Culture | Salto Gespräch

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Herta Wolf Torggler hat 2023 die Verdienstmedaille des Landes Tirol erhalten. Wie sie die Verleihung und ihren Einsatz für Kunst und Kultur im Rückblick sieht.
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Foto: Privat

salto.bz: Sie haben vor kurzem die Verdienstmedaille des Landes Tirol erhalten. Wie haben Sie die Verleihung wahrgenommen?

Herta Wolf Torggler: Ich war sehr überrascht, am Telefon zu erfahren, dass ich für die Verdienstmedaille vorgeschlagen war. Ich habe diese Auszeichnung gerne im Namen des Vereins Kunst Meran entgegengenommen, den ich mit aufbauen durfte. Die Begrüßung durch die Wiltener Musikkapelle und die Schützenabordnung vor der Hofburg in Innsbruck war beeindruckend. Auch die Messe in der Jesuitenkirche mit den Wiltener Sängerknaben war eindrucksvoll. Die Verleihung fand dann im Familiensaal von Maria Theresia in der Hofburg statt.

Sie haben sich über Jahrzehnte immer für Kunst und Kultur stark gemacht. Woher dieses Engagement in diesem für Südtirol manchmal sperrigen Sektor?

In Meran, einer Kurstadt, die vor 30 Jahren noch vom Ruhm der Vergangenheit zehrte, war es mir wichtig zeitgenössische Akzente zu setzen. Schon bald hatte sich ein Künstlerkreis um mich gebildet, mit dem ich mich regelmäßig austauschte. Schließlich erhielt ich zur Eröffnung der Raffl-Einkaufs-Passage den Auftrag eine große Kunstausstellung zu organisieren. Mit Hilfe der Künstlerfreunde gelang eine erste große Ausstellung, die mit Werken aus der Sammlung Parise bestückt und von Lorant Hegyi – ehemaliger Direktor des Palais Lichtenstein Wien – kuratiert wurde.  
 

Mein Engagement im Kunsthaus aber war für eine politische Karriere hinderlich.


Das Kunsthaus in Meran geht mitunter auf ihre Kappe. Wie erinnern Sie sich an die Anfänge?

Mit den ersten Kontakten 1992 wuchs die Freude am Organisieren und am Neuen. Und schon bald wurden Freunde und Kunstliebhaber zu Vereinsmitgliedern, da alle dasselbe Interesse an zeitgenössischer Kunst teilten. Die zeitgenössische Musik brachte Marcello Fera in das bald vielfältige Vereinsprogramm ein. Im Verein waren einige Architekt*innen und mit deren Unterstützung wurde die moderne Architektur zum Thema. Vorerst waren es Ausstellungsübernahmen, die in Verbindung mit unserer Berglandschaft standen und den Besuchern neues Bauen in den Alpen zur Diskussion stellten. Dafür musste ich immer wieder den großen Saal im Palais Esplanade und ein Büro anmieten. Der Präsident des Vereins Arch. Georg Klotzner suchte nach geeigneten Räumlichkeiten, denn es war allen klar, dass wir ansonsten vieles nicht auf die Beine stellen konnten. Arch. Klotzner wurde bei der Sparkasse fündig, die das Laubenhaus, in dem sich heute das Kunsthaus befindet, auf dem freien Markt angeboten hatte. Mit viel Hilfe von außen und Überredungskunst gelang es uns schließlich die Chefetage der Sparkasse zu überzeugen, dem Verein dieses Laubenhaus als Kunsthaus zur Verfügung zu stellen. Somit begann der Umbau und parallel dazu konnte ich Ursula Schnitzer für die Mitarbeit gewinnen. Wir haben uns sehr gut ergänzt und viel gearbeitet. 
Viele weitere Mitarbeiter*innen, Kurator*innen und Expert*innen, aber auch die Mitglieder des Vereins, waren eine große Stütze und die öffentlichen und privaten Geldgeber das Fundament für die vielen Kunst- und Architekturprojekte samt Rahmenprogramm.
 

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Herta Wolf Torggler im Kunsthaus in Meran: "In diesen Jahren gab es viele schöne Begegnungen, aber auch schlaflose Nächte." / Bildquelle: Kunst Meran


Welche Ausstellung im Kunsthaus wollen Sie besonders in Erinnerung behalten?

