Politics | Landtagswahl

Was will er?

Die Liste an Kritikpunkten, die Thomas Widmann an der Landesregierung aufzählt, ist lang, trotzdem will er nicht „gegen“ seine „Mutter-Partei“ antreten.
Auf Schloss Maretsch hat Thomas Widmann heute (26. Juli) seine Liste, oder besser gesagt, sein Programm vorgestellt, mit welchem er zu den Landtagswahlen im Herbst antreten will. Nach seiner Ankündigung, sich mit einer eigenen Liste dem Wählerwillen stellen zu wollen, war der Medienandrang bei seiner Pressekonferenz entsprechend groß. Dabei wurde vor allem eines deutlich: Die Liste mag zwar „Für Südtirol mit Thomas Widmann“ heißen und das Listenzeichen ein Abbild des Rosengartens zeigen, im Grunde genommen verbirgt sich dahinter jedoch das „kleine Edelweiß“, unter dem ihm anzutreten, die Partei-Führung untersagt hatte.
 
 
Da fragt man sich, wem ist das eingefallen?
 
 
Gekonnt und eloquent trug der geschasste ehemalige Landesrat, der in der Edelweiß-Partei groß geworden war, seine Rede vor und sparte dabei nicht an Kritik – nicht an der SVP, die eine falsche Abbiegung genommen hatte, sondern an einigen ihrer Exponenten. Zwar nannte Widmann nicht deren Namen, anhand der Fehlentscheidungen, die seiner Meinung nach jedoch in einigen Ressorts getroffen worden waren, konnte man unschwer erkennen, wer gemeint war: Sanität – Landeshauptmann Arno Kompatscher, Tourismus – Landesrat Arnold Schuler und Raumordnung – Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer. Letztere bekam ihr Fett, ebenso wie Landesrat Schuler für sein Betten-Stopp-Gesetz – auch wegen ihrer Forderung nach einem Stopp der Tourismus-Werbung ab. „Da fragt man sich, wem ist das eingefallen?“, so Widmanns Kommentar.
 
 
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Thomas Widmann, Spitzenkandidat der Liste „Für Südtirol mit Thomas Widmann“: „Die Grundwerte der Südtiroler Volkspartei sind meine.“ (Foto: Seehauserfoto)
 
 
 
Es bestehe dringender Handlungsbedarf, denn man habe es mit Krisen wie dem Ukraine-Konflikt und der Klima-Erwärmung zu tun und die Menschen seien verunsichert. Aufgabe der Politik sei es, Antworten zu geben. In der Folge zählte Widmann mehrere Bereiche auf, in denen es seiner Meinung nach gründlich schief läuft, wie beispielsweise beim fehlenden leistbaren Wohnraum, Engpässen in der Gesundheits- und Altersversorgung und Zukunftsängsten bei den Jugendlichen. Auf die Wohnungsnot, aufgrund derer viele junge Leute nicht mehr nach Südtirol zurückkehren, habe man mit den falschen Maßnahmen wie beispielsweise mit der Einführung der Super-GIS oder mit der Leerstandserhebung reagiert, die seiner Meinung nach nicht viel gebracht habe. Probleme über Probleme, die einer Lösung bedürfen.
Was seine Kandidatenliste betrifft, so schwieg sich der gewiefte Politiker über die Namen aus – Nährboden für weitere Spekulationen, die bereits seit der Bekanntgabe von Widmanns Kandidatur ihre Blüten treiben. So geht es aus einem Bericht, der heute in der Südtiroler Tageszeitung erschienen ist, hervor, dass Ewald Moroder, ehemaliger Bürgermeister von St. Ulrich sich mit dem Gedanken trägt, für Widmann zu kandidieren. Auch andere ehemalige und amtierende Gemeinde-Politiker, die der SVP enttäuscht den Rücken zugekehrt haben, sollen sich unter den potentiellen Kandidaten befinden, ebenso werden der Direktor des Südtiroler Energieverbandes, Rudi Rienzner, – diesen Namen hatte der Corriere dell‘ Alto Adige ins Spiel gebracht – und Paula Aspmair als heiße Kandidaten gehandelt. Widmann selbst gibt sich trotz mehrmaligen Nachfragens bedeckt: Aus Respekt vor den Kandidaten, denen die Möglichkeit geboten werden soll, sich ausführlich vorzustellen, werden die Namen erst in den kommenden Tagen bekannt gegeben. Eines scheint sicher: Luis Durnwalder wird nicht für Widmann kandidieren, eine diesbezügliche Frage eines Journalisten dementierte der ehemalige Landesrat lachend.
 
 

Nichts zu verlieren

 
Warum tut sich ein ehemaliger Partei-Sekretär und Landesrat das an? Widmann selbst erklärte, dass er unter dem Zeichen des Edelweißes geboren sei, und betonte: „Die Grundwerte der Südtiroler Volkspartei sind meine.“ Allerdings sei die Partei, die ihm eine erneute Kandidatur verwehrt hatte, in eine Schieflage geraten. Anstatt Energien und Köpfe zu mobilisieren, setze man auf Ausgrenzung; statt Vielfalt, herrsche Linientreue und Konformismus vor. „Ich hätte gerne meinen Beitrag geleistet, um Antworten auf die drängendsten Fragen zu geben, was mir jedoch verwehrt wurde“, so der Listen-Gründer, der erklärte, dass der Ansporn, für das Land etwas zu tun, so groß gewesen sei, dass es ihm keine Ruhe gelassen und er sich entschlossen habe, mit einer eigenen Mannschaft und einer eigenen Liste, der er als Spitzenkandidat vorstehen wird, anzutreten. Seine Kandidatur richte sich nicht gegen jemanden oder gegen etwas, sondern sei als Angebot zu verstehen, die Politik in Südtirol zu verbessern. Wer soll dieses Angebot aber nutzen? Jene, die zwar im Herzen ebenfalls SVP-Anhänger, aber von Kompatscher und seinen Getreuen enttäuscht sind? Jene, die sich aus Frust bereits vor fünf Jahren für die neue „Volkspartei“, dem Team K, entschieden haben – und sich aufgrund der 600-Euro-Affäre und den zeitweisen Zerfallserscheinungen der „Gelben“ erneut enttäuscht sehen?
 
 
 
 
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Thomas Widmann: „Ich hätte gerne meinen Beitrag geleistet, um Antworten auf die drängendsten Fragen zu geben, was mir jedoch verwehrt wurde.“ (Foto: Seehauserfoto)
 
 
Widmann hat nichts zu verlieren und der Vollblut-Politiker ist ein gewiefter Spieler. Wenn eine Kurs-Korrektur der SVP nicht von innen gelingt, dann vielleicht von außen? Ausweichend waren seine Antworten nämlich nicht nur hinsichtlich möglicher Kandidaten, sondern auch bezüglich seiner Strategie, sollte er den Einzug in den Landtag schaffen.
 
 
Dass der Frieden unter dem Edelweiß länger halten wird als bis zur Stimmen-Auszählung, scheint fraglich.
 
 
Als Wahlziel formulierte Widmann ein Ergebnis, das es ihm ermöglichen würde, seine Vorstellungen umzusetzen, was die Vermutung nahelegt, dass er eine Koalition – in welcher Form auch immer – anstrebt bzw. die Befürchtung einiger SVP-Exponenten anheizt, dass der „alte Fuchs“ versuchen könnte, die Edelweiß-Partei in einer „halben“ Oppositionsrolle mürbe zu machen und nach der Wahl, Zug um Zug, seine ehemaligen Kameraden auf seine Seite zu ziehen. Denn dass der Frieden unter dem Edelweiß länger halten wird als bis zur Stimmen-Auszählung, scheint fraglich. Alles, was Widmann für die Umsetzung dieser Strategie braucht, ist ein Mandat – und das sollte ihm gelingen.