Society | Flüchtlinge

Europa mit oder ohne Grenzen?

„Was bliebe im Falle einer Wiedereinführung der Grenzen von Europa übrig?“: So der Generalsekretär des AGB-CGIL, Alfred Ebner, im Symposium der Arge Alp Senioren.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Alfred Ebner

„Migranten: Ist ein Europa ohne Barrieren noch aktuell?“ So der Titel des XX Symposiums, das vor kurzem in München stattgefunden hat. Was wäre die Alternative? Ein Europa des freien Waren- und Kapitalverkehrs, der Sparmassnahmen, des Egoismus und des Nationalismus? Laut Ebner wären neue Grenzbalken de facto es ein weiterer Schritt zur Zersetzung des Europagedankens, dem wir über ein halbes Jahrhundert Wohlstand und Frieden verdanken.

Alfred Ebner ist der Meinung, dass man Menschen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung, aber auch die Verlierer der heutigen Wirtschaftsentwicklung, mit Grenzen nicht aufhalten kann. Da laut den internationalen Agenturen jede Minute 24 Personen gezwungenermaßen  ihr Ursprungsland verlassen, entstünden lediglich neue illegale und gefährliche Fluchtrouten und eine Zunahme von kriminellen Schlepperbanden.  Für den Gewerkschaftler wäre ein sogenannter humanitärer Korridor für Flüchtlinge eine mögliche Alternative, damit diese sicher und legal nach Europa kommen können. Die Ursachen für die Flucht wären damit zwar nicht gelöst, die Schlepperbanden würde man damit aber empfindlich treffen. Eine dauerhafte Lösung muss man allerdings in den Heimatländern suchen, indem man dort menschenwürdige Bedingungen schafft.

„Das bedeutet mehr wirtschaftliche Entwicklungshilfe für die dritte Welt und Bemühungen für Frieden und Sicherheit“ so Ebner. „In Zeiten der Stagnation in den reichen Ländern, in denen viele Menschen ihrerseits den sozialen Abstieg riskieren, ist dies allerdings ein schwieriges Thema. Tatsache ist, dass die bereitgestellten Mittel in den reichen Ländern abnehmen und die Arbeit der Hilfsorganisationen nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Auch nimmt die Gewaltbereitschaft immer mehr zu“. Mauern, Stacheldraht, verschärfte Einwanderungsregeln und Abschiebung sind angesichts der weiter wachsenden sozialen Ungleichheiten für Populisten bestens geeignet, um die  öffentliche Meinung zu beeinflussen. Wer sein politisches Glück durch Slogans gegen die Flüchtlinge  versucht, muss irgendwann auch handeln und dann könnte die Situation auch eskalieren.  

„Für uns Südtiroler – erklärt der Generalsekretär - ist dieses Thema insofern sehr heikel, da die Brennergrenze einen Fluchtweg nach Norden darstellt. Wir alle kennen die Diskussion rund um die angekündigten Grenzkontrollen. Schengen war für Südtirol eine Art Wiedergutmachung, oder zumindest eine Teilentschädigung, für ein Ereignis, das hierzulande als historisches Unrecht angesehen wird. Die laufende Diskussion hat nun neue Wunden aufgerissen. Zum Glück ist bisher wenig passiert, aber die Gefahr bleibt weiterhin bestehen“. Angesichts der sinkenden Geburtenrate in den westlichen Ländern ist die Zukunft unseres Sozialwesens eng mit der mit der Einwanderungspolitik verknüpft, man denke hier nur an den Pflegebereich. Daher ist es zwar eine politische Entscheidung, wie viele Einwanderer wir aufnehmen können bzw. wollen. Mittel- und längerfristig  hängt von dieser Entscheidung nicht nur die Entwicklung unserer Gesellschaft ab, sondern auch ein Teil unseres zukünftigen Wohlstandes. Nur ein neues Bewusstsein der dritten Welt gegenüber und ein solidarisches Europa, das nicht nur an den Export für die eigenen Überschüsse denkt, und dadurch der Wirtschaft der Entwicklungsländer schadet, wird in der Lage sein, einen Beitrag zur Entschärfung der vielen Konflikte beizutragen.