Sophia und das Lampenfieber

Manch alter Hase hat schon zugegeben, dass ihn auch nach Jahren erfolgreicher Bühnenauftritte jedes Mal noch Lampenfieber befällt, wenn der Vorhang aufgeht und er vor das Publikum tritt. So ist es wohl verständlich, wenn auch Sophia, vor ihrem allerersten Auftritt in der Öffentlichkeit, etwas Herzklopfen und Händeschwitzen verspürt.
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Sophia, das ist die „Genossenschaft für soziale Innovation und Forschung“ in Bozen, erst vor einem halben Jahr gegründet, also wirklich noch jung und daher erst recht lampenfiebrig. Obwohl, streng genommen, die Personen, die dahinter stehen, ein Durchschnittsalter von 50+ haben und auf weit mehr als 500 Dienstjahre kommen, wenn man zusammenrechnet, wie lange die Mitglieder von Sophia schon beruflich unterwegs sind, auf Hochschulen, als Freiberufler, im Genossenschaftswesen und in Führungspositionen in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst.

Aber jeder Neuanfang ist auch für einen erfahrenen Profi schwer, vor allem, wenn man gemeinsam mit anderen etwas gänzlich Neues verwirklichen will, wie eine Genossenschaft für angewandte Forschung zur sozialen Innovation, die es hierzulande noch nie gegeben hat.

Jetzt hat Sophia das Tätigkeitsprogramm für das erste volle Geschäftsjahr vorgestellt, es gleicht dem Vorhaben einer neuen Musikband, gebildet aus erfahrenen Solisten, die in einer ungewohnten Zusammensetzung gemeinsam eine innovative Stilrichtung auskosten wollen – die Vorfreunde ist groß, die Spannung wächst, aber niemand weiß so recht, wie das Projekt dann beim Publikum ankommen wird. Diesen Zustand nennt man in der Musikszene eben das Lampenfieber …

Der Verwaltungsrat mit der Obfrau Monica Devilli und ihrer Männerquote, bestehend aus Aldo Mazza und Karl Tragust, hat nach der Gründung im Juli 2013 lange Zeit im schalldichten Proberaum nach Ideen gesucht, die gleichzeitig der Strategie von Sophia und den aktuellen Erwartungen des breiten Publikums entsprechen sollten. Zum Schluss hat man einstimmig entschieden, dass Sophia im ersten Tätigkeitsjahr vor allem neue Unternehmensmodelle entwickeln soll, damit Genossenschaften sich nicht nur als krisensicher bewähren, sondern auch als innovativ beweisen können.

Dazu gehören grenzüberschreitende Verflechtungen und internationale Partnerschaften, wie sie die EU schon vor Jahren angedacht hat, die in unserem kleinen Land noch keine Nachahmung gefunden haben. Damit könnten erfolgreiche Südtiroler Genossenschaften die engen Grenzen des einheimischen Marktes überwinden und mit gleichgearteten Unternehmen jenseits von Brenner und Kiefersfelden kooperieren, denn italienische Lösungsansätze für soziale Probleme kann man mit einigem Selbstbewusstsein auch vor ausländischem Publikum vorzeigen.

Überhaupt wird Sophia mehr dafür unternehmen, Südtirol als Drehscheibe zwischen zwei Genossenschaftskulturen zu etablieren. Dass die soziale Aufgabe italienischer Genossenschaften in der Verfassung verankert ist, ist eine Seltenheit, dass deren Rücklagen unteilbar sind und eine Art Generationenvertrag unter Genossen darstellen, wissen im Ausland die wenigsten, und die Mutualitätsfonds, die 3% der Gewinne der bestehenden Unternehmen sammeln, um neue in der Startphase zu fördern, sind weltweit nahezu einzigartig. Aber auch die positiven Erfahrungen aus dem Ausland, die Lieder über die vielseitigen Seniorengenossenschaften oder die neuen Formen des gemeinsamen Wohnens wird Sophia dem einheimischen Publikum vorspielen, damit vielleicht in Zukunft unsere Wohnbaugenossenschaften nicht mehr nur eine kurzlebige Vorstufe für neue Kondominien sind.

In den Proben hinter verschlossener Tür wird Sophia mit praxisnahen Machbarkeitsstudien auch den Vorstoß genossenschaftlicher Initiativen in neue Tätigkeitsbereiche vorbereiten. Die Selbsthilfe unter aufgeschlossenen Bürgern, die sich schon im 19. Jahrhundert bewährt hat, ist auch im dritten Jahrtausend wieder gefordert. Wo die öffentliche Hand sich zurückzieht, wo neue soziale Bedürfnisse auftreten oder die Folgen des demografischen Wandels spürbar werden, da ist wieder aktives Engagement verantwortungsbewusster Bürger gefragt, denen Sophia mit Forschung, Rat und Tat zur Seite stehen wird. Konkrete Beschäftigungsansätze für aktive Senioren sind gefragt, aber auch Initiativen in strukturschwachen und abwanderungsgefährdeten  Gemeinden, die vor allem die Jugend nicht nur ansprechen sondern aktiv mit einbeziehen. Und vor allem braucht es zeitgemäße, innovative Ideen, um junge Erwachsene und Studienabgänger in die Arbeitswelt einzugliedern, denn sie sind heute jene ungeschützte Kategorie von Benachteiligten am Arbeitsmarkt, die am schnellsten wächst und der nur die Selbsthilfe wirksame Beschäftigungsansätze bringen kann.

Sophia hat – wohl als einzige Genossenschaft in Südtirol – auch einen wissenschaftlichen Beirat gewählt, der die Themenwahl und die Forschungstätigkeit überwacht. Unter dem Vorsitz von Prof. Susanne Elsen haben Sabina Frei, Armin Bernhard und Alberto Stenico die einzelnen Projekte im Programm 2014 geprüft, Schwerpunkte und Prioritäten für die Studienvorhaben gesetzt und dem Gesamtkonzept grünes Licht gegeben.

Mit der Verwirklichung des Programmes hat der Verwaltungsrat der „Genossenschaft für soziale Innovation und Forschung“ einen Geschäftsführer beauftragt, der ab Februar 2014 die Geschicke von Sophia in die Hand nehmen wird, um die ersten Forschungsaufträge zu gewinnen, ein Netzwerk von Partnern aufzubauen und die Arbeit der Mitglieder zu koordinieren.

Die Wahl ist auf Oscar Kiesswetter gefallen, auch ein alter Hase der genossenschaftlichen Musikszene, der schon bei zahlreichen innovativen Vorhaben im Backstage als Hebamme mitgeholfen oder Pate gestanden ist. Vor Sophia hat er bei der Einkaufsgenossenschaft Emporium, der Konsumgenossenschaft Koncoop, der Garantiegenossenschaft Socialfidi, beim wechselseitigen Hilfsverein Mutual Help und nicht zuletzt bei der Zeitschrift Infocoop erfolgreiche Geburtshilfe geleistet. Die praxisnahe Forschungstätigkeit ist sein Steckenpferd und zahlreiche Promotoren von neuen genossenschaftlichen Initiativen haben sich bereits auf seine Machbarkeitsstudien und Planungsunterlagen gestützt. Sophia powered by Oscar Kiesswetter – das sollte ein genossenschaftlicher Hit werden.