Society | Causa Erl
Der letzte Sieg
Foto: Haydn Orchester
Das unmoralische Angebot kommt per E-Mail.
Am 16. Dezember 2021 geht beim Innsbrucker Anwalt Markus Orgler ein Schreiben der Wiener Anwältin Margot Astrid Rest ein. Die Anwaltskanzlei vertritt den Unternehmer Hans Peter Haselsteiner und dessen „Tiroler Festspiele Erl Betriebsges.m.b.H.“ in ihren Klagen gegen den Nordtiroler Aufdecker Markus Wilhelm. Haselsteiner hatte wenige Wochen zuvor vor Gericht eine schwere Niederlage hinnehmen müssen. Das Landesgericht Innsbruck hat die zentrale Klage des Bauunternehmers mit Wohnsitz in Moritzing bei Bozen gegen die Berichterstattung der "dietiwag.org" über die Festspiele Erl abgewiesen. Autor Markus Wilhelm war in allen Anklagepunkten vom Gericht freigesprochen worden.
Die Wiener Anwältin biegt jetzt aber die Niederlage auf ganzer Linie um und macht dem Wilhelm-Anwalt ein recht selbstfrauliches Angebot. In der Mail heißt es:
Die Wiener Anwältin biegt jetzt aber die Niederlage auf ganzer Linie um und macht dem Wilhelm-Anwalt ein recht selbstfrauliches Angebot. In der Mail heißt es:
„Bekanntermaßen liegt zwischenzeitlich das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vor. Meines Erachtens bietet dieses Urteil umfassende Anfechtungsgründe, vor allem in der rechtlichen Beurteilung.
Meine Mandantschaft wäre bereit, von einer Berufung abzusehen und dieses Urteil in Rechtskraft erwachsen zu lassen, wenn Ihr Klient sich verpflichtet, in Hinkunft auf jegliche Berichterstattung über meine Mandantschaft und über die von ihr veranstalteten Festspiele zu verzichten. Mein Mandantschaft bleibt Ihrem Klienten mit diesem Angebot bis kommenden Dienstag, 21.12.2021, 9:00 Uhr im Wort“.“
Markus Wilhelm und sein Anwalt brauchen keine viereinhalb Tage Bedenkzeit, um dieses unmoralische Angebot abzulehnen. Es ist der offene Versuch einem unerschrockenen Journalisten einen Maulkorb umzuhängen.
Haselsteiners Anwälte reichen daraufhin Anfang des Jahres Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck ein. An diesem Montag hat das Oberlandesgericht Innsbruck das Urteil in erster Instanz bestätigt. Die Berufungsklage wurde abgewiesen und Markus Wilhelm bekam in alle Punkten recht.
Es ist eine Niederlage auf ganzer Linie für Hans Peter Haselsteiner und den Kopf der Festspiele Erl Gustav Kuhn.
Bestätigte Missstände
„Der Herr von der STRABAG wollte im Frühjahr 2018 kurzen Prozess mit mir machen. Es ist ein sehr langer geworden. Und er hat ihn verloren. Jetzt endgültig“, kommentiert Markus Wilhelm das Urteil.
Es ist ein wichtiger Sieg für den Nordtiroler Blogger. Haselsteiner, Kuhn & Co haben Wilhelm nach der Veröffentlichung der Missstände bei den Festspielen Erl mit Klagen überhäuft. Am Ende sind es 18 Anzeigen gegen den Aufdecker und seine Seite „dietiwag.org“, die vor Gericht hinterlegt werden. Fast alle Klagen gewinnt Wilhelm.
Haselsteiner wollte kurzen Prozess mit mir machen. Es ist ein sehr langer geworden. Und er hat ihn verloren. Jetzt endgültig.
Markus Wilhelm
Jetzt hat Markus Wilhelm auch das zentrale Verfahren für sich entscheiden können. In der Klage geht es darum geht, was Wilhelm in seiner Aufdeckungs-Story am 13. Februar 2018 geschrieben hat. Unter dem Titel „Die unfassbaren Zustände bei den Tiroler Festspielen Erl“ heißt es dort:
„Was so im Raum steht, im Bühnenraum und im Probenraum: Verdacht auf Lohndumping, auf Lohnwucher, Scheinselbstständigkeit, Abgabenhinterziehung, auf Verstoß gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz, Arbeitsverfassungsgesetz, Arbeitszeitgesetz, Arbeitszeitruhegesetz, Urlaubsgesetz, auf Umgehung des Dienstvertrags, Aushebelung des Urheberrechtsgesetzes usw. ...“
Es sind harte Vorwürfe, die jetzt aber vom Gericht in allen Punkten bestätigt wurden. Zudem stellt das Oberlandesgericht dem Nordtiroler Journalisten auch in Sachen Recherche einen Persilschein aus.
Im Urteil heißt es:
„Im vorliegenden Fall hat der Beklagte Quellenberichte von 50 bei der klagenden Partei ehemals oder zum Zeitpunkt der Berichterstattung immer noch beschäftigten Personen eingeholt. Schon deshalb ist eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht zu verneinen“
Mit dem Urteil wird die „Tiroler Festspiele Erl Betriebsges.m.b.H.“ auch zur Bezahlung aller Verfahrenskosten verdonnert.
Ein Schlussstrich?
Für Markus Wilhelm ist es ein Schlussstrich. „Die Festspiele Erl haben durch das selbstherrliche Verhalten von Hans Peter Haselsteiner viel mehr verloren als diesen großen Prozess“, resümiert er.
Gleichzeitig aber ist es für den Söldner Aufdecker auch ein persönlicher Schlussstrich. Nach 15 Jahren fast täglicher journalistischer Wühlarbeit auf der Seite „dietiewag.org“ hat Markus Wilhelm bereit im September 2020 eine Pause angekündigt. In den vergangenen eineinhalb Jahren folgten sporadisch aber immer wieder neue Artikel.
Doch damit dürfte es jetzt vorbei sein. „Für mich ist diese Geschichte ein sehr gelungener Abschluss für die Arbeit an der tiwag.org“, meint Markus Wilhelm.
Sollte er das wirklich wahrmachen, dann tritt Markus Wilhelm erhobenen Hauptes und als Sieger ab.
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Chapeau an Herrn Markus.
Chapeau an Herrn Markus. "Echte Tiroler" sahen in ihm immer einen Feind. Ihm sei der Erfolg gegönnt. Er hat viel und gut aufgedeckt.