jahren zu schaffen und Prüfungen zu bestehen. Wenn eine Prüfung nicht gut gelaufen ist, dann war das ok. Vielleicht weil sie auch nicht so Bescheid wussten, was zu tun war oder ist. Aber viele, die mit mir angefangen haben, schließen jetzt ab und wenn ich mit denen spreche, dann heißt es, wie du hast nicht fertig und dir fehlen noch Prüfungen. Die haben nicht verstanden, dass wenn jemand noch nebenbei arbeitet es nicht schafft alle Prüfungen zu machen. Wenn man acht Stunden arbeitet kann man nicht nochmal acht Stunden lernen. Ich fühle mich dann manchmal schlecht und muss mich immer daran erinnern, dass ich ja nebenbei gearbeitet habe. 

 

Glaubst du, dass mehr Studierende aus nicht Akademiker-Familien neben dem Studium arbeiten und wenn ja, warum?

Matthias: Ich glaube, dass die Kinder aus Nicht-Akademiker-Familien eher arbeiten. Das hängt glaube ich damit zusammen, dass die von zu Hause eher gehört haben, du musst was ordentliches lernen und arbeiten. Ich hatte schon immer das Gefühl und Bewusstsein, ich möchte mir das was ich mir selber aufbaue auch selber leisten und mein Studium selber finanzieren. Ich möchte mir etwas aufbauen, auf das ich stolz sein kann. Dieses Bewusstsein ist vielleicht bei Nicht-Akademiker-Kindern höher, als bei Akademiker-Kindern. Aber das ist nur meine subjektive Beobachtung. 

Kathrin: Kann ich mir schon vorstellen. Ich habe nach der Matura ein Jahr Auszeit genommen und gearbeitet, einfach um die Distanz zu bekommen. Weil ich aber auch müde vom Lernen war. 

 

Vielleicht weil es in Nicht-Akademiker-Familien auch eher an finanzieller Unterstützung fürs Studium fehlt?

Kathrin: Es hat immer mit der Einkommenssituation der Eltern zu tun. Wenn es die finanzielle Situation daheim weniger gut zulässt zu studieren, dann ist die Bereitschaft der Kinder sicher höher selbst zu arbeiten. Obwohl es heute auch nicht mehr automatisch gegeben ist, dass Akademiker-Familien immer finanziell gut dar stehen.

Matthias: Das sehe ich auch so, ich hatte das Glück, dass wir einen mittelständigen Betrieb zu Hause hatten. Aber das könnte sicher ein Grund sein, dass Nicht-Akademiker-Familien eher weniger verdienen und dass die Kinder, wenn sie studieren wollen, gezwungen sind sich das Studium eigenständig zu finanzieren und mehr Opfer dafür bringen müssen.