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Sebastian Kurz und die IS-Propaganda

Im Kampf gegen die Propaganda der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) schaltet sich nun auch Europas jüngster Außenminister ein – und redet mit Facebook und Twitter.

Was macht der jüngste Außenminister Europas in den New Yorker Niederlassung von Facebook? Sebastian Kurz, Polit-Freund von SVP-Obmann Philipp Achammer, schließt sich dem Kampf gegen die Propagandaschlacht von Dschihadisten auf Facebook, Twitter und Co. an. Am Rand der UNO-Vollversammlung versucht er dabei, die Verantwortlichen der Netzwerke selbst mit ins Boot zu holen. Ganz nach dem Motto: „Wenn Facebook Bilder von blanken Busen sperren kann, dann sollte es allemal möglich sein, Bilder von abgehackten Köpfen und Kindern mit abgerissenen Händen zu sperren.“

Das Problem des digitalen Dschihad beschäftigt Medien und Politik nicht erst seit das Video der Enthauptung des US-Journalisten James Foley vor mehr als einem Monat einem Millionenpublikum vorgeführt wurde. Dank Sozialer Netzwerke werben Dschihadisten jungen Menschen aus Europa an, sie setzten Regierungen unter Druck, symbolisieren gegenüber den eigenen Anhängern Stärke und Macht und verbreiten ihre menschenverachtende Propaganda ohne den Filter, den traditioneller Medien zumindest teilweise zwischenschalten.  

„Der Islamische Staat hat den Umgang mit den sozialen Netzwerken radikal verändert“, sagt die Terror-Expertin Erin Saltman in einem Interview  mit der Berliner Zeitung. „IS nutzt sie auf eine neue und sehr innovative Weise, wie wir es bei keiner anderen terroristischen Gruppe zuvor gesehen haben. Zwar haben auch andere Extremisten wie die Al-Shabaab-Miliz in Kenia beim Angriff auf das Einkaufszentrum in Nairobi getwittert, aber der Islamische Staat hat eine richtige Strategie für die sozialen Medien entwickelt.“

Einer Strategie, die der Westen bislang mehr oder weniger hilflos gegenübersteht. Das beim US-Außenministerium eingerichtetes Zentrum für strategische Anti-Terror-Kommunikation (CSCC) setzt der ISIS-Propaganda auf Twitter Nachrichten auf Englisch und Arabisch entgegen. Seit Ende August gibt es die Facebook-Seite "Think Again, Turn Away" ("Denk' nochmal nach, wende dich ab"), die zu IS-kritischen Medienberichten verlinkt. Doch immer wieder gibt es dazu auch den eigenen Reihen Kritik. Der "Twitter-Krieg" des Außenministeriums mit der IS sei "ineffektiv" und "peinlich", zitiert Spiegel Online die Leiterin der SITE Intelligence Group, einer US-Firma, die die Online-Aktivität von Dschihadisten-Gruppen analysiert. "Think Again, Turn Away" gebe den Dschihadisten eine Bühne, um ihre Argumente vorzubringen.

Jenseits von Regierungskreisen rufen Nutzer unter Tweets wie ‪#ISISmediaBlackout dazu auf, die Propagandabilder nicht zu verbreiten. Im Fall Foley wurden Fotos aus den glücklichen Tagen des US-Journalisten im Netz verbreitet, damit diese bei Suchanfragen das Bildmaterial des IS verdrängen.

Gelöscht wird nur, was illegal ist

Österreich ist nicht als erstes Land, das versucht, das Problem direkt bei den Betreibern der Sozialen Netzwerke zu lösen. Auch die Niederlande, Großbritannien, Frankreich und Australien hätten schon gefordert, IS-Propaganda zu löschen, berichtete Sebastian Kurz österreichischen Medien nach seinem Vorstoß in New York. Vor allem Twitter haben Probleme, solche Bilder zu blockieren. Technisch möglich sei derzeit nur, Bilder zu löschen, die bereits bekannt sind, so der Außenminister. Darauf müsse der Dienst aber erst einmal aufmerksam werden, was bei einer halben Million Tweets am Tag kein leichtes Unterfangen sei.

Darüber hinaus bräuchte Twitter aber auch klare gesetzliche Regeln. Denn: Gelöscht wird nur, wenn etwas illegal ist. Mehr Spielraum habe dagegen Facebook, das wesentlich stärker auf die Inhalte zugreifen und nach eigenen Kriterien entscheiden kann. So ist beispielsweise das zweite Enthauptungsvideo vom Mord an US-Journalist Steven Sotloff nie auf Facebook aufgetaucht, weil das Unternehmen nach einem frühen Hinweis Vorkehrungen getroffen hatte.

Doch ist Zensur wirklich die Antwort auf den Terror im Netz? Eine Frage, die am Wochenende auch in der TT Online aufgeworfen wird.  

Was im Fall von Jihadisten-Videos einfach und logisch klingen mag, ist allerdings brisant, denn es geht auch um Fragen von Zensur, Meinungs- und Informationsfreiheit. Wer bestimmt, wer was sehen darf? Und wenn die Betreiber der sozialen Netzwerke einmal nachgeben, welche Forderung kommt dann als nächste?

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Oskar Egger Tue, 09/30/2014 - 07:50

Junge Politiker sollen auch neue Wege gehen, sonst können wir eh bei den Alten bleiben, Besser jemand tut was und macht sich die Hände schmutzig als Verschleierungspolitik.

Tue, 09/30/2014 - 07:50 Permalink