Zum 10-jährigen Jubiläum des Vereins gelang es dem Kurator Valerio Dehò die Ausstellung von Toni Cragg nach Meran zu bringen. Die Skulpturen waren sehr schwer und unsere Böden am Limit. Als am Tag vor der Eröffnung Cragg nach Meran kam, hatte er nichts auszusetzen, er war sehr zufrieden.
Sehr gerne habe ich mit den Gebrüdern Dirk und Mike Löbberts und deren Akademiestudenten gearbeitet. Zeitgleich mit der Eröffnung des Museion zeigten wir Meret Oppenheim, lange bevor sich alle anderen wieder an sie erinnert haben.
In diesen Jahren gab es viele schöne Begegnungen, aber auch schlaflose Nächte.

Seit 2020 haben Sie Ihre Funktion im Kunsthaus an Martina Oberprantacher übergeben. Wie schwer – oder wie leicht – war das Abschied nehmen?

Da ich überzeugt bin, dass man nicht an einer Position bis ins hohe Alter festkleben sollte, war es mir ein Anliegen, dass jüngere Generationen das Kunsthaus weiterführen sollten. Parallel dazu hatte sich der Gesundheitszustand meines Mannes verschlechtert. So habe ich mit dem Vorstand nach einer geeigneten Direktorin gesucht und in Martina Oberprantacher gefunden. Dann kam Corona für alle und vieles hat sich seither verändert. Ich habe im März 2021 meinen Abschied als Direktorin genommen und wurde daraufhin in den Vorstand kooptiert.
 

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Verleihung der Verdienstmedaille in Innsbruck: Anton Mattle, Herta Wolf Torggler und Arno Kompatscher / Foto: Privat


Sie haben sich auch politisch engagiert. Welche Erfahrungen konnten Sie sammeln, in der Sammelpartei?

Da es zur Ergänzung des damaligen Meraner Wahlkampfteams auch eine Frau aus dem Bereich Kultur brauchte, habe ich mich zur Verfügung gestellt. Mein Engagement im Kunsthaus aber war für eine politische Karriere hinderlich.  

Zwischen den beiden Städten Bozen und Meran gab es über Jahrzehnte sogenannte „Kulturkämpfe“ bzgl. der "besseren" Kulturarbeit. Wie haben Sie diese Konkurrenz – wenn überhaupt –wahrgenommen?

In Südtirol wird sehr viel diskutiert und gerne kritisiert. Ich bin immer gerne, soweit es meine Zeit zuließ, nach Bozen oder anderswohin gefahren und habe die Kontakte gepflegt. Es gelang mir 2003 die wichtigen Institutionen von Innsbruck bis Trient mit deren Halbjahresprogrammen in einem Flyer zusammenzuführen. Daraus entstand die Idee die Manifesta nach Bozen und Trient zu bringen, was 2007 auch gelang.
 

Ich träume von einer demokratischen Europaregion Südtirol, wo Bildung und Engagement, aber auch der Umgang mit Ressourcen zu einem besseren Miteinander führen.


Was schätzen Sie an der Kulturstadt Meran? Was missfällt Ihnen?

Ich lebe sehr gerne in Meran. Leider haben viele Meraner ihre Geschäfte aufgegeben. Die Stadt ist übers Jahr mit Touristen überfüllt, die aus den umliegenden Orten anreisen. Sehr gute Beziehungen pflegen wir mit den Meraner Hotels, die uns immer wieder behilflich sind. Ein großer Anteil der Besucher sind Gäste aus anderen Regionen oder dem Ausland.

Sie haben einen Wunsch frei. Mit welchem Künstler, welcher Künstlerin, möchten Sie gerne mal länger im Atelier plaudern? 

Da gibt es eine ganze Reihe von Persönlichkeiten und nicht nur Künstler*innen mit denen ich gerne ein Gespräch führen möchte.

Abschließend noch eine Tiroler Verdienstmedaillen-Frage. Dem Land Tirol die Treue? Oder dem Land Tirol die Träume?

Ich träume von einer demokratischen Europaregion Südtirol, wo Bildung und Engagement, aber auch der Umgang mit Ressourcen zu einem besseren Miteinander führen. Wo Sprachen und andere Kulturen als Bereicherung wahrgenommen werden. Die Beschäftigung mit Kunst und Kultur erweitert den Blickwinkel, das möchte ich allen empfehlen.