"Bär soll wild leben"
Das Referendum der Lega Nord soll am morgen am Dienstag, 28. Juli, entscheiden, ob der Bär im Trentino bleiben darf oder nicht. Die Autonome Provinz Trient will die Regeln im Umgang mit dem Bären ändern, da die Raubtierpopulation bereits mehr als 50 Tiere zählt – dieser Bestand war ursprünglich das Ziel des life ursus-Projektes, das aber viel schneller als geplant erreicht worden ist.
Diese rasche Vermehrung der Bären könne, so wird nun befürchtet, zu Gefahren für die Bevölkerung führen. Der Trentiner Landeshauptmann, Ugo Rossi, verlangt infolge mehr Beinfreiheit der Behörden, gefährliche Bären einzufangen, aber auch töten zu können. Der Trentiner Landtag hat sich für die Sterilisierung der Bären ausgesprochen – und rät Pfefferspray zum Schutz der Bevölkerung. Wie aber wird sich die Bevölkerung beim Referendum entscheiden?
Muss das Projekt "Life Ursus" beendet werden? Der Geschäftführer des Südtiroler Jagdverbandes Heinrich Aukenthaler im Interview.
Was halten Sie von der Reduzierung bzw. Sterilisation der Bären?
Jeder Eingriff ist ein Eingriff in das Gleichgewicht der Natur.
Sterilisation, Entfernung sowie die Erschießung sind menschliche Eingriffe in die Wildnis. Der Bär ist ein Wildtier, er soll wild leben. Der Mensch hat da nichts verloren. Wenn Bären betäubt und operiert werden, gehen sie, wie bekanntlich, meistens an den Folgen zugrunde. Jeder Eingriff in die Wildtierpopulation ist ein Eingriff in das Gleichgewicht der Natur. So könnte man das Projekt gleich abblasen, sofern das Erhalten einer geschützten wilden Tierart nicht mehr garantiert ist. Ich finde es gut, dass es mehr als 50 Tiere im Trentino gibt. Das zeigt, dass es ihnen gut geht. Wenn das Bärenprojekt weiterhin bestehen soll, so sollen sich die Braunbären auch frei entfalten können. Wildkundler und Naturschützer haben herausgefunden, dass jede Population, die weniger als 50 Individuen zählt, zum Aussterben verurteilt ist. Weil dann die Genvielfalt nicht gegeben ist.
Wenn Bärenprojekt weiterhin bestehen soll, sollen sich Braunbären frei entfalten können.
Wie sieht es mit den Pfeffersprays aus?
In Italien gibt es eine genaue Regelung für den Kauf und die Verwendung von Pfeffersprays. In Bezug zum Bären sollen stärkere Mittel eingesetzt werden. Diese können bei einem möglichen Angriff eine Reichweite von 2 Metern erreichen. Allerdings muss ich dazu sagen, dass so ein Mittel vorerst getestet werden soll, bevor es zum Einsatz kommt. Man weiß ja nicht, wie die Tiere tatsächlich darauf reagieren. Man möchte ja nicht eine gegenteilige Wirkung erzielen. Außerdem ist es schon fatal, die Hoffnung auf Schutz auf ein Spray zu reduzieren.
Wie wird sich die Bevölkerung bezüglich des Referundums entscheiden?
Die Befürworter werden in der Mehrheit sein.
Generell sehe ich dieses Muster: Je näher die Bevölkerung dem Bären ist, also in der Nähe der Lebensräume der Wildtiere lebt, desto skeptischer ist sie. Umgekehrt, je weiter weg die Leute sind, desto toleranter gehen sie mit den großen Tieren um. Die Bauern und Landwirte fürchten um ihr Vieh und sehen es nicht gerne, wenn so ein Raubtier ihre Ländereien durchschreitet. Das urbane Stadtvolk sehnt sich großteils nach mehr Natur und Wildnis. Es stimmt sicherlich für den Alpenbär. Ich bin kein Prophet, aber ich denke, die Befürworter werden in der Mehrheit sein.
Wieso haben so viele Leute Angst vorm Bär?
In den Medien wird oft und gründlich gegen den Bären gehetzt. Jeder kleine Vorfall wird herausgehoben. Die Angst beruht somit größtenteils auf Unwissenheit. Aber ich denke, dass man einen Weg finden wird, sodass Menschen und Wildtiere friedlich nebeneinander leben können. Aufklärungskampagnen tragen dazu sicherlich einen wichtigen Teil bei.
Wie sieht die Situation in Südtirol aus?
Bei uns gibt es ebenfalls geteilte Meinungen. Aber im Großen und Ganzen wird der Bär willkommen geheißen. Eine Gefahrensituation schließe ich aus. Die paar Sichtungen auf der Mendel halten sich in Grenzen.
Wie sieht die Zukunft für Bär, Wolf und andere Wildtiere aus?
Die Verbreitung dieser Tiere ist nicht umkehrbar. Eine vollkommene Befürwortung für die Entfernung der Wildtiere halte ich für ausgeschlossen. Man denke nur an den Fall mit der Bärin "Daniza" zurück. Ihr plötzlicher Tod schaffte weitreichende Empörung im Naturschutz sowie in der Bevölkerung. Es gab Anfeindungen von der Presse. Dies zeigt, dass die Leute hierzulande sich sehr wohl um das Wohlergehen eines Wildtiers sorgen. Andererseits bin ich dafür, dass gefährliche Tiere, die immer wieder Probleme bereiten, ohne Wenn und Aber entfernt werden. Dies würde dem Bärenprojekt sehr nützen, da es darum geht, ein friedliches Zusammenleben von Wildtier und Mensch zu erhalten.
Leute sorgen sich um das Wohlergehen der Wildtiere. Andererseits sind gefährliche Tiere zu entfernen.