Society | Familienleben

Der Familiensommer der Frustration

Jährlich wird auf die Belastung für Kinder und Eltern im Sommer aufmerksam gemacht. Aber es verbessert sich nichts. Zumindest nichts, das unsere Familie entlasten würde.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Elterninitiative Südtirol

Es ist Halbzeit. Nein, wir reden (leider) nicht vom Fußball. Halbzeit der 11,5 Wochen Sommerferien. Nicht nur meine Nerven liegen blank, sondern die der gesamten Familie! Ich fühle mich wie im Film Und täglich grüßt das Murmeltier.

Schon mal vorausgeschickt: Als Elterninitiative Südtirol engagieren wir uns in der Allianz für Familie für ein integratives Bildungs- und Betreuungskonzept von 0 – 14 Jahren und haben die Hoffnung (immer noch) nicht aufgegeben.

Für jene, die sich das noch nicht ganz vorstellen können: meine Urlaubstage reichen nicht annähernd aus um die ca. 18 Wochen Ferien im Jahr, plus Krankheitstage der Kinder und Quarantänen abzudecken.
Und während Schule und Kindergarten im Dornröschenschlaf liegen, geht's bei uns so richtig rund. Verschiedene Sommerangebote sind gebucht, Oma muss aushelfen. Mittendrin die 3-jährige, die nicht im „Sommerkindergarten“ bleiben will. Eingewöhnung gibt's ja nur im normalen Kindergarten. Auch der 6-jährige weint und besteht darauf, mit mir zur Arbeit mitzukommen, weil er Bauchweh hat. Im Sommer weht unseren Kindern ein anderer Wind um die Ohren, ich nenne diese steife Brise gern die "Arrangiati"-Pädagogik. In der bildungsfreien Zeit ist es egal, wie es den Kindern geht, Hauptsache sie sind irgendwo geparkt. Ich verfluche das Universum und meine Berufswahl. Tägliche Dramen und hunderte von Euros für eine Betreuung, bei der meine Kinder gar nicht sein wollen und ich mich täglich sorge, ob alles gut geht.

Auf dem Papier sehen die Zahlen natürlich gut aus. So und so viele Plätze in so und so vielen Gemeinden. Aber man muss schon dabei sein um den ganzen "Sommerspaß", der einem auf den bunten Plakaten entgegenlacht, auch wirklich mitzubekommen. Junge Betreuer:innen, die oft nicht wissen, wie Kleinkinder altersgerecht in Empfang zu nehmen sind, die Bedürfnisse und Gefahren schwer einschätzen können. Weinende Kinder, weil das unbekannte Umfeld sie tief verunsichert. Frustrierte Eltern, die das Gefühl haben, alles falsch zu machen, nur weil sie den Lebensunterhalt für ihre Familie verdienen. Das steht alles nicht in der Statistik. Natürlich kann man auch Glück haben. Es ist pures Glück, ob im eigenen Wohnort ein Angebot stattfindet und wenn ja, ob es zum Kind, zur Arbeitszeit und zu den finanziellen Möglichkeiten passt. Bisher war dieses Glück leider nicht so ganz auf unserer Seite.

 

 

Es ist paradox. Mit einem 1-jährigen Kind könnten Eltern theoretisch ganzjährig Vollzeit arbeiten, wenn sie mal einen Kitaplatz ergattert haben. Kommt das Kind in den Kindergarten, muss die Arbeitszeit umgehend reduziert werden, plus Ferienstress. Krönung ist die Grundschule, da sind die Kinder um 13 Uhr hungrig zu Hause. Erwerbstätig sein - ohne Unterstützung von Großeltern - wird dann zum reinen Spießrutenlauf.

Es gibt gute Gründe dafür, dass Italien bei der Geburtenrate Jahr für Jahr Negativrekorde aufstellt. Im ach so kinderfreundlichen Italien! Aber es reicht nicht kinderfreundlich zu sein, ein Land muss auch elternfreundlich sein, damit junge Menschen sich dafür entscheiden, Kinder zu bekommen. Kinder passen aber nicht ins System. Oder passt doch das System nicht für Kinder?

Warum – zum Kuckuck – haben Kinder 80 Tage frei, Eltern aber nur 30? Die Antwort weiß ganz allein der Wind. Die Politik in Südtirol kennt sie jedenfalls nicht. Und falls sie sie kennt, schweigt sie darüber.

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Josef Fulterer Sat, 07/30/2022 - 08:18

Warum wagen sich die Politiker nicht an die längst, durch den Zwang zur Frauenarbeit, überholten Praxis die Kindergärten nur von 8,00 bis 15,00 Uhr offen zu halten und im Sommer ganz zu schließen?
Mit variablen Zeiten von 8,00 bis 18,00 Uhr hätten Familienmitglieder in Teilzeit / Alleinerziehende die Möglichkeit, den Wettlauf mit dem Alltag leichter zu bewältigen.

Sat, 07/30/2022 - 08:18 Permalink