Wahlmannschaft im ESF-Sturm
Die g'mahnte Wies will Andreas Pöder der SVP im Wahlkampf noch nicht überlassen. Ein unangenehmes Thema führt er herbei, legt auf: die ESF-Gelder. Von „billigen Ausreden“ „falschen Abrechungen“ und „zu viel bezahlten Geldern für Bildungsveranstaltungen von Organisationen", schreibt der Spitzenkandidat der Bürgerunion. Neu ist die Diskussion nicht. Doch ebenso unliebsam wie das Unwort „SEL“ ist das Stichwort „ESF“ für die Landesregierung. Wahrlich kein Paradeexempel für den sorgsamen Umgang von Steuergeldern, weder Energie noch Bildungs- bzw. Förderungspolitik. Oder war es etwa Wirtschaftspolitik?
Die Grenzen scheinen fließend, beim Fördern, schon Mitte August versuchte Pöder das Thema „ESF“ weiter zu ziehen. Als Beispiel wurde damals die Bozner Einaudi-Schule zitiert. Geförderte Beiträge im Umfang von 900.000 Euro wurden annulliert, „weil die Weiterbildungsveranstaltungen, für welche die Beiträge gewährt wurden, nicht von der Schule selbst durchgeführt, sondern an so genannte Subunternehmen weitervergeben wurden. Das ist laut EU-Regeln zum Europäischen Sozialfonds verboten“, erklärte Pöder damals.
Regionen vor
Klaus Egger von den Grünen steigt in den ESF-Diskurs anders ein. „Als Berater kann ich bestätigen, die Gelder werden oft unsachgemäß eingesetzt.“ Egger bleibt bei Vorwürfen aber nicht stehen sondern propagiert Lösungsvorschläge. Wie kann ein zielgerichteter Umgang mit Geldern der EU ausschauen? „Es braucht einen Masterplan für regionale Entwicklung“, sagt der grüne Wirtschaftler. „Ich bin ein absoluter EU-Fan. Jetzt wo massenhaft Gelder aufgelegt werden, gibt es eine rießige Chance für einen Wechsel in unserer Wirtschaft.“ Egger ist bei seinem Lieblingsthema angelangt: Umgestaltung, Neuausrichtung der regionalen Wirtschaftskreisläufe.
Kontrolle vor
Pöder bleibt praktisch: Er ruft die Landesregierung zu ihrer Pflicht auf. „Die ordentliche Vergabe und Verwendung von Beiträgen“ sei zu garantieren, zu kontrollieren bzw. kontrollieren zu lassen. „Es gibt klare Regeln für die Vergabe der Millionen-Beträge aus dem Europäischen Sozialfonds und die werden offenbar in Südtirol systematisch umgangen“, so der Abgeordnete. Unabhängige Revisoren müssten den Einsatz der Geldmittel kontrollieren, doch die „Südtiroler Landesverwaltung lässt „pensionierten Angestellten des zuständigen Amtes“ Kontrollen durchführen. Selbstkontrolle – wie lange noch? „Rund 12 Millionen Euro wurden in den letzten Jahren allein an die SVP-nahe Verbände vergeben“, erklärt Pöder
Innovation für wen?
Über Gelder denkt auch Klaus Egger nach, und über Nachhaltigkeit. Die Tausende an Euro, die im Innovation-Festival in Bozen derzeit an ReferentInnen gezahlt werden, für Themen wie „Energieeffizienz“ „Null ökologischer Fußbabdruck“ oder „Mehr Bürgerbeteiligung“ (Eva Maria Bröschlein, 28.09. 14.00 bis 15.30) - das alles findet Egger „paradox.“ „Da sitzen die SVPler bei den Vorträgen und müssten eigentlich raus gehen und grüne Wirtschaft betreiben. Statt dessen sitzen sie in ihrem Sumpf und sehen nicht, dass Südtirol noch immer eine Insel der Seeligen ist. Dass wir die Stunden der Zeit nutzen müsste.“ Eine Neuausrichtung der Landwirtschaft, des Tourismus, des Handwerks, fordert Egger. „Wir haben in Südtirol die einmalige Chance mit kleinen Strukturen noch immer haushalten zu dürfen. Schauen wir doch über die Grenzen. Da findet Globalisierung statt. Wir konnten uns aus ethnopolitischen Gründen so gut wie abschotten.“
Gute Miene
Die SVP mit Steuermann Kompatscher und Team fährt einen gerade Kurs, möchte keine Böen aufkommen lassen, Hindernisse umschifft sie galant. Kein Anecken, kein Aufdecken, Harmonie wird suggeriert, je unverbindlicher umso besser. „Der Trend zur blumigen Unverbindlichkeit wurde in den USA von Präsidenten wie John F. Kennedy und Bill Clinton erfunden. Heute ist er der weltweite Standard bei Wahlen. Je knapper eine Wahl auszugehen droht, umso stärker nehmen Politiker Zuflucht zu Formeln, mit denen sie möglichst wenige Wähler abzuschrecken drohen“, ist in der FF zu lesen.
Gute Miene, weißes Lachen zu bösen Themen. Klaus Egger will mehr Mut sehen, von den amtierenden Politikern, mehr Klarheit, einen konstruktiven Diskurs. Doch die Opposition wird links liegen gelassen, schließlich gilt es das Schiff-SVP sicher in den Wahlhafen zu leiten. Stürme stören da nur, doch Gewitter kommen oft schnell, heftig und unerwartet. Sie könnten SEL heißen oder ESF.