Jahres(w)ende
,Die Generation Y gilt als vergleichsweise gut ausgebildet, oft mit Fachhochschul- oder Universitätsabschluss. Sie zeichnet sich durch eine technologieaffine Lebensweise aus, da es sich um die erste Generation handelt, die größtenteils in einem Umfeld von Internet und mobiler Kommunikation aufgewachsen ist. Sie arbeitet lieber in virtuellen Teams als in tiefen Hierarchien. Anstelle von Status und Prestige rücken die Freude an der Arbeit sowie die Sinnsuche ins Zentrum.‘
Als noch-nicht-ganz-Dreißigjährige selbst der Generation Y zugehörig, habe ich diese Definition natürlich auch aus dem Netz. Wikipedia. Treffend, finde ich.
Ich gehöre einer Generation an, der von Kindesbeinen an vermittelt wurde, dass ihnen die Welt offen steht. Und wir haben uns für die Welt gerüstet. Wir haben gelernt. Wir sind gereist. Uns wurde beigebracht, wir müssten nur wissen, was wir wirklich wollen (das Manko unserer Eltern?), und redlich und fleißig sein, (die Glaubenssätze unserer Großeltern!), so werden wir unsere Ziele auf jeden Fall erreichen.
Unsere Träume und unsere Realität
Unser Selbstbewusstsein, oder sollen wir es vielleicht Selbstverständnis nennen, trifft nun auf die tatsächliche Geschäftswelt. Seit einigen Jahren schon, sind wir es, die in die Unternehmen Einzug halten. Und dort kommen wir mit einigen, festgefahrenen hierarchischen Strukturen einfach nicht mehr klar. Wir sind nicht mehr wie unsere Vorgänger, die noch respektvoll die Arbeitswelt mit dem Bild der klassischen Karriereleiter betreten haben und sich deshalb ehrfürchtig allen Vorgaben der Vorgesetzten beugten, ohne sie zu hinterfragen.
Wir übernehmen Glaubenssätze nicht mehr einfach so. Wissen hat für uns eine besondere gesellschaftliche Bedeutung. Das heißt nicht, dass unsere Generation besonders intelligent wäre - nein - wir wissen aber, wo wir welches Wissen finden und verschaffen uns Zugang bei Bedarf. Wir glauben außerdem, dass Wissen geteilt werden muss. Wir leben schließlich die Netzkultur.
Wir wollen tun, was wir wollen
Unsere Generation misst dem Wort Selbstverwirklichung wieder seine eigentliche Bedeutung bei. Selbstverwirklichung bedeutet, das eigene Wesen völlig zur Entfaltung zu bringen (Oscar Wilde) sowie – damit verbunden – die möglichst umfassende Ausschöpfung der individuell gegebenen Möglichkeiten und Talente.
Das bedeutet für mich in ganz einfachen Worten, dass Zufriedenheit erreicht werden kann, indem ich das tue, was ich gerne tue und gut kann. Denn wäre es nicht einfach wunderbar, wenn ich die meiste Zeit meines Lebens etwas widmen dürfte, das ich liebend gerne tue? Wenn ich ,mit Passion Geld verdienen‘ könnte? Das mag für eine andere Generation hochanspruchsvoll erscheinen. Ist es aber nicht. Wir streben schließlich nicht nach Reichtum. Und nicht nach Macht. Wir wollen nicht ,nach ganz oben‘. Wir wollen leben dürfen, was wir wahrlich sind. Geld ist wichtig, entschädigt aber nicht für mangelnden ,Sinn‘.
Wir sind eine Genaration, die viele Ideen bringt. Wir wären (!) eigentlich eine Generation der Start-Ups. Wir trauen uns umzudenken und haben den Mut, es einfach mal zu versuchen.
Privatberuf
Freizeit ist uns wichtig. Was aber nicht mit mangelndem Fleiß interpretiert werden sollte. Im Gegensatz ist unser Arbeitseinsatz immens, da wir immerhin wieder gelernt haben für uns selbst zu arbeiten. Dabei ist es aber kein Problem, wenn Privatleben und Beruf immer fließender gelebt werden. Digitalität bietet eine Vielfalt an neuen organisatorischen Möglichkeiten.
Vielleicht erweckt dieser Beitrag nun den Anschein: die Generation Y will alles. Erfolg im Beruf und in der Familie. Ist es aber tatsächlich so überheblich zu glauben, dass dies theoretisch möglich sein könnte?
Leider, wahr: wo große Träume sind, ist auch das Enttäuschungspotential hoch. Nun stehen wir da; mitten im Leben, und dürfen am eigenen Leib erfahren, dass Fleiß, Zielstrebigkeit, Ansprüche und Ideen ja ganz nett sind, einen aber heute nicht weiterbringen, wie uns einst versichert worden war.
Wir sind selbstbewusst, doch kreativen Köpfen werden wenige Chancen geboten. Wir sind strebsam, doch unsere Steuerpolitik nimmt uns die Freude am Arbeiten. Wir geben Werten wie Familie eine neue Wichtigkeit, die öknomische Konditionierung erlaubt uns heirfür nur wenig Spielraum. Wir sehen uns als ,Weltverbesserer‘, doch unser Optimismus wird von den globalen Entwicklungen gedämpft. Wir zeigen Missstände offen auf, scheuen uns nicht zu kritisieren, wissen aber auch, dass dies allein nicht reicht. Lösungsvorschläge müssen her. Wir sind im Grunde keine Kämpfer, wir werden aber dazu gezwungen. Wieder ist ein Jahr um. Und der Neujahrsvorsatz? Resignation oder Revolution?