Politics | Bundestagswahl 2021

Deutschland sucht die Zukunft

Deutschlands Bürgerinnen und Bürger haben einen neuen Bundestag gewählt. Welche wesentlichen Schlussfolgerungen können aus den Ergebnissen gezogen werden?
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Wahl 2021
Foto: upi

Deutschland hat gewählt. Folgende Beobachtungen nehme ich aus dem Wahlkampf und den Ergebnissen mit.

2021 steht für eine Übergangsperiode.
Weder SPD noch CDU sind mit Kandidaten und Programmen der Zukunft angetreten. Scholz und Laschet verkörpern beide die Kontinuität der Ära Merkel. Das deutlich spürbare Bedürfnis nach personellem und inhaltlichem Wandel erfüllen beide nur bedingt. In der deutschen Bundespolitik gab es bisher meist langjährige Phasen, die von Personen oder Themen geprägt waren. Einen solchen roten Faden kann ich für die nächsten vier Jahre nicht erkennen.

Falsche Spitzenkandidaten?
Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Soll heißen: Ein Kanzlerkandidat bzw. eine Kanzlerkandidatin muss den Wählerinnen und Wählern gefallen und nicht den Parteigremien. Grüne und CDU haben diesen politischen Grundsatz nicht berücksichtigt. Insbesondere Laschet hatte bereits vor seiner Nominierung extrem schwache Zustimmungswerte - selbst unter den Unionswählern. Mit CSU-Chef und dem Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder an der Spitze sähen die Zahlen heute vermutlich anders aus. Trotzdem hat sich die Partei für den NRW-Ministerpräsidenten entschieden. Ähnlich sieht es bei den Grünen aus: Habeck wurde meist für den besseren Kanzlerkandidaten gehalten als Baerbock. Hier sind wir aber ingesamt sehr spekulativ unterwegs. Hinterher ist man ja meist klüger.

Bayern bleibt CSU-Land. Noch.
In den besten Zeiten 50 Prozent plus X, heute 31,7 Prozent: Die CSU musste im Freistaat Federn lassen und hat im Vergleich zu 2017 7,1 Prozentpunkte eingebüßt. Die Schuldfrage wird aktuell geklärt. In München haben die Grünen erstmals ein Direktmandat gewonnen, natürlich auf Kosten der CSU. Und auch die meisten anderen CSU-Direktkandidaten haben nach 2017 weiter deutliche Stimmenanteile verloren. Setzt sich dieser Trend fort, werden der Partei 2025 eine ganze Reihe von Wahlkreisen abhanden kommen. Markus Söder wollte die Partei für die Zukunft jünger, grüner und weiblicher machen. Und nun?

Wahlen werden (wieder) in der Mitte gewonnen.
Die politischen Extreme sind nicht gewachsen. Das ist eine gute und nicht zu unterschätzende Nachricht, angesichts der Entwicklungen in vielen anderen Ländern in den letzten Jahren. Bayerns Ministerpräsident hat es gestern Abend auf den Punkt gebracht: Eine Mehrheit ohne die Ränder ist möglich. Insbesondere die AfD treibt dieses Mal die Union nicht mit ihrer rechter Agenda vor sich her.

Welchen Parteien gehört die Zukunft?
FDP und Grüne sind mit jeweils 23 Prozent die stärksten Parteien bei Erstwählern, fast identisch sieht es mit den Stimmanteilen bei den Erwachsenen bis 24 Jahre aus. Natürlich kann daraus kein zukünftiges Wahlverhalten abgeleitet werden. Aber: Insbesondere die Union hat den Anschluss an die jüngeren Generationen verpasst. Sie liegt mit 10 Prozent abgeschlagen auf Platz 4. 2021 hat es für eine grüne Kanzlerschaft nicht gereicht. Das Agendasetting hat aber schon mal ganz gut funktioniert.