Dem 2014 verstorbenen Verleiher und Produzenten Karl Baumgartner (Baumi) werden ab 2. März eine Filmreihe, Zeitzeugengespräche, eine kleine Ausstellung und eine Sonderausgabe der Zeitschrift Kulturelemente (#144) gewidmet. Die Filmreihe unter dem Titel Remembering Baumi zieht sich über mehrere Etappen und wird Mitte April, bei diesjährigen Ausgabe des Bozner Filmfestivals, sein Ende finden.
Die Ausstellung mit Plakaten und Fotos wird am 16. März im Beisein von Baumis Frau Sandra und Tochter Martina eröffnet. Am 28. März wird Schriftsteller Ilija Trojanow erwartet, dessen Romanerstling von Baumi unter dem gleichnamigen Titel Die Welt ist groß und Rettung lauert überall produziert wurde.

Neues zeigen, das Publikum fordern...

Baumi war ein begnadeter Fußballer, vor allem aber Verleiher, Produzent, Cineast, Regisseurskumpel, Förderer und Entdecker. 1949 in Bruneck geboren, ging er als junger Filmbegeisterter nach Rom und arbeitete dort als Filmkritiker und Tonmann. Später zog es ihn nach Frankfurt und er gründete mit Freunden das Kino Harmonie. Mit Reinhard Brundig wurden die ersten Filme für den zu gründenden Verleih (Pandora) erworben. Baumi und Brundig suchten nach Filmen, „die Neues zeigten, das Publikum forderten.“
1993 holte Baumi mit Jane Campions Piano und Chen Kaiges Lebewohl, meine Konkubine in Cannes zwei Goldene Palmen. Auch die Südtiroler Filmförderung IDM hat er maßgeblich mitgeprägt.

Die Filme der Reihe,
der Reihe nach...

Picasso
Ein filmischer Versuch, Picassos Malkunst direkt und unmittelbar darzustellen: Vor der Kamera malt Picasso auf ein transparentes Spezialmaterial und kommentiert dabei höchst eigenwillig und amüsant seine Ideen. Regisseur Henri-Georges Clouzot hat mehr als drei Monate bei der Erarbeitung dieses Films mit dem Maler verbracht.

Das Mädchen aus der Streichholzfabrik
Eine junge Arbeiterin in einer finnischen Streichholzfabrik träumt naiv von der großen Liebe und einem besseren Leben, wird aber brutal enttäuscht und rächt sich bitter an ihrer Umwelt. Konzentriert und formal konsequent entwickelter Film von Aki Kaurismäki, der mit lakonischer Filmsprache und bitterem Humor die Unmöglichkeit eines erfüllten Lebens angesichts der lieblosen Umwelt reflektiert.

Down by Law
Eine ironische Komödie märchenhafter inszeniert: In einer Gefängniszelle werden ein desillusionierter Discjockey und ein großspuriger Zuhälter zu einer Notgemeinschaft gezwungen, die erst durch die Vermittlung eines warmherzigen italienischen Mitgefangenen erträglich wird. Auf der gemeinsamen Flucht durch die Sümpfe Louisianas lernen sie sich gegenseitig schätzen und achten. 

33 Szenen aus dem Leben
Eine junge, erfolgreiche Künstlerin gerät durch Krankheit und Tod ihrer Eltern in eine tiefe Krise und sieht sich mit der schmerzhaften Notwendigkeit konfrontiert, neue Weichen für ihr Leben zu stellen. Aus einfachen Erzählfäden webt die Regisseurin ein komplexes Geflecht aus Motiven und Variationen, das zur intensiven Wahrnehmung herausfordert und den konfliktreichen Selbstfindungsprozess seiner Protagonistin als sensible Annäherung an die Widersprüchlichkeit der Realität beschreibt.

Die Welt ist groß und Rettung lauert überall
Ein junger Mann, der bei einem Autounfall nicht nur seine Eltern, sondern auch sein Gedächtnis verloren hat, wird von seinem Großvater überredet, mit ihm gemeinsam auf einem Tandem von Deutschland nach Bulgarien zu radeln, wo die Familie ursprünglich herstammt. Verfilmung eines Romans von Ilija Trojanow, in der in nostalgischen Rückblenden auch von der gegenläufigen Reiserichtung in die Emigration erzählt wird.

Night on Earth 
Der Episodenfilm von Jim Jarmusch erzählt in fünf Geschichten( Los Angeles, New York, Paris, Rom und Helsinki) das Schicksal von Taxifahrern bzw. einer Taxifahrerin bei dem jeweiligen Aufeinandertreffen mit Fahrgästen.

Tulpan
Ein Mann, der nach seinem Militärdienst Unterschlupf in der kasachischen Steppe bei der Hirten-Familie seiner Schwester gefunden hat, wirbt um eine Frau, um einen eigenen Hausstand gründen zu können.

Schwarze Katze, weißer Kater
Matko lebt vom Schwarzhandel mit den Russen mehr schlecht als recht. Durch die Umleitung eines Benzin beladenen Güterzuges will er mit einem Schlag reich werden. So reich wie der Gangster Dadan, den er um Hilfe bittet.

In my Room
Ein wenig erfolgreicher Kameramann kehrt von Berlin in die ostwestfälische Provinz zurück, als seine Großmutter im Sterben liegt. Als er dort eines Morgens erwacht, ist die Menschheit verschwunden. Mit Anleihen bei und Varianten von einschlägigen Genre-Vorbildern und psychologischen Tiefenbohrungen entwirft die schillernde Robinsonade eine visuell bestechende postapokalyptische Fantasie, die mit großer filmischer Souveränität eine Studie von Männlichkeit zwischen Depression, Neubeginn, Selbstentwurf und Scheitern entwickelt. 

Der Film über das beängstigende Geschenk absoluter Freiheit läuft als Eröffnungsfilm des BFFB 2019, Produzenten sind Claudia Steffen, Christoph Friedel, Maja Wieser Benedetti und Andreas Pichler. Letztere beide haben 2012 mit Baumgartner die Südtiroler ECHO Film gegründet, u.a. mit Philipp Moravetz und Georg Tschurtschenthaler (Georg Tschurtschenthaler wird 2019 den begehrten Grimme-Preis erhalten. Er arbeitete als Producer des Preisträger-Filmes Im Schatten der Netzwelt – The Cleaners).

Le meraviglie
Die zwölfjährige Tochter eines deutschen Bienenzüchters wächst in den 1980er-Jahren behütet auf einem Bauernhof in Latium auf. Als sie die Familie für eine kommerzielle Fernsehshow anmelden will, führt das zum offenen Konflikt mit dem Vater. 

Le meraviglie mit Alba Rohrwacher und unter der Regie ihrer Schwester Alice Rohrwacher ist einer der letzten von Baumi mitproduzierten Filme. Als Gesprächsgast wird die Mitproduzentin Tiziana Soudani in Bozen erwartet. ​