Politics | Europa 2019

Im Schatten der Sieger

Das Wahlergebnis der Südtiroler Grünen bestärkt die Ökopartei in ihren Idealen und der Überzeugung: Grün genügt sich alleine.
Planer, Kienzl, Foppa, Lantschner
Foto: Grüne Verdi Verc

Norbert Lantschner steht vor dem Grünen Büro in der Bozner Bindergasse. In der Hand hält er ein kleines Büchlein: “Die unvollendete Europa Demokratie: Eine Vision für die Europäische Union.” Eine Vision, die hat auch Lantschner für Europa. Als Spitzenkandidat der Südtiroler Grünen wollte er sie nach Brüssel tragen. Daraus wird nichts. Mit italienweit rund 610.000 Listenstimmen und 2,3% schafft die Liste “Europa Verde”, der sich die Grünen angeschlossen haben, den Einzug ins EU-Parlament nicht.

“Die Grüne Welle, die Europa bei diesen Wahlen erfasst hat, ist in Italien nicht angekommen”, muss Lantschner am Tag nach der Wahl feststellen. “Die Welle schwappt schüchtern über den Brenner – bleibt aber an der Salurner Klause stecken”, präzisiert der Grüne Co-Vorsitzende Tobe Planer. 8,68% haben die Grünen in Südtirol erhalten: 21.148 Stimmen. Das sind fast 2 Prozentpunkte und knapp 2.000 Stimmen mehr als bei den Landtagswahlen im Oktober 2018. Damit sind die Grünen hinter SVP, Lega und +Europa die viertstärkste Partei in Südtirol. Unter den Auslandswählern des Wahlkreises Nord-Ost haben die Grünen 13,71% erzielt.

 

Mit 11.281 Vorzugsstimmen, 9.354 davon in Südtirol, hat Lantschner ein formidables Ergebnis erzielt. “Ich verkaufe mein Ergebnis so: Ich bin der meist gewählte Grüne Italiens”, lacht er.
Auch die zweite Südtiroler Grünen-Kandidatin Judith Kienzl hat ein durchaus herzeigbares Resultat erzielt: 4.761 Vorzugsstimmen im Wahlkreis Nord-Ost, 3.834 davon in Südtirol.

“Besonders gut abgeschnitten haben wir in St. Ulrich (13,34%), Mals (13,02%), Bruneck (11,94%), Toblach (11,90%), Montan (11,90%), Brixen (10,40%) und in Bozen (9,24%)”, listet die Parteispitze auf.

 

Grün genügt sich alleine

 

Die Entscheidung, in Südtirol keine Allianzen einzugehen, etwa mit Team Köllensperger oder dem PD, hat sich ausgezahlt. Darin sind sich die Grünen am Nachwahltag einig. Für jene, die ihnen auch heute vorhalten, dass sie mit ihrem Alleingang einen möglichen Einzug von Renate Holzeisen verhindert hätten, ist die Antwort parat: “Wir haben die EU-Wahl als EU-Wahl begriffen und nicht als Provinzderby. Wir kämpfen für unsere Ziele, europaweit und als Teil einer großen politischen Familie.” Und die trage die Farbe grün. Auch wenn sich Norbert Lantschner durchaus vorstellen kann, dass die Grünen im EU-Parlament künftig in einem Bündnis mit Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen zusammenarbeiten könnten – so wie es der Chef der Europäischen Grünen Reinhard Bütikhofer in Aussicht gestellt hat.

Eines aber steht für die Südtiroler Grünen nach den geschlagenen EU-Wahlen und den fulminanten Wahlerfolg in Deutschland, aber auch in Österreich, fest: “Die Grünen haben europaweit sehr gut abgeschnitten und mit einem Top-Ergebnis gezeigt, dass Klima- und Umweltschutz von der politischen Agenda Europas nicht mehr weg zu denken sind.”

“Die anderen Parteien kommen nicht mehr drum herum, diese Themen ernst zu nehmen”, nickt Norbert Lantschner. Und in der Tat hat etwa SVP-Obmann Philipp Achammer am Rande der Medienkonferenz zu den Europawahlen kurz zuvor gemeint: “Auch die Volksparteien werden jetzt klare Antworten auf die starken Themen dieser Wahl, etwa den Klimaschutz, liefern müssen.”