Culture | Mental Health
„Statt trinken Yoga ist zu begrüßen“
Foto: Fabian Zöggeler
Am Programm des „Mental Health Festival“ an diesem Samstag stehen ab 14 Uhr Yoga, Kraftsingen, „Puschtra Schnaufa“, Meditation, Tanz und Töpfern, am Abend folgen Konzerte Südtiroler Gruppen, welchen das Thema „Mental Health“ am Herzen liegt. Dabei will man, wie schon im Sommer, als das Festival auf dem Grund eines Klobensteiner Bauers an der Freud-Promenade stattfand, Offenheit und Neugier fördern. Florian Palua vom Forum Prävention zu Unterschieden zwischen Sommer- und Winter-Ausgabe.
Salto.bz: Herr Palua, nachdem ich den „Aftermovie“ der Sommerausgabe gesehen habe, war ich etwas erstaunt, dass es auf dem Mental Health Festival nur lächelnde Menschen gibt…
Florian Palua: (Lacht) Das hängt schon auch mit dem Aftermovie zusammen, aber die Stimmung war schon ganz eine besondere. Es war ein Experiment, da wir es zum ersten mal gemacht haben und wir das versuchen wollten, aber es war etwas recht besonderes.
Wie kommt es, dass euer Programm nur über eine App einsehbar ist, die man downloaden muss? Das Thema psychische Gesundheit betrifft uns alle.
Im Winter machen wir als Veranstalter erstmals eine Indoor-Erfahrung und müssen kontrollieren, dass nicht zu viele Menschen kommen. Im Sommer hatten wir auch nicht groß Werbung gemacht, da wir bereits vermuteten, dass es großen Anspruch finden würde. Wenn wir die Workshops zu sehr überfüllen, dann entsteht keine Atmosphäre mehr in der man einen Gewinn für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen erreicht. Wir sind noch immer bemüht, es so unbürokratisch wie möglich zu gestalten, also ohne Registrierung oder Anmeldung zu den Workshops… Wir sehen das Festival mehr als Event-Messe, zu der man kommen und sich Dinge ansehen oder probieren kann: Der Besucher oder die Besucherin soll im Moment entscheiden können.
Wir haben einen Instagram-Kanal und rechnen in Bruneck mit 200 bis 400 Menschen. Ansonsten ist das Event noch auf der Seite des UFO und wir machen noch kurz Werbung mit Flyern.
Viele der Aktivitäten sind, wie etwa Yoga, klassisch im Bereich Selbstoptimierung anzusiedeln, wieso fehlen Programmpunkte mit Expert:innen?
Die hatten wir bei der Sommerausgabe und sie kamen auch gut an. Es hat nur mit der logistischen Besetzung der Räume zu tun. Wir wollten beim Mental Health Festival unbedingt die Verbindung zwischen Tanz, Konzert, Workshops und Input. Dadurch, dass der große Saal zwischen Soundcheck, Tanz und später den Konzerten belegt ist, hatten wir nicht die Disponibilität. Im Sommer hatten wir mehrere Inputs: Tamara Lunger die Extrembergsteigerin, Manuel Oberkalmsteiner zum Thema Mental Health und digitale Medien und Emi Massmer, der über Songwriting und Depressionen erzählt. In Bruneck haben wir einen Input zum Thema „Glück oder wurdest du reingelegt?“, aber der medizinische Aspekt ist nicht abgedeckt, weil wir ein schlichteres Programm planen und das erst mal testen müssen.
Wieso ist nun die Winter-Edition, wo man derzeit häufiger hört, dass Personen von depressiven Thematiken betroffen sind, das Spin-Off und das Sommer-Event die Hauptveranstaltung?
Das hat nur mit Erfahrung zu tun. Im Sommer sind Festivals einfacher zu organisieren, weil wir schöne Locations in Südtirol haben. Im Winter ist die Sache logistisch schwierig: Das UFO oder die Basis kommen in Frage, vielleicht auch der Kulturbahnhof in Bruneck mit welchem wir in Aussprache sind, aber sonst braucht man indoor einfach ein riesiges Gebäude, mit welchem man das angehen kann. Man muss auch sehen, ob das Event „indoor“ funktioniert, weil man sonst ja auch durch die Natur inspiriert wird.
Es war von Anfang an ein Gedanke für uns, dass wir nicht nur ein Sommerfestival bleiben wollen und das Konzept in die Wintermonate bringen müssen, da gerade dann das für viele junge Menschen ein Thema wird.
Warum locken wir aber nicht damit? Das Festival bietet Gesprächsraum in welchem Expertinnen und Experten des Forum Prävention für Fragen und tiefere Gespräche zur Verfügung stehen. Wir verwenden die Winterdepression aber nicht als Aufhänger, da wir mehr Positives fördern möchten und uns nicht auf ein Defizit konzentrieren wollen. Erhalten wir von den Besucherinnen und Besuchern die Rückmeldung, dass etwas mehr Raum gegeben werden muss, dann werden wir uns dem anpassen.
Wen versuchen Sie mit Ihrem Festival anzusprechen? Es ist schwer vorstellbar, dass ein Festival mit 400 depressiven Personen eine gute Sache wäre.
Das ist der Punkt. Aus unserer Sicht gibt es mehrere Zielgruppen: Zum einen sind jene zu stärken, die bereits im Bereich Mental Health aktiv sind. Dann gibt es junge Menschen, die neugierig sind, sich das vorstellen können und alternative Möglichkeiten im Bereich des Konsums suchen: Statt trinken zu gehen einmal Yoga, das ist zu begrüßen. Dann gibt es drittens noch Quereinsteiger, die mehr wegen des Festivals, des musikalischen Teils kommen, aber positiv überrascht sind. Es wirkt nicht mehr so verspießt, wie das früher galt, etwas für seine mentale Gesundheit zu tun, sondern ist ein Lifestyle, an dem man nicht mehr vorbeikommt. Was gibt es wichtigeres als auf die eigene Gesundheit, gerade die psychische, zu achten?
Wie groß sehen Sie die Gefahr, da die Konzerte nach den Kursen am Nachmittag kommen, dass viele dann zu den Konzerten kommen, aber für die Inhalte kein offenes Ohr haben?
Die Befürchtung hatten wir auch im Sommer, dass die Leute nur wegen der Konzerte kommen. Wir haben aber gemerkt, dass die meisten sich für das Thema interessiert haben. Wir tragen es deshalb auch groß nach außen. Auch arbeiten wir mit Acts und Artists zusammen, welche Flagge fürs Thema zeigen. Sie spielen, weil sie das Thema wichtig finden und erzählen es über ihre Instagram-Kanäle weiter. Die eine oder andere Band ist auch persönlich betroffen, somit besteht für mich das Risiko nicht.
